Balve. Balves Bürgermeister Hubertus Mühling zieht Zwischenfazit, lobt, benennt Probleme – und denkt auch schon an die Zeit nach der Corona-Krise.
Seit Aschermittwoch hat sich das Leben in Balve corona-bedingt grundlegend verändert. Bürgermeister Hubertus Mühling betätigt sich seither als Krisenmanager. Zeit für eine Zwischenbilanz.
Als die Corona-Krise begann, hagelte es aus Düsseldorf Erlasse im 30-Minuten-Takt. Wie viele schlaflose Nächte hatten Sie?
Hubertus Mühling Schlaflose Nächte hatte ich eigentlich nicht. Aschermittwoch ging’s in Heinsberg los, und in der Woche danach, Anfang März, ging’s dann Schlag auf Schlag.
Keine schlaflosen Nächte, aber turbulente Tage...
Das haben wir uns vor einem Monat alle nicht vorstellen können, was auf uns zukommen würde.
Sind Sie mit der Kommunikation mit Düsseldorf und Lüdenscheid zufrieden?
Ich muss ein ganz großes Lob aussprechen, auch wenn es in der ersten März-Woche etwas geruckelt hat. Seit dem 15. März gibt es eine landeseinheitliche Corona-Schutzordnung. Da muss ich sagen: Krisenmanagement, 1a. Wir fühlen uns sehr gut aufgehoben. Auch beim Kreis hat es am Anfang etwas gerucket. Das galt für Fragen wie „Wer ist infiziert?“ und „Was müssen wir tun?“ Aber das soll keine Kritik am Gesundheitsamt sein. Auch ein Märkischer Kreis muss sich in einer Krise mit seinem Apparat erst mal finden und Strukturen aufbauen.
Wie haben Sie die Strukturen in der Verwaltung wegen Corona geändert?
Wir haben ziemlich schnell reagiert. Wir haben einen sogenannten SAE-Stab für außergewöhnliche Ereignisse eingerichtet. Vorsitzender ist der Bürgermeister, die Feuerwehr ist vertreten, vor allen Dingen das Ordnungsamt und das Personalamt. Wir haben täglich getagt und Maßnahmen festgelegt. Wir haben sehr schnell das Rathaus geschlossen, zum Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch, um Infektionsketten zu unterbrechen.
Außerdem wurden Schulen und Kindergärten geschlossen. Wie setzen Sie das Kita-Personal ein?
Wir fahren für den Malteser-Hilfsdienst (MHD) Essen aus. Das haben wir sofort angeboten. Beim MHD sind einige Fahrer dabei, die zur Risikogruppe der Älteren gehören. Das war eine Möglichkeit Kindergärtnerinnen einzusetzen, die derzeit keine Kinder betreuen können. Aber dafür haben sich drei, vier Damen bereiterklärt. Ähnliches gilt für das Hilfetelefon, das wir mit den beiden Kirchen organisieren.
In der Corona-Zeit sehe ich im Handel einen Digitalisierungsschub. Gibt es den auch bei der Stadt?
Ja! Man lernt jetzt, wie viele Heimarbeitsplätze es inzwischen gibt. Das machen wir auch. Das gilt für systemrelevante Stellen im Haus: die Kasse, das Sozialamt, die EDV. Wir haben auch technische Tunnel geschaffen, sogenannte VPN-Lösungen, um eine gesicherte Datenverbindung von Mitarbeitern im Home-Office zum Rathaus zu schaffen. Das haben wir relativ schnell hinbekommen. Dabei haben wir aber leider gemerkt, dass unsere Telefonanlage den neuen Anforderungen nicht mehr gerecht wird. Wir wechseln die relevanten Stellen im Zwei-Wochen-Rhythmus, wegen der Inkubationszeit des Virus’. Wir probieren auch in anderen Bereichen aus, wie es funktioniert, wenn Mitarbeiter mal einen Tag lang oder eine Woche zuhause arbeiten. Auch beim Bürgerbüro denken wir an eine Software-Lösung für die Terminvergabe. Das gehen wir nach Ostern an. Wir denken jetzt schon an die Nach-Corona-Zeit.
Welche Folgen hat das für die tägliche Arbeit?
Wir sind jederzeit handlungsfähig. wir zahlen unsere Rechnungen, wir zahlen auch die Sozialleistungen aus.
Videoberatung ist gerade angesagt. Was plant die Stadt?
Wir können nicht alles digitalisieren, wir wollen nicht alles digitalisieren. Es wird immer noch Möglichkeiten für den persönlichen Kontakt geben. Ich denke da an die älteren Bürger der Stadt.
Gerade ältere Bürger erleben die Corona-Einschränkungen schmerzhaft.
Ich denke da an die Bewohner der Altenheime. Sie sind in ihrer Bewegungsfreiheit extrem eingeschränkt, und sie dürfen momentan keinen Besuch empfangen. Aber auch in anderen Bereichen muss man bei allen Entscheidungen Risiken und Nebenwirkungen mitbedenken. Die Nebenwirkungen nehmen zu.
Manchem fällt inzwischen die Decke auf den Kopf.
Mein jüngster Sohn meinte letztens: Papa, ich sage es nicht gerne – aber ich freue mich wieder auf die Schule. So etwas Ähnliches höre ich von den Leuten immer häufiger. Das kommt auch in Düsseldorf an. Das muss bei künftigen Entscheidungen mitbedacht werden. Das Land ist dabei nicht zu beneiden.
Wie laufen die Kontrollen von Polizei und Ordnungsamt?
Gut. Es gab Ansprachen, aber wir mussten bisher kein einziges Bußgeld verhängen.
Was vielen Menschen Sorgen macht, ist die wirtschaftliche Entwicklung. Welche Signale senden Unternehmen?
Gemischte. Der Einzelhandel hat Schwierigkeiten. Das gilt für Friseure. Im Handwerk gibt es Probleme mit Lieferketten. Manche Teile sind einfach nicht da. Anderes läuft. Wir sorgen als Stadt dafür, dass unsere Aufträge weiter ausgeführt werden können.
Wie sieht es denn mit den Steuereinnahmen aus?
Sie geben zumindest keinen Anlass, eine Haushaltssperre oder ähnliche drakonische Maßnahmen zu verhängen.