Balve. . Im Treffpunkt Demenz in Balve genießen Betroffene und Angehörige ein paar vergnügliche Stunden. Es zählt das gut Gefühl, das jeder mitnimmt.
Er heißt „Treffpunkt Demenz“. Wobei Heike Guth-Mindhoff den Begriff „Demenz“ dabei gar nicht so in den Vordergrund stellen möchte. „Es ist eigentlich ein Café und ein Treffpunkt für ältere Menschen, in dem alle ein paar schöne Stunden verbringen.“ Denn vom Alter unterscheiden sich die Teilnehmer von ihren ehrenamtlichen und intensiv qualifizierten Betreuern nicht unbedingt. Montags und mittwochs von 14 bis 17 Uhr und an den Samstagen von 10 bis 13 Uhr öffnet das Café im Erdgeschoss des Gesundheitscampus’ seine Türen.
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Es beginnt in der Regel wie ein fröhlicher Kaffeeklatsch, mit Kuchen, Keksen und Heißgetränken. An den Samstagen wird auch zusammen gekocht. Ansonsten wird gesprochen, über Neuigkeiten wie auch Dönekes aus der guten, alten Zeit. Die Runde singt auch sehr gerne, bastelt oder kommt ein bisschen in Bewegung. Im Nebenzimmer des großen Gruppenraumes steht lediglich ein Stuhlkreis, Bälle oder ein Schwungtuch können zur körperlichen Aktivierung genutzt werden. „Alles natürlich, so weit es für die Teilnehmer möglich ist,“ sagte Heike Guth-Mindhoff. Denn auch wenn sie die Erkrankung der Café-Besucher nicht groß in den Vordergrund stellen möchte. Präsent ist die Demenz natürlich immer, bestimmt, was gemacht werden kann.
Maximal zehn Teilnehmer
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„Vieles von dem, was wir in der Runde machen, haben die Menschen nachher schnell vergessen. Aber ich weiß, dass sie mit einem guten Gefühl und einem Lächeln wieder nach Hause gehen.“ Nicht nur dank der Aktivitäten, die Gemeinschaft (maximal zehn Teilnehmer können an einem Tag kommen) ist fast noch wichtiger. Womit Guth-Mindhoff auf die ganz große Belastung hinweist, die bei einer demenziellen Erkrankung den Betroffenen selbst und seine unmittelbaren Angehörigen mindestens genauso erfasst: die drohende Vereinsamung. Die Pflege eines Menschen wird dann schnell zum 24-Stunden-Job. Mit entsprechenden Folgen für das Sozialleben.
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„Da ist ein Mensch, der vorher noch voll im Leben gestanden hat, einen Beruf ausgeübt, die Familie versorgt, vielleicht ein Haus gebaut, in einem Verein mitgewirkt hat. Und dann ist es auf einmal, als ob sich das Gehirn auflöst“, sagt Heike Guth-Mindhoff. Erfahrung mit Demenz in ihrem eigenen Umfeld war für sie nicht der Grund, sich hier in diesem Verein so zu engagieren.
Neugierig geworden
Ursprünglich waren sie und ihr Mann Klaus Mindhoff einfach neugierig geworden durch den Aufruf, der 2014 aus dem damals gerade im Aufbau befindlichen Gesundheitscampus kam: Eine Demenzbetreuung sollte aufgebaut werden. Geschäftsführer Ingo Jackschies gab seinerzeit den Anstoß für dieses in der Region immer noch ziemlich einmalige Projekt. Als es dann eine erste kleine Phase des Stillstandes gab, war es Guth-Mindhoff, die im übertragenen Sinne aufs Gaspedal trat. Und sich um eine erste Ausbildung für Demenzbetreuer kümmerte.
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24 Menschen umfasst dieses Team heute. 40 Stunden dauert deren fachlich fundierte Ausbildung. Was man dabei nicht lernen kann, sondern einfach mitbringen muss: „Ein großes Herz.“ Denn man bekomme als Betreuer natürlich tiefe, persönliche Einblicke. Die natürlich alle vertraulich behandelt werden. „Man lernt in der Ausbildung aber auch, wie man damit umgehen kann“, sagt Guth-Mindoff, die das Betreuerteam koordiniert, die Einsatzpläne macht, so dass zu jedem Treffpunkt drei oder vier Betreuer da sind. Die haben auch Zeit, sich Besuchern ganz individuell zu widmen. Bei einem Spaziergang zum Beispiel.
Drei Stunden frei sind ein Luxus
Heike Guth-Mindhoff weiß, wie wichtig dieses Angebot für die Angehörigen ist. Mal eben drei Stunden Zeit für sich, das ist ein Luxus, den man als Pflegender zu schätzen weiß. „Es geht manchmal nur darum, in Ruhe zum Frisör zu gehen.“ Das Treffpunkt-Team tut viel, um in Balve auf sich aufmerksam zu machen. Auch die monatliche Gesprächsrunde für Angehörige (in den Räumen des Pflegeheims St. Johannes) ist wichtig und mittlerweile etabliert. Guth-Mindhoff wünscht sich, dass der Treffpunkt noch viel bekannter wird. Sie lädt ganz offen ein, mal vorbeizuschauen: „Manchmal warten Angehörige und Betroffene viel zu lange, bis sie Hilfe suchen. Sie schämen sich und isolieren sich weiter.“