Balve. . Alessandro Fazio hat einen bemerkenswerten Weg zurückgelegt. Er begann bei der Hauptschule. Jetzt lernt er bei der Volksbank.

Früher war das so: Wer ein Einser-Abitur hatte, der studierte oder absolvierte eine Banklehre. Sie galt als die begehrteste aller Ausbildungen und der Dienst hinter dem Bankschalter als hochanständig. Das Image hat inzwischen gelitten. Überhaupt hat sich in der Geldwirtschaft einiges geändert, auch bei der Volksbank in Südwestfalen, wie sich die Genossenschaftsbanker aus dem Märkischen seit der Fusion mit ihren Kollegen aus dem Siegerland nennen. In der Balver Filiale, zum Beispiel, sind heute der Teilmarktleiter Christoph Tyralla und der Azubi Alessandro Fazio in einem der Büros für diese Serie der WP zusammengekommen.

Alessandro Fazio an seinem Arbeitsplatz
Alessandro Fazio an seinem Arbeitsplatz © Solveoig Flörke

Der 40-jährige Neuenrader hat bereits eine steile Karriere in der Volksbank hingelegt, der 20-jährige Balver im volksbankblauen Anzug ist auf dem besten Weg dorthin. Beide haben zunächst die Hauptschule besucht. „Kein Grund, sich nicht bei uns zu bewerben“, stellt Ausbildungsleiterin Anke Bockelmann sofort klar, die auch extra dazu gekommen ist. „Ob man Mathe kann, ist nicht so wichtig wie die Persönlichkeit. Darauf legen wir mehr wert, denn das Rechnen, das erledigt die Kiste hier vor uns.“ Sie zeigt auf den Computer auf dem Schreibtisch.

Die Folgen der Finanzkrise

Auch über Bewerbungen von Studienabbrechern freut sie sich. Bloß keine falsche Scheu, denn wie in jedem Jahr, sucht sie auch jetzt wieder acht bis zehn Azubis für den Märkischen Kreis.

Das war für die Bank vor einigen Jahrzehnten schon mal einfacher, weil sich viel mehr junge Menschen beworben haben. Doch seitdem es heißt, die Digitalisierung ersetze die Bankkaufleute und seitdem das Image der Banken, vor allem durch die Finanzkrise 2008, gelitten hat, sind Bewerberzahlen rückläufig.

65 Jahre Glockenspiel in Balves Volksbank: Die Genossenschaftsbanker wissen, was die Stunde geschlagen hat.
65 Jahre Glockenspiel in Balves Volksbank: Die Genossenschaftsbanker wissen, was die Stunde geschlagen hat. © Volksbank/Mark Kostewitz

Diese Entwicklung möchten Christoph Tyralla und Anke Bockelmann nicht einfach so hinnehmen – im Gegenteil, sie haben gute Nachrichten für alle Interessenten: „Wir legen es sogar darauf an, alle Azubis auch langfristig zu behalten. Die meisten von ihnen rekrutieren wir aus den Praktikanten, die bei uns ihr zweiwöchiges Schulpraktikum absolvieren“, verrät Tyralla, der auch Dozent an der Frankfurt School of Finance and Management ist.

Auch Alessandro Fazio war Praktikant. 2015 hat er den Berufsalltag der Balver Volksbank kennengelernt. „Und es hat mir super gefallen“, erinnert er sich. Seit dem vergangenen Jahr absolviert er hier seine Ausbildung zum Bankkaufmann. „Man sollte eine offene Person sein und den Kontakt zu Menschen mögen“, sagt er. Doch das alleine ist nicht alles, sonst hätte der sympathische Hönnestädter vielleicht auch bei seinen Eltern in der Pizzeria „Da Piccolo“ weiterarbeiten können.

Der junge Mann mit dem Ohrring

„Ich interessiere mich sehr für Wirtschaft und mag Teamarbeit, auch das hilft in der Bank“, sagt der Bruder von fünf Geschwistern, der hofft, in seiner Ausbildung auch fürs Leben zu lernen. „Das ist tatsächlich keine hübsche Floskel, so dahingesagt“, findet seine Ausbildungsleiterin. „Unsere Azubis werden während ihrer Ausbildung bei uns erwachsen. Das können wir richtig merken.“

Dass der Banker von früher mit dem von heute nur noch wenig gemeinsam hat, das lässt sich auch an ganz oberflächlichen Dingen festmachen: Alessandros Ohrring beispielsweise. Oder die Tatsache, dass es für Männer keine Krawattenpflicht mehr gibt und Frauen nicht mehr im Kostüm und mit flachen Absätzen zur Arbeit kommen müssen. Kein Assessment-Center, sondern ein Onlinetest entscheidet, welcher Bewerber zum persönlichen Gespräch eingeladen wird.

Nicht ganz unwichtig sind Details zur Ausbildung. Die Azubis besuchen sechs bis sieben Wochen Blockunterricht in Halver. Ihnen stehen 30 bezahlte Urlaubstage zu, und sie bekommen im ersten Jahr 1010 Euro, im zweiten 1060 Euro und im letzten Ausbildungsjahr 1120 Euro für ihre Arbeit. Etwa drei Monate verbringt jeder Azubi in einer Abteilung und lernt so alle Bereiche einer Bank kennen.

Die Azubis durchlaufen alle Abteilungen der Bank und lernen sowohl die Dienstleistung am Kunden, wie auch die Arbeit in den Fachabteilungen kennen. Von einer Woche in den Bereichen Organisation und Revision bis hin zu fünf Wochen Einsatz in der Baufinanzierung. Im Anschluss an die Ausbildung kann man sich für den favorisierten Einsatzort entscheiden.

So ist das heute, und wem das gefällt, der sollte sein Glück einfach mal versuchen.

>> INFO

Infos auch auf der BOM in Werdohl am 2. Oktober 2019.

Bewerbungsmöglichkeiten ab sofort für den Ausbildungsbeginn 2020.

Weitere Informationen gibt es im Internet: „www.vbinswf.de/wir-
fuer-sie/karriere/ausbildung“. Ansprechpartnerin ist Anke Bockelmann, 02351-177-1043.