Balve. . Ein Mensch braucht intensive Pflege. In der Wohngruppe St. Marien im Campus kann er sie haben. Aber: Was passiert da eigentlich?

Selbstbestimmt leben möchte jeder Mensch. Zur Herausforderung wird das etwa dann, wenn Beatmung oder andere Intensiv-Pflege rund um die Uhr notwendig wird. Im zweiten Geschoss des Gesundheitscampus nimmt man sich seit fünf Jahren dieser Herausforderung an: in der Wohngruppe St. Marien.

Zwölf Plätze hat die Wohngruppe. Wer hier lebt, benötigt 24 Stunden täglich, sieben Tage die Woche eine intensivpflegerische Versorgung durch examinierte Fachkräfte.

Grundsätzlich ist diese Versorgung auch im eigenen Zuhause möglich. In der Wohngruppe St. Marien will man an die Gegebenheiten des eigenen Zuhause so nah wie möglich herankommen und die Selbstständigkeit der Bewohner so weit wie möglich erhalten, ja fördern. Dennoch: Jeder Schritt heraus durch die Türen der Wohngruppe mit den Bewohnern muss gut geplant und vorbereitet und Notfallequipment stets dabei sein.

So viel Normalität wie möglich

Gesundheitscampus-Geschäftsführer Ingo Jakschies (links) erklärt Besuchern das Balver Erfolgsmodell 
Gesundheitscampus-Geschäftsführer Ingo Jakschies (links) erklärt Besuchern das Balver Erfolgsmodell  © Marcus Bottin

Silke Neumann-Rosenkranz ist Geschäftsführerin von IC Home Hemer, die die Pflege der Bewohner in dieser Wohngruppe auf dem Campus sicherstellt. Sie sagt: „Was wir unseren Bewohnern ermöglichen können, das machen wir auch.“ So viel Selbstbestimmtheit und Normalität wie möglich. Der große Gemeinschaftsraum bildet die Mitte der Einrichtung. Wer mag, kann in der Küche direkt daneben auch selber den Kochlöffel schwingen oder nach Wunsch das TV-Programm auswählen. Die Zimmer der Bewohner sind groß und verfügen alle über eine eigene Nasszelle. Wichtig, so betont Silke Neumann-Rosenkranz, sei auch Teilhabe der Menschen im Wachkoma. „Sie sollen am aktiven Leben, ihren Ressourcen entsprechend, teilnehmen. Sie hören oder riechen, nehmen ganz sensibel Schwingungen war.“

Gefeiert werden in der Wohngruppe die Feste im Jahr, wie sie fallen: Weihnachten, Ostern, Geburtstage. Mit einer Altenpflegeeinrichtung, das möchte Silke Neumann-Rosenkranz betonen, ist die Wohngruppe nicht zu vergleichen. „Dort gibt es festere Abläufe als bei uns.“ Sie ergänzt: „Jeder Bewohner hat seinen eigenen Tagesablauf. Wer bei uns bis zwölf Uhr mittags schlafen möchte, soll das auch gerne tun.“

Ein Überblick über die Einrichtungen im Campus
Ein Überblick über die Einrichtungen im Campus © Jürgen Overkott

Ebenfalls wichtig ist der Kontakt zu den Angehörigen. „Sie haben oft einen langen Leidensweg hinter sich. Vor einem Einzug in unsere Wohngruppe steht für die Patienten oft ein langer Krankenhausaufenthalt“, sagt Silke Neumann-Rosenkranz. „Deshalb bekommt auch die Familie des Bewohners von uns Unterstützung und ein offenes Ohr.“ Ein Auszug aus der Intensivpflege-Wohngruppe, etwa nach Hause in eine Eins-zu-eins-Pflege und Betreuung, ist gar nicht so selten. Auch können Menschen aus einem Wachkoma wieder aufwachen. Entscheidend dabei für die beatmeten Bewohner ist das sogenannte Weaning-Potenzial, also die Möglichkeit, die Menschen von den Beatmungsgeräten entwöhnen zu können.

Die Bewohner auf dem Campus kommen aus einem Umkreis von ungefähr 50 Kilometern, wobei zunächst immer die Nähe zu den Angehörigen gesucht wird. IC Home Hemer betreibt an mehreren Standorten in Deutschland Wohngruppen mit Intensivpflege. Unter anderem seit sieben Jahren in Hemer in einem neugebauten Haus. „Wir gestalten die Räumlichkeiten so, wie sie uns am Herzen liegen und wie die Bedürfnisse unser Bewohner es nötig machen“, sagt Silke Neumann-Rosenkranz, die sich viele Jahre mit genau diesen Anforderungen der Intensivpflege beschäftigt.

Früher Balves Krankenhaus, jetzt der Gesundheitscampus Sauerland
Früher Balves Krankenhaus, jetzt der Gesundheitscampus Sauerland © Marcus Bottin

Auf dem Campus ist man fast von Beginn an dabei. Das Haus war hier schon gegeben, aber auch hier konnte IC Home viel gestalten. Silke Neumann-Rosenkranz lobt die Zusammenarbeit mit der Campusleitung. „Die Nähe zu den anderen Berufsgruppen hier auf dem Campus schafft Synergieeffekte.“ Menschen mit Intensivpflege benötigen ein gutes Netzwerk aus Logopäden, Ergotherapeuten, Physiotherapeuten, Ärzten. Wobei dieses Netzwerk nicht nur durch räumliche Nähe gekennzeichnet sein muss.

Enge Zusammenarbeit

Eng ist hier in Balve auch die Zusammenarbeit mit dem Rettungsdienst des Märkischen Kreises. Die Bewohner brauchen Pflegekräfte, die nicht nur kompetent in ihrem Beruf sind. Silke Neumann-Rosenkranz über den Spagat, der eigentlich jeden betrifft, der in irgendeiner Form mit schutzbedürftigen Menschen arbeitet, ob im Kindergarten, Altenheim oder Krankenhaus: „Man gibt ganz viel Liebe und Nähe, muss aber auch die Distanz wahren um sich selbst zu schützen. Viel Freude und Professionalität ist erforderlich, um diesen Menschen das zu geben, was sie benötigen.