Balve. Martin hat Köln mit Garbeck getauscht, Uni mit Landmaschinen. Der Azubi ist glücklich damit. Was ihn begeistert.
Raus aus dem Hörsaal, ran an den Trecker. Martin Kampmeier hat einen ungewöhnlichen, für ihn aber dennoch sinnvollen Schritt gewählt. Statt an der Uni zu büffeln, lernt er nun bei Hepping an großen Landmaschinen.
Vermutlich ist es in den meisten Familien eher andersherum. Die Eltern möchten den Nachwuchs gerne auf der Uni sehen, während die Kinder tief im Herzen eigentlich mit einem Ausbildungsberuf glücklicher wären. Nicht so im Hause Kampmeier in Iserlohn-Drüpplingsen. „Mein Vater hat von vornherein gesagt, ich solle doch eine Ausbildung machen“, schmunzelt der 22-jährige Martin Kampmeier. „Schließlich hat er auch Recht behalten.“
Der Weg zu dieser Erkenntnis führte den Filius aus dem Sauerland zunächst aber für vier Semester an die Technische Hochschule in Köln. Und zum Maschinenbaustudium Mobile Arbeitsmaschinen. Inhaltlich keineswegs der falsche Weg, das betont Martin Kampmeier, denn schon als Kind faszinierte ihn die Technik besonders der ganz großen Traktoren. Als Jugendlicher schraubte er mit Freunden an diesen Fahrzeugen herum. Und eine Liebe zum Leben auf dem Land ist auch da – seine Eltern betreiben im Heimatort einen Campingplatz direkt an der Ruhr.
Fehlende Praxiserfahrung
Beim Studium in der Domstadt am Rhein merkte Kampmeier dann, dass ihm die meisten Kommilitonen einen Schritt voraus waren: „Die hatten fast alle vor dem Studium zunächst eine Ausbildung absolviert – und entsprechend mehr Praxiserfahrung als ich. Und bei vielen Kursen wurde das auch unausgesprochen vorausgesetzt.“ Kampmeier musste also kämpfen, um den Anschluss nicht zu verlieren. Und irgendwann reifte in ihm der Entschluss, die Uni zu verlassen und selbst in einen Betrieb zu gehen.
Landmaschinen Hepping in Balve ist es dann geworden. Im Herbst 2017 fing er dort an. Chef Christian Hepping ist mehr als zufrieden mit seinem Schützling. Er könne schon viel mehr machen, auch alleinverantwortlich, als es dem üblichen Stand in seinem Lehrjahr entspreche. Mit der Zwischenprüfung im Mai wird sich entscheiden, ob Kampmeier die Ausbildung noch verkürzen kann. In einem Jahr könnte er fertig sein.
Und danach? „Das weiß ich noch nicht“, sagt der 22-Jährige. Ein Studium könnte es dann durchaus noch einmal werden, ebenso die Meisterschule. Oder er bleibt als Servicetechniker im Betrieb. Gute Leute würde Christian Hepping gerne halten.
Sein Betrieb ist im Moment zwar gut aufgestellt, wie er berichtet. Die Herausforderung, Nachwuchs zu finden, ist aber auch für ihn immer aktuell. „Unsere Leute kommen nicht aus einer Hochhaussiedlung“, sagt er und spricht damit an, dass bei allen in der Landmaschinentechnik Tätigen die Affinität zu ihrem Berufsgegenstand oft schon von Kindheit an durch Wohnort und familiäre Umgebung mitgegeben werde. Viele kommen selber vom Hof. Gewissermaßen ist die Landmaschinentechnik der große Bruder der Kfz-Technik. Letztere aber ist deutlich bekannter und stärker nachgefragt. In diesen Beruf zieht es viele, die dann aber auch nicht alle glücklich werden. Christian Hepping weiß: „Bei uns bleiben 70 Prozent der Leute im Beruf, wenn sie ihn erst einmal gelernt haben. Im Kfz-Bereich sind es nur 30 Prozent.“
Mit Laptop und Vorschlaghammer
Den Azubi-Nachwuchs für seinen Betrieb rekrutiert Hepping viel über Mund-zu-Mund-Propaganda und vor allem Praktika. „Die jungen Leute können nicht kommen, um in den Ferien das ganz große Geld zu verdienen. Aber sehr wohl, um den Beruf kennenzulernen.“ Was auch ihn immer wieder fasziniere – ebenso seinen Azubi Martin Kampmeier: die Vielfalt der Aufgaben und Herausforderungen. Die Kombination aus alt und neu. Von 60 Jahre alten Oldtimern bis zu Hightech-Pressen und Mähdreschern. Von Hepping auf den Punkt gebracht: „Wir brauchen den Vorschlaghammer genauso wie den Laptop.“
Der Betrieb baut Landmaschinen auch individuell nach den Wünschen und Bedürfnissen der Nutzer um: hier ein Sensor, dort ein zusätzlicher Scheinwerfer oder eine Kamera. Über potenzielle Bewerber sagt Christian Hepping: „Es muss nicht der beste Schulabschluss sein. Aber technisches Verständnis braucht man schon.“
Einmal in der Woche steht für Martin Kampmeier ebenso wie für die drei anderen Azubis im Betrieb die Berufsschule in Olsberg auf dem Programm. Auch damit ist er im Prinzip sehr zufrieden.
Ebenso wie sein Chef, der auch in der Innung engagiert ist, macht sich der 22-Jährige aber auch Gedanken über die Ausrichtung und Zukunft des Berufes. So wurden zum Beispiel Kurse zum Schweißen aus dem Programm der Ausbildung genommen. „Obwohl man es fast täglich braucht“, so Martin Kampmeier. Also hat er es sich selber beigebracht.