BALVE. . Balve boomt. Aber warum brummt die heimische Wirtschaft besser als andernorts? Fachfrau Gudrun Schmitz-Raphael kennt die Antworten.

Balve glänzt in jüngerer Zeit mit besonders guten Arbeitsmarkt-Zahlen. Die Hintergründe des Booms kennt Gudrun Schmitz-Raphael. Sie ist Vermittlerin im gemeinsamen Arbeitgeberservice der Agentur für Arbeit Iserlohn und des Jobcenters Märkischer Kreis. Jürgen Overkott sprach mit ihr.

Wie unterscheidet sich der Arbeitsmarkt in Balve - abgesehen von seiner geringen Größe - von dem der umliegenden Städte?

Balve ist als Standort sicherlich kleiner als manch andere Städte im Märkischen Kreis, die Arbeitsmarkt- und Branchenstruktur ist jedoch nahezu identisch. In Balve lässt sich eine Vielfalt an freien Stellen finden – auch haben Balver Arbeitgeber hohe Fachkräftebedarfe (insbesondere im Handwerk) und den Wandel der Zeit erkannt. Der Demografische Wandel wird im Blick gehalten und alles getan, um Fachkräfte zu finden und an die Unternehmen zu binden.

Die Arbeitslosenquote ist in Balve auffällig niedrig. Wer darf sich das Verdienst an seine Fahne heften?

Das Besondere in Balve ist eine gute Vernetzung aller Akteure untereinander. Der Zusammenhalt wird groß geschrieben und umfasst die Mitarbeiter der Stadt, die Schulen, Arbeitgeber und sonstige Institutionen wie das Stadtmarketing, engagierte Ehrenamtler/innen im Bereich geflüchteter Menschen und natürlich auch uns als Arbeitsagentur und Jobcenter. Man ist eng beieinander und hört für andere mit. Die geringe Arbeitslosenquote ist damit ein Gemeinschaftswerk. Nicht zu vergessen ist auch, dass ich als langjährige Ansprechpartnerin der Arbeitsagentur und des Jobcenters mittlerweile eine gute Kenntnis über die Belange des Arbeitsmarktes in Balve habe und bei zahlreichen Arbeitgebern gut bekannt und dadurch häufig in die Themen vor Ort involviert bin. Gerne helfe ich auch einmal bei Themen, die nicht direkt in meinen Aufgabenbereich fallen.

In welchen Bereichen hat Balve Nachholbedarf?

So sehr ich die gute Situation in Balve und die daraus resultierenden Vorteile zu schätzen weiß, so sehr macht aber auch die Lage und infrastrukturelle Anbindung ihre Probleme bei der Fachkräftegewinnung. Einige Stellen sind ohne Führerschein und Auto kaum besetzbar, auch können sich – bei bundesweiten Suchläufen – viele Bewerber keinen Einsatz in einer solch ländlichen Struktur vorstellen. Da bringt auch eine Vorteilsübersetzung nicht immer Erfolg.

Balve ist nicht eben Zuzugsgebiet. Womit kann der lokale Arbeitsmarkt punkten?

Gute Wohnbedingungen, faire Preise, familienfreundliche Arbeitgeber, eine tolle Schulpolitik, ein gut aufgestelltes Stadtmarketing und ein volksnaher Bürgermeister bringen gute Voraussetzungen mit, um sich in Balve sesshaft zu machen und arbeitstechnisch Fuß zu fassen. Es gibt eine Bandbreite an Stellen der unterschiedlichsten Bereiche.

Als Problemgruppen gelten gemeinhin Langzeitarbeitslose und/oder ältere Arbeitnehmer. Welche Entwicklungen beobachten Sie in Balve?

Der Arbeitsmarkt befindet sich in sehr dynamischer Verfassung. Nie zuvor hatten wir eine derart hohe Anzahl an Stellenmeldungen. Dadurch haben es alle Personengruppen leichter, in Arbeit zu gelangen. Balve bietet keine Unterschiede zu anderen Städten oder Gemeinden, was die Integration von Langzeitarbeitslosen oder auch älteren Arbeitnehmern anbelangt. Es geht vielmehr um ein richtiges Vermarkten und „Rüberbringen“ der Vorteile der Personengruppen, um diese bei Arbeitgebern zu platzieren. Häufig auch verbunden mit Förderinstrumenten der Arbeitsagentur und des Jobcenters.

Kritische Beobachter des Arbeitsmarktes verweisen gern auf Probleme im Niedriglohnsektor. Wie sieht’s in Balve aus?

Den Arbeitgebern in Balve ist es wichtig, dass es ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gut geht. Teilweise wird noch immer wenig mit Zeitarbeitsfirmen zusammengearbeitet, wobei grundsätzlich der Mindestlohn oder eine bessere Bezahlung greift.