Balve.
Apotheker Christian Bathe kann es noch: Medikamente selbst herstellen. Beim 25-jährigen Jubiläum seiner Apotheke am Drostenplatz zeigten er und sein Team interessierten Kunden, wie es geht. Heutzutage stellen allerdings immer weniger Apotheke Arznei selbst her. Grund: Weil Qualitätsmängel fatale Folgen für kranke Menschen haben, wächst die Zahl gesetzlicher Auflagen. Stattdessen vertreiben Apotheken vorrangig industriell hergestellte Medikamente. Doch bei den „Waren besonderer Art“, wie sie im Arzneimittelrecht heißen, gibt es immer öfter Lieferengpässe – auch im oberen Hönnetal.
Zahl der Alarm-Meldungen steigt
„Lieferengpässe bei der Belieferung von Arzneimitteln sind leider heute an der Tagesordnung“, beklagt Christian Bathe auf Anfrage der „Westfalenpost“.
Er steht mit seinem Problem keineswegs allein. Auch Mitbewerber sind betroffen. Lieferengpässe bei Arzneimitteln haben in den vergangenen Jahren „deutlich zugenommen“, berichtete das Online-Portal aerzteblatt.de Mitte dieses Monats.
Die Fachredaktion nannte Zahlen fürs Bundesgebiet. Unter Berufung auf eine Antwort des Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP hieß es, 2015 habe es 40 Meldungen gegeben. Seither schlugen Apotheker demnach immer öfter Alarm. 2018 habe die Zahl der Meldungen über ausbleibende Arznei-Lieferungen bereits bei 268 gelegen. In diesem Jahr habe es bis Mitte Oktober bereits 216 Meldungen von Lieferengpässen gegeben.
Was bedeutet das? Christian Bathe präzisiert: „Hier kommt es immer wieder vor, dass Wirkstoffe oder bestimmte Wirkstärken nicht lieferbar sind. Das ist für unsere Kunden und für uns sehr ärgerlich.“
Christian Bathe nennt Beispiele. Wirkstoffe wie Ibuprofen, Valsartan oder Candesartanum seien inzwischen Mangelware, „um nur einige zu nennen“.
Der Fachmann kennt auch den Grund für die Unterversorgung: „Häufig sind die Produktionsstätten im Ausland. Kommt es hier im Herstellungsprozess zu Ausfällen, haben alle Anbieter Probleme, den Markt zu bedienen.“
Nicht verfügbare Arznei sei nicht nur für Patienten ärgerlich, sondern auch für Apotheken. Noch einmal Christian Bathe: „Für uns in der Apotheke erhöht sich der Arbeitsaufwand immens.“ Gespräche sind nämlich mit gleich zwei Seiten erforderlich: „Rückfragen bei den Herstellern zu Lieferterminen und Verfügbarkeiten sowie Rücksprachen mit den Arztpraxen, um alternative Arzneimittel für den Patienten zu besprechen, sind sehr zeitintensiv.“
Die Folge: Apotheker sind genervt – Patienten sind es auch. „Verständnis für diese Situation haben wir und unsere Kunden nicht mehr“, stellt der Balver Apotheker fest.
Wie reagierte die Bundesregierung? Sie redete das Problem klein. Lieferengpässe, so hieß es in ihrer Antwort an die Liberalen, seien nicht zwangsläufig auch Versorgungsengpässe. Oftmals seien alternative Arzneimittel verfügbar.
Tatsächlich sieht auch Bundesregierung Handlungsbedarf. Konkret wird sie allerdings nicht. Die Liberalen ließ die Bundesregierung wissen, sie wolle prüfen, „ob und gegebenenfalls welche weitergehenden Maßnahmen dazu geeignet sein könnten, Lieferengpässen bei Arzneimitteln angemessen zu begegnen.“
Gesundheitsminister gefordert
Für Christian Bathe indes besteht „dringender Handlungsbedarf, um Abhilfe zu schaffen“. Als ersten Ansprechpartner sieht der Pharmazeut die Hersteller. Sie sein gefordert, „entweder mehr im Inland zu produzieren oder ausreichend Vorrat zu halten“.
Als zweiten Ansprechpartner bringt der Fachmann Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ins Spiel. Er müsse jetzt „Maßnahmen ergreifen“.
Einen Überblick über nicht lieferbare Medikamente gibt die Internetseite . Sie bezieht sich auf Angaben von Pharma-Herstellern.