Arnsberg/Ense. . Ein bestialischer Mord: Ein 63-Jähriger hat im April seine Frau im Schlaf erschlagen. Vor Gericht gab er an, finanzielle Probleme hätten ihn zu der Tat getrieben. Nun muss der Mann lebenslang ins Gefängnis. Bei seinem Schlusswort versagte ihm vor Gericht die Stimme.
Der Mann auf der Anklagebank hatte den Prozess vor dem Arnsberger Landgericht äußerlich ruhig verfolgt. Als Willi Erdmann, Vorsitzender der 2. Großen Strafkammer, ihm nach den Plädoyers das Schlusswort erteilt, übermannt es den 63-Jährigen. Die Tränen schießen aus seinen Augen, seine Stimme versagt.
Der Enser, der seine Ehefrau im April mit einem Vorschlaghammer erschlagen hat, greift zu einem Kugelschreiber, schreibt etwas auf einen Zettel und schiebt diesen zu seiner Verteidigerin. Iris Grohmann liest vor: „Sie fehlt mir.“ Für den Mord an seiner Ehefrau ist er am Donnerstag zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Steuerschulden über 59000 Euro
„Es war der Fehler Ihres Lebens – mit Folgen, die weit über Sie hinausgehen.“ Während der Urteilsbegründung spricht Richter Erdmann den Angeklagten direkt an, erklärt ihm, warum die aus Sicht der Kammer heimtückische und vorsätzliche Tat kurz vor dem Osterfest eben kein – wie von der Verteidigung angeführt – „Ausnahmefall“ war, der eine lebenslängliche Freiheitsstrafe verhindert hätte.
Als der 63-Jährige in den späten Abendstunden des 16. April zunächst das Carport des Einfamilienhauses aufsuchte, einen 4,5 bis 5 Kilogramm schweren Vorschlaghammer hervorholte, die Treppe hinauf zum gemeinsamen Schlafzimmer ging und dann seiner im Bett liegenden wehr- und arglosen Ehefrau seitwärts mit voller Kraft drei Hammer-Schläge verpasste, habe er genau gewusst, was er tat. „In diesem Moment hat er eine feindselige Grundeinstellung gegenüber seiner Ehefrau gezeigt“, sagt Erdmann. Er habe über das Leben eines anderen Menschen entschieden, indem er es beendete. „Das kann ein Rechtsstaat nicht akzeptieren.“
Die Sachlage stellte sich aus Sicht des Gerichts so dar: Der gelernte Sozialarbeiter hatte mindestens in den vergangenen acht bis zehn Jahren Steuerschulden in Höhe von 59 000 Euro angehäuft – weitgehend ohne Wissen der Ehefrau. Als ihn vor zwei Jahren eine Steuerlast von 13 000 Euro drückte, drohte die Ehefrau nach Angaben des Angeklagten mit einem Selbstmord. Der 63-Jährige bemühte sich seinerzeit um eine Lösung für die finanziellen Schwierigkeiten.
Gespräch über Zukunftspläne
Als die Frau am Abend des 16. April von den gemeinsamen Zukunftsplänen in ihrem baldigen Ruhestand erzählt, sieht der Enser angesichts des für den kommenden Tag angekündigten Besuchs eines Gerichtsvollziehers und einer drohenden Lohnpfändung bei seiner Frau unter anderem die anvisierten Reisen in weite Ferne gerückt. Und er befürchtet, dass sich seine Partnerin in dieser schwierigen Situation etwas antut. Nach Darstellung seiner Verteidigerin entschließt er sich, seiner Frau die Offenbarung seiner finanziellen Probleme und das Leid über die kaum umzusetzenden Zukunftspläne zu ersparen und erschlägt sie.
Die Kammer kann diese Denkweise nicht nachvollziehen. Es hätte Möglichkeiten für eine gemeinsame Lösung der Probleme gegeben, sagt Richter Erdmann. „Es ist nicht zu verstehen, dass der Angeklagte in unserer kreditfinanzierten Welt keinen Weg in die Zukunft gesehen hat.“ Staatsanwalt Marco Karlin spricht in seinem Plädoyer von einem „absoluten Einzelfall“ im Leben des 63-Jährigen, der zuvor nie durch Gewalttätigkeiten aufgefallen war. Das könne ihn aber nicht vor einer Verurteilung wegen Mordes bewahren.
Der Enser erklärte während des Prozesses, dass er die volle Verantwortung für den Tod seiner Frau übernimmt. Er hat Schuld auf sich geladen – das hat Willi Erdmann klar gestellt. Ein Gericht dürfe bei seinen Überlegungen für eine Verurteilung wegen Mordes nicht nur den Täter einbeziehen, der einmal in seinem Leben einen schweren Fehler gemacht hat. „Wir müssen auch an das Opfer denken. Das Opfer, das gerne noch heute das Leben genießen würde.“