Balve. . Europawahlkampf in Balve: Freitag kommt Südwestfalen-Abgeordneter Dr. Peter Liese in die Stadt. Vorab ein Gespräch über Balve, Bauern, Brexit.
Südwestfalens Europaabgeordneter Dr. Peter Liese (CDU) macht heute Station in Balve. Stadtverband sowie Junge Union machen von 15 bis 17 Uhr Wahlkampf vor Jedowski. Der Parlamentarier selbst kommt um 16 Uhr. Vorab stand er der WP bereits Rede und Antwort.
Wir haben vier große Bs: Brexit, Brüssel, Berlin, Balve. Mit welchem wollen wir anfangen?
Dr. Peter Liese: Natürlich mit Balve.
Sie waren immer wieder mal vor Ort. Mit welchen Erkenntnissen haben Sie die Stadt verlassen?
Ich war mehrfach in den vergangenen Monaten in Balve, erst bei der CDU, dann bei Kolping. Die Menschen in Balve interessieren sich grundsätzlich für Europa. Aber sie haben natürlich Fragen.
Die heimische Wirtschaft guckt mit sehr gemischten Gefühlen auf die Brexit-Verhandlungen. Nehmen Sie das große Muffensausen wahr?
Da gibt es schon große Sorgen, nicht nur weil Großbritannien ein wichtiger Markt ist, sondern wir müssen auch in Lieferketten denken. Es gibt Ersatzteile, Zulieferprodukte, die aus Großbritannien kommen. Wenn es einen harten Brexit gibt, könnte es mancherorts zu einem Produktionsstillstand kommen. Ein Unternehmer aus dem Märkischen Kreis hat mir gesagt: Wir haben alle möglichen Vorsichtsmaßnahmen getroffen und Erklärungen unterschrieben, aber 100-prozentig garantieren kann mir keiner etwas.
An welchen Schrauben können Sie drehen?
Ein harter Brexit muss vermieden werden. Wenn die Briten ausscheiden, dann nur mit einem Abkommen, damit sich die Wirtschaft darauf vorbereiten kann. Ich habe mit einer Frau aus dem Märkischen Kreis gesprochen, die in Großbritannien lebt, aber noch die deutsche Staatsbürgerschaft hat: Wir müssen ihre Rechte wahren. Die Frau ist kein Einzelfall. Am besten der Brexit wird abgeblasen. Dafür setze ich mich ein. Auch wenn die Briten uns oft geärgert haben: Mit Großbritannien ist es besser als ohne. Das gilt auch international.
In Balve ist Landwirtschaft stark. Dort ist Begeisterung für Brüssel verhalten. Was sagen Sie Bauern?
Viele Landwirte klagen über zu viel Bürokratie. Ein aktuelles Thema ist gerade die Dünge-Verordnung. Da sind wir der Meinung: Das geht so nicht. Da habe ich mich auch persönlich eingesetzt und einen Brief an (EU-Kommissionspräsident; Red.) Jean-Claude Juncker geschrieben. Ich wünsche mir eine pragmatischere Umsetzung der Vorschriften. CDU-Spitzenkandidat Manfred Weber möchte, wenn er gewählt wird, 1000 Vorschriften abschaffen. Ich glaube, das ist im Sinne der Landwirtschaft.
Landwirte erhalten aber auch Geld aus Brüssel...
...auch wenn sie das nicht so gerne hören. Sonst wären sie – gerade im mittelständischen Bereich – nicht überlebensfähig. Selbst wenn der Brexit kommt und gespart werden muss, müssen wir die bäuerliche, mittelständische Wirtschaft unterstützen. Da wäre ich dafür, eher bei den Großbetrieben zu sparen.
Europa kann man aber auch aus dem Balver Blickwinkel sehen. In Balve ist die Begeisterung für die Leader-Projekte der EU besonders groß. Haben Sie eine Idee, warum?
Balve gehört zu den glücklichen Kommunen, die sich bei Leader geworben haben. Das haben längst nicht alle getan. Lüdenscheid und Hemer haben sich nicht geworben, also konnten sie auch keinen Zuschlag bekommen. Die Balver waren besonders geschickt, sie haben gute Projekte eingereicht. Das hängt auch mit ehrenamtlichem Engagement zusammen.
Wie geht es weiter?
Wir vom Europäischen Parlament haben gesagt: Leader soll in der nächsten Wahlperiode in derselben Größenordnung weitergehen.
Welche politischen Folgen hat Leader?
Sehr gute. Ich bin sehr stolz, dass wir es geschafft haben, dass fast ganz Südwestfalen Leader-Region ist. Und die Leute sagen: Hier kann man Europa anfassen, hier kommt einem Europa näher.
Leader hin, Populismus her – Wahlkampf läuft oft übers Gefühl. Welche Themen begeistern?
Eines ist das Thema Krebs. Wir kämpfen dafür, dass Menschen das Schicksal Krebstod erspart bleibt. Forscher sagen mir: das geht mit europäischer Zusammenarbeit am besten. Aber: Mir ist es schon wichtig, nicht nur mit Gefühlen zu spielen, sondern schon sachlich an Themen zu arbeiten.