Balve. Auf der Suche nach Bauland denkt die Stadt an eine bisher nicht genutzte Erweiterungsfläche des Friedhofs Zum Thing. Was hält ein Gutachten davon?

Die Stadtverwaltung will die Erweiterungsfläche des Friedhofs Zum Thing am südlichen Stadtrand von Balve in Bauland umwandeln. Der Plan wird in der kommenden Sitzung des Ausschusses Umwelt, Planung, Bau am Dienstag, 19. November, 18 Uhr, im Sitzungssaal des Rathauses beraten. Lässt er sich ohne Weiteres umsetzen?

Die Stadt Balve hat zur Klärung dieser Frage ein Düsseldorfer Planungsbüro beauftragt, die Kommunal Agentur NRW GmbH.

Die Beerdigungskultur

Gutachter Simon Knur betont, die Beerdigungskultur in Deutschland habe sich verändert. Demnach gibt es einen Trend zu Feuerbestattungen und pflegeleichten Grabanlagen. Zudem leben Angehörige oftmals nicht mehr vor Ort.

Überdies hat Gutachter Knur zwei weitere Gesichtspunkte berücksichtigt: Ein Teil der Angehörigen wünscht sich heutzutage eine möglichst umweltschonende Bestattung – auch weil mancher Verstorbener nach langer chronischer Krankheit mit Arznei-Rückständen belastet ist.

Die Folgen: Pflegeintensive Reihengräber und Grabanlagen werden immer weniger nachgefragt. Zugleich wächst die Bedeutung von Urnenbeisetzungen und Seebestattungen.

Gutachter Knur geht davon aus, dass in Balve jährlich 120 Verstorbene beigesetzt werden müssen. Derzeit wird die Hälfte von ihnen auf städtischen Friedhöfen beerdigt. Seit 2014 geht die Zahl der Beerdigungen in Balve zurück. Damals wurden 90 Verstorbene zu Grabe getragen Im vergangenen Jahr waren es weniger als 60.

Die Zahl der Beerdigungen

Wegen sinkender Bevölkerungszahlen in Balve erwartet Knur folgerichtig auch weniger Todesfälle.

Gutachter Knur schlüsselt zudem die Belegung der Friedhöfe im Stadtgebiet auf. Fünf Grabfelder sind städtisch, drei kirchlich. Den größten Belegungsgrad verzeichnet Balve-Alt mit knapp 90 Prozent, den geringsten Belegungsgrad Volkringhausen mit weniger als 50 Prozent.

Auf kirchlichen wie privaten Beerdigungsflächen sieht Knur „noch größere freie Kapazitäten“. Das sei „in erster Linie der historisch gewachsenen Situation mit einzelnen Friedhöfen in den verschiedenen Ortsteilen geschuldet“.

Die freien Kapazitäten

Unterm Strich, bilanziert Gutachter Knur, wird die Summe der verfügbaren freien Friedhofsflächen und die zukünftig freiwerdenden Flächen im Stadtgebiet „auf absehbare Zeit ausreichen“. Die vom Landesbetrieb IT NRW berechnete Entwicklung der Sterbe- und Einwohnerzahlen deutet laut Gutachter Knur „ebenfalls auf keinen steigenden Platzbedarf hin“. Die Stadt Balve verfügt demnach „über mehr Grabflächen, als die Nachfrage perspektivisch erwarten lässt“.

Der städteplanerische Aspekt

Mit Blick auf die Erweiterungsflächen des städtischen Friedhofs Zum Thing stellt Gutachter Knur fest, sie seien „gut erreichbar“. Er sieht sie als „attraktive Flächen für vielfältige Nutzungen“, etwa durch Bebauung.

Allerdings mahnt Knur: „Die Aufgabe einer entsprechenden zentralen Friedhofserweiterungsfläche wirkt langfristig und kann in den kommenden Jahrzehnten nicht einfach rückgängig gemacht werden.“

Knur fügt hinzu: „Eine Freigabe der Fläche würde langfristig an dieser Stelle keine Friedhofserweiterung mehr ermöglichen.“

Der Gutachter rät der Stadt, vor Aufgabe der Erweiterungsfläche „verbindliche Zusagen“ kirchlicher und privater Friedhofsbetreiber einzuholen.

Für eine Umwandlung der bisher nicht genutzten Friedhofsfläche spricht laut Knur, dass den Boden nicht vorbelastet ist.

Der Beschlussvorschlag

Ein ausformulierter Beschlussvorschlag liegt dem Ausschuss Umwelt, Planung, Bau bisher nicht vor. Es deutet einiges darauf hin, dass er während der Sitzung erarbeitet wird.