Wocklum. Das Smartphone wird Audio-Guide, Wandbilder können sprechen, Filme mixen Effekte und Realität. Besucher der Luisenhütte lernen wieder das Staunen.
Zukunft trifft Vergangenheit. Der Märkische Kreis will in Wocklums Luisenhütte Geschichte und Geschichte mit modernsten multimedialen Methoden vermitteln. Wie das funktionieren soll, stellte Museumschef Stephan Sensen dem Kulturausschuss des Kreistages am Dienstagnachmittag vor Ort vor.
Kreis und Stadt wollen Balves geschichtsträchtige Sehenswürdigkeiten durch Bündelung touristisch besser vermarkten. Das Zauberwort heißt „Geschichtspark“.
Mit neuester Digitaltechnik und modernster museumspädagogischer Vermittlung will das kreiseigene Industriemuseum Luisenhütte Wocklum seine Besucher zurück in die Zukunft bringen. Dabei ist keineswegs so, dass der Kreis die Entwicklung verschlafen hätte. Bereits 2006 wurden sprechende Bilder an den Wänden von Deutschlands ältester Stahl-Hütte angebracht: Kein Geringerer als ARD-Adelsexperte Rolf Seelmann-Eggebert bringt die portraitieren Herrschaften seither zum Sprechen.
„In den letzten Jahren wurde die museumsdidaktische Vermittlung weitergehender Informationen zu den Ausstellungsinhalten der Luisenhütte zunehmend problematisch“, gestand Stephan Sensen. Ein guter Teil der Wissensvermittlung läuft bisher über Texttafeln. Das gilt inzwischen als überholt.
Immerhin hat der Kreis bei der Vermittlung populären Geschichtswissens eine Stufe übersprungen. In der Luisenhütte müssen keine tragbaren Audio-Guide-Geräte ausgetauscht werden; sie wurden niemals eingeführt. Stattdessen gibt’s künftig Infos über Stahlproduktion und Stahlarbeiter, Öfen und Kohle direkt per Smartphone und Kopfhörer auf die Ohren interessierte Besucher. Smartphones sind längst Standard – generationsübergreifend. „Es besteht dringender Handlungsbedarf, angemessen auf das tiefgreifend veränderte Verhalten des Publikums zu reagieren“, weiß Stephan Sensen.
Er verriet den Kulturpolitikern des Kreises auch, wie. Dazu gehören eine interaktive Karte im Insthaus der Luisenhütte. Dort wohnten einst Hüttenarbeiter. Dort ist heutzutage die „Hüttenschänke“ untergebracht, Ticketverkauf inklusive. Da der Museumsrundgang hier startet, ist dies der Ort für eine große interaktive Übersichtskarte über den gesamten „Geschichtspark Balve“, einfach bedienbar, leicht verständlich.
Das ist nur der Anfang. 20 Info-Kurzfilme zur Luisenhütte werden per zeitgemäßer Servertechnik zur Verfügung gestellt. Sie erlauben Besuchern, die Beiträge auf Deutsch, Englisch oder Niederländisch per Smartphone oder Tablet abzurufen – ohne App.
Es handelt sich um durchschnittlich zwei bis drei 60-Sekunden-Beiträge mit Filmen, Computeranimationen, Fotos und Audiosequenzen. Ein Luisenhütten-Video in leichter Sprache soll ebenfalls abrufbar sein. Die Produktion ist fürs kommende Jahr geplant.
Alle Text-Infos werden mit QR-Codes ausgestattet. Besucher können per Smartphone oder Tablet die Informationen auch auf Englisch und Niederländisch abrufen.
Ausschuss kam, sah und staunte
Obendrein verschmelzen digitaler Budenzauber und fassbare Umgebung mit Hilfe der „Pepper’s Ghost“-Technologie. Diese nach ihrem Erfinder John Henry Pepper benannte Bildüberlagerung blendet stehende oder bewegte Bilder halbtransparent ins echte Gemäuer ein.
Gefilmte Infotainment-Szenen lassen auf diese Weise historische Figuren der Luisenhütte, darunter Hüttenknecht, Gießer, Hüttenschreiber oder Konstrukteur von Winderzeugungsanlage und Gebläsedampfmaschine lebendig werden. „Das machen professionelle Schauspieler“, verriet Stephan Sensen.
In der Platzknechtswohnung der Luisenhütte werden die Hochofenmodelle ergänzt um Info-Film aus der „Sendung mit der Maus“. Die WDR-Produktion leistet das, was sie so gut kann wie kaum eine andere: Sie erklärt die Stahlerzeugung in einer Hütte für Klein und Groß.
Der Kulturausschuss kam, sah und staunte.