Balve/Menden.

Gastronomie und Hotelgewerbe haben bei der Nachwuchssuche einen schweren Stand. „Viele fühlen sich durch die Arbeitszeiten abgeschreckt“, weiß Britta Spiekermann aus eigener Erfahrung. Doch jetzt hatte die Chefin der Antoniushütte in Eisborn Glück. Unvermutet stellte sich eine 19-Jährige vor. Eine Ausbildung hatte sie bereits hinter sich. Doch Kinderpflege war, wie sie sagte, nicht ihr Ding. Anders in der Antoniushütte: Bei einem Probetag hinterließ die junge Frau einen derart guten Eindruck, dass ihr Hotel-Chefin Britta Spiekermann einen Ausbildungsvertrag anbot. Am 1. September beginnt die 19-Jährige eine Ausbildung zur Hotelfachfrau. Und das ist noch nicht alles.

Britta Spiekermann bietet weitere Ausbildungsplätze an. Junge Leute können bei Koch und Hotelfachkraft lernen. Die Antoniushütte gilt als ambitionierter Betrieb.

In Balve winken noch Chancen. Das Handwerk kam vergleichsweise gut durch die Corona-Krise. Hier ein Archivbild mit Ina Pape-Nowak, Matheos Kollias (vom Autohaus), Armen Melikjanyan (startet demnächst eine Ausbildung), Nick Henneboele, Jonas Schwanebeck (beides Azubis), Sandra Pawlas, Gudrun Schmitz-Raphael (beide Arbeitsagentur), Bürgermeister Hubertus Mühling, Helmut Unnasch (als Berufsberaterd er Arbeitsagentur für Balve zuständig, von links)
In Balve winken noch Chancen. Das Handwerk kam vergleichsweise gut durch die Corona-Krise. Hier ein Archivbild mit Ina Pape-Nowak, Matheos Kollias (vom Autohaus), Armen Melikjanyan (startet demnächst eine Ausbildung), Nick Henneboele, Jonas Schwanebeck (beides Azubis), Sandra Pawlas, Gudrun Schmitz-Raphael (beide Arbeitsagentur), Bürgermeister Hubertus Mühling, Helmut Unnasch (als Berufsberaterd er Arbeitsagentur für Balve zuständig, von links) © WP | Alexander Lück

Fakt ist: Hotel und Gaststätten suchen, Corona zum Trotz, die Fachkräfte von morgen. Vor der Virus-Pandemie war der Fachkräftemangel eines der Top-Themen der heimischen Wirtschaft. Die Virus-Pandemie hat das Probleme lediglich verdeckt; gelöst ist es längst noch nicht.

Weitere Ausbildungschancen bietet die Industrie – etwa zur Industrie- und Zerspanungsmechaniker(in). Dasselbe gilt für IT-Systemelektroniker(innen), Kaufleute für Versicherungen und Finanzen sowie Industriekaufleute, aber auch für Straßen- und Gerüstbauer. Kira Muth von der fürs Hönnetal zuständigen Agentur für Arbeit in Iserlohn: „Zum Ausbildungsbeginn 2020 sind für den Arbeitsort Balve noch insgesamt 44 offene Ausbildungsstellen bei uns im System gemeldet (Stand: 23. Juli). Wir haben alle uns noch vorliegenden offenen Ausbildungsstellen ausgezählt.“

Für dieses Jahr sind demnach „noch einige Ausbildungsstellen in Balve zu besetzen“. Ein Großteil sei bereits für 2021 gemeldet, hieß es.

Kira Muth weiter: „Abzuwarten bleibt, wie sich das ,Bundesprogramm Ausbildungsplätze sichern’ auswirken wird.“ Genaue Weisungen liegen noch nicht vor. Bisher sei die Zahl der Anfragen von Arbeitgeberseite noch übersichtlich, hieß es.

Helmut Unnasch kennt den heimischen Ausbildungsmarkt genau. Seit 20 Jahren ist er Berufsberater. Der Iserlohner hält engen Kontakt zu Balver- und Hauptrealschülern. Das gilt aber auch für junge Leute, die nicht mehr zur Schule gehen.

Sonja Prus ist Geschäftsführerin des Mendener Dachdeckerbetriebs von Michael Möller. Dominik Hausherr von der Arbeitsagentur Iserlohn berät Arbeitgeber bei der Suche nach Azubis (Archiv).
Sonja Prus ist Geschäftsführerin des Mendener Dachdeckerbetriebs von Michael Möller. Dominik Hausherr von der Arbeitsagentur Iserlohn berät Arbeitgeber bei der Suche nach Azubis (Archiv). © WP | Jürgen Overkott

Corona hat das Berufsleben von Helmut Unnasch auf den Kopf gestellt: „Ich bin seit dem 16. 3. im Home-Office und versuche das Ganze so gut wie möglich aufrecht zu erhalten.“ Aus persönlichen Gesprächen wurden digitale Kontakte. Unzufrieden ist Helmut Unnasch: „Das gestaltet sich in aller Regel sehr gut.“

Helmut Unnasch rät keineswegs zum Schulbesuch um jeden Preis: „Wenn jemand Verkäuferin werden will, braucht sie keine Mittlere Reife. Ich rate dann dazu, eine Bewerbung zu schreiben. Wenn das nicht klappt, kann das Mädchen dann immer noch weiter zur Schule gehen.“

Mitarbeiter müssen ins Team passen

Es gebe aber auch Möglichkeiten jenseits der Schule: Berufsvorbereitung, Berufskunde, Praktika. Zuweilen führe dieser Weg schneller zum Ziel Ausbildungsplatz. Entscheider, weiß Unnasch, wollen Mitarbeiter, die ins Team passen. Im Zweifelsfall schlage ein guter persönlicher Eindruck einen respektablen Schulabschluss, meint er.

Die Wirtschaft im Hönnetal habe die Corona-Krise bisher vergleichsweise gut überstanden: „Im Handwerk hat sich nach meinem Eindruck nichts verändert“, beschreibt Helmut Unnasch die Lage.

Handwerksbetriebe suchen nach seiner Einschätzung gern junge Leute der Region. Kurze Wege, so lautet die Logik, bedeuten wenige Probleme auf dem Weg zur Arbeit.

Dominik Hausherr von dem Mendener Büro der Arbeitsagentur kennt den Ausbildungsmarkt von der anderen Seite. Er unterstützt Arbeitgeber bei der Suche nach Azubis: „Die Unternehmen kommen langsam aus der Krise. Das ist natürlich branchenabhängig.“ Dominik Hausherr macht Arbeitgebern klar, dass sie die Fachkräfte von morgen selbst ausbilden müssen. Er stößt auf offene Ohren.