Balve/Menden. Die Fußball-Bundesliga will ohne Zuschauer zurückkehren. Entfernt sie sich damit noch weiter von den Fans? Wir haben an der Basis nachgefragt.
Eigentlich ist es ein Szenario, das immer noch schwer vorstellbar ist. Die Fußball-Bundesliga spielt – und in den Stadien sind keine Fans. Diese Geisterspiele scheinen jetzt immer konkreter zu werden. Zumindest soll es im Mai so weit zu sein, dass die Bundesliga die aktuelle Serie mit Spielen ohne Publikum fortsetzen will. Wie das genau funktionieren soll, steht noch nicht fest.
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Die WP hörte sich bei der Basis in Menden und Balve um, wie die heimischen Fußballfreunde die geplante Rückkehr ihres Lieblingssports sehen. Eines machte jedenfalls die Umfrage bei Andreas Aßhoff vom TuS Langenhholthausen, Dirk Gottschalk, den Vorsitzenden der Sportfreunde Hüingsen, Christian Müller Vereinschef der SG Balve/Garbeck und bei Jörg Krabbenhöft von der DJK Bösperde deutlich: Die Freude auf Fußballspiele am Fernsehen ist riesengroß.
Die Offiziellen aus der heimischen Balltreter Szene äußerten sich zu folgenden Fragen:
Die Bundesliga will ihre Spiele ohne Fans austragen. Ist das ein Indiz dafür, dass der Fan nichts zählt, und es nur noch um das Geld geht?
Andreas Aßhoff: Diese Geisterspiele sehe ich keinesfalls als Affront gegen die Fans. Denn man muss es ganz deutlich so sehen, dass es für den Profi-Fußball um das Überleben geht. Da wollen Unternehmen einfach nur ihrem Beruf nachgehen.
Dirk Gottschalk: Nein, dass sehe ich auch nicht so. Für die Bundesliga-Vereine geht es um viel Geld. Das sind Wirtschaftsunternehmen. Wir versuchen in kleinen Fußball zwar auch, dass Beste herausholen. Doch kann man das mit der Bundesliga nicht vergleichen. Da stecken Dinge dahinter, die wir vermutlich nicht nachvollziehen können. Vielleicht sorgen die Geisterspiele dafür, dass den Menschen die Rückkehr in eine Zeit nach Corona gelingt.
Christian Müller: Nein, dass hat da einfach nichts mit zu tun. Für die Profi-Vereine geht es um die Existenz. Wir an der Basis kennen Geisterspiele ja – bei uns sind ja oft genug fast keine Zuschauer (lacht).
Jörg Krabbenhöft: Nein, die Vereine würden sicherlich alle gerne mit Zuschauern spielen - aber das geht halt nicht. Für die Bundesliga-Klubs geht es um die nackte Existenz.
Wie groß ist der Bruch zwischen dem Amateurfußball und dem Profifußball?
Andreas Aßhoff: Dieser Bruch hat nichts mit Corona zu tun. Der Bruch zwischen dem großen und kleinen Fußball rührt aus der Zeit, als man den Sonntag - der eigentlich für die Amateure vorgesehen war - dem Bundesliga-Fußball geopfert hat. Es ist nun mal so, dass viele Sonntag lieber Fußball im Fernsehen gucken, als selbst zum Platz zu gehen. Das tut weh.
Dirk Gottschalk: Ich glaube, dass dieser Bruch schon länger vorhanden ist. Es ist nun mal so, dass wir Amateure mit viel Enthusiasmus dabei. Der Profi-Fußball ist halt ein Wirtschaftsunternehmen.
Christian Müller: Dieser Bruch ist spätestens dann noch größer geworden, als Gehälter und Ablösesummen explodiert sind. Der Zuschauer kann dieses sicherlich nicht nachvollziehen, nimmt es aber hin. Denn der Fußball ist immer noch der beliebteste Sport. Vielleicht hilft die aktuelle Zeit und das Spielen ohne Zuschauer dabei, dass vielleicht ein wenig mehr Realismus wieder einkehrt.
Jörg Krabbenhöft: Der Bruch ist sicherlich da - er ist aber nicht größer geworden. Die Bundesliga zahlt einen Millionen-Betrag zur Unterstützung der 3. Liga und der Frauen-Bundesliga.
Wäre eine solche Zahlung nicht auch für die Amateure wünschenswert?
Andreas Aßhoff: Wünschenswert wäre das sicherlich, aber nicht machbar. Man sollte auch nicht den Fehler machen und die 3. Liga und die Frauen - die ja auch ganz anders aufgestellt sind - mit den Amateuren aufzurechnen. Wo soll das anfangen, bei der Vielzahl von Amateurteams.
Dirk Gottschalk: Das wäre eine ganz gewaltige Summe und irgendwie nicht zu realisieren.
Christian Müller: Wünschenswert ist Unterstützung immer. Zumal ja auch viele kleine Vereine am Tropf hängen. Aber wir müssen halt so klar gekommen. Es wird auf jeden Fall noch große Veränderungen im Fußball an der Basis geben.
Jörg Krabbenhöft: Ich hätte gegen eine Unterstützung nichts einzuwenden, wenn sie zweckgebunden genutzt würde. Es bringt uns nichts weiter, wenn Zuschüsse im kleinen Fußball dafür genutzt werden, Spieler zu bezahlen.
Spieler wie Toni Kroos wollen nicht auf ihr Gehalt verzichten. Wie kommt das an? Zeigt es, wie abgehoben Profifußballer sind?
Andreas Aßhoff: Ich kenne zwar nicht die Hintergründe. Aber ich glaube schon, dass ein Fußball-Profi in schwierigen Zeiten durchaus verzichten könnte.
Dirk Gottschalk: Ich denke da nur, dass jeder mal überlegen sollte, was er machen würde. Das ist eine Entscheidung des jeweiligen Spielers.
Christian Müller: Ich will mich da auch nicht an diesen Stammtisch-Diskussionen beteiligen.
Jörg Krabbenhöft: Das ist eine persönliche Angelegenheit des Spielers. Es weiß doch keiner, ob der jeweilige Spieler sich nicht bereits engagiert.
Würden sie sich die Geisterspiele im TV anschauen?
Andreas Aßhoff: Natürlich, dafür interessiert mich der Fußball einfach zu sehr.
Dirk Gottschalk: Klar, es ist eine schöne Ablenkung.
Christian Müller: Ich muss gestehen, dass mir die Bundesliga gar nicht fehlt. Ich vermisse vielmehr unseren kleinen Fußball. Die Spiele unserer Ersten und zweiten Mannschaft oder unserer Jugend.
Jörg Krabbenhöft: Ja! Aber ich muss allein zu Hause gucken. Im Vereinsheim laufen immer die Spiele des verkehrten Vereines. (Anmerkung der Redaktion: Der DJK-Chef ist Bayern-Fan, im Vereinsheim läuft meistens der BVB).
Und was ist Ihre Meinung zu Geisterspielen? Melden Sie sich bei uns: menden-sport@westfalenpost.de.