Balve. Geschichte hat Zukunft. Die Luisenhütte verbuchte ein Besucher-Plus. Mit digitalem Budenzauber sollen es noch mehr werden.
Die Luisenhütte hat an Beliebtheit gewonnen. Die Besucherzahlen stiegen im vergangenen Jahr um ein Prozent, wie Gertrudis Fabry im Gespräch mit der „Westfalenpost“ sagte. Bei der Mitgliederversammlung des Fördervereins der Luisenhütte in Balves Rathaus gab es einen Kassensturz.
861 Besucher waren es unterm Strich – 95 mehr als noch im Jahr 2018. Das Ergebnis überrascht, weil die beiden Großveranstaltungen in dem Museum des Märkischen Kreises in Wocklum buchstäblich ins Wasser fielen: die Saisoneröffnung und das Kulturfestival „Luise heizt ein“. „Witterungsbedingt waren das 500 Besucher weniger als ein Jahr zuvor“, sagte Fabry.
Das Ergebnis wurde aufgefangen durch mehr verkaufte Eintrittskarten. Das Plus lag bei 144. Einen sensationellen Sprung gab es bei den museumspädagogischen Besuchen um 40 Prozent. Statt 1288 Besucher waren es 1805. Auch bei den geführten Gruppen verbuchte der Kreis einen dicken Zuwachs um 15,6 Prozent.
Zurück in die Zukunft
Der Leiter der Kreis-Museen, Stephan Sensen, will die steinernen Zeugen der Vergangenheit noch attraktiver machen – durch ein zukunftsweisendes Konzept. Mit neuester Digitaltechnik und modernster museumspädagogischer Vermittlung will das kreiseigene Industriemuseum Luisenhütte Wocklum seine Besucher zurück in die Zukunft bringen. Dabei ist keineswegs so, dass der Kreis die Entwicklung verschlafen hätte. Bereits 2006 wurden sprechende Bilder an den Wänden von Deutschlands ältester Stahl-Hütte angebracht: Kein Geringerer als ARD-Adelsexperte Rolf Seelmann-Eggebert bringt die portraitieren Herrschaften seither zum Sprechen.
Ein guter Teil der Wissensvermittlung läuft bisher über Texttafeln. Das gilt inzwischen als überholt. Immerhin hat der Kreis bei der Vermittlung populären Geschichtswissens eine Stufe übersprungen. In der Luisenhütte müssen keine tragbaren Audio-Guide-Geräte ausgetauscht werden; sie wurden niemals eingeführt. Stattdessen gibt’s künftig Infos über Stahlproduktion und Stahlarbeiter, Öfen und Kohle direkt per Smartphone und Kopfhörer auf die Ohren interessierte Besucher. Smartphones sind längst Standard – generationsübergreifend. Es bestehe dringender Handlungsbedarf, angemessen auf das tiefgreifend veränderte Verhalten des Publikums zu reagieren, meinte Sensen.
Dazu gehört auch eine interaktive Karte im Insthaus der Luisenhütte. Dort wohnten einst Hüttenarbeiter. Dort ist heutzutage die „Hüttenschänke“ untergebracht, Ticketverkauf inklusive.
Das ist nur der Anfang. 20 Info-Kurzfilme zur Luisenhütte werden per zeitgemäßer Servertechnik zur Verfügung gestellt. Sie erlauben Besuchern, die Beiträge auf Deutsch, Englisch oder Niederländisch per Smartphone oder Tablet abzurufen – ohne App. Es handelt sich um durchschnittlich zwei bis drei 60-Sekunden-Beiträge mit Filmen, Computeranimationen, Fotos und Audiosequenzen. Ein Luisenhütten-Video in leichter Sprache soll ebenfalls abrufbar sein. Die Produktion ist fürs kommende Jahr geplant.
Alle Text-Infos werden mit QR-Codes ausgestattet. Besucher können per Smartphone oder Tablet die Informationen auch auf Englisch und Niederländisch abrufen.
Zudem verschmelzen digitaler Budenzauber und fassbare Umgebung mit Hilfe der Pepper’s- Ghost-Technologie. Diese nach ihrem Erfinder John Henry Pepper benannte Bildüberlagerung blendet stehende oder bewegte Bilder halbtransparent ins echte Gemäuer ein. Film-Szenen lassen historische Figuren der Luisenhütte, darunter Hüttenknecht, Gießer, Hüttenschreiber oder Konstrukteur von Winderzeugungsanlage und Gebläsedampfmaschine, lebendig werden.
Ausblick auf „Geschichtspark Balve“
In der Platzknechtswohnung der Luisenhütte werden die Hochofenmodelle ergänzt um Info-Film aus der „Sendung mit der Maus“. Die WDR-Produktion erklärt Stahlerzeugung in einer Hütte für Klein und Groß.
Bürgermeister Hubertus Mühling skizzierte vorläufige Pläne für den „Geschichtspark Balve“. Er soll die Sehenswürdigkeiten der Stadt bündeln, um sie für Urlauber wie Geschäftsreisende attraktiver zu präsentieren.
Historiker Volker Allexi aus dem südlichen Bergischen Land gab Hintergrund-Informationen zu Stahlerzeugung und Holzkohle-Produktion. Die Luisenhütte spielte dabei – als ältestes deutsches Stahlwerk eine herausragende Rolle.
INFO
Der Förderverein zählt nach wie vor rund 60 Mitglieder. Doch die Altersstruktur sei nicht mehr ausgewogen, erklärte Geschäftsführerin Gertrudis Fabry im WP-Gespräch.
Neue Mitglieder sind erwünscht – ebenso ehrenamtliche Museumsführer. Historische Kenntnisse sind von Vorteil. Info: .