Sundern. Mit 130.000 Setzlingen und neuen Aufforstungsstrategien möchte Sunderns Förster Holger Dreeskornfeld den Stadtwald für die Zukunft rüsten.
„Rund 20 Prozent der städtischen Waldfläche wurde durch massiven Borkenkäferbefall zerstört“, erklärt Holger Dreeskornfeld, Förster der Stadt Sundern. Der erfahrene Waldhüter hat schon einige Katastrophen - beispielsweise langanhaltende Dürren, Waldbrände, wilde Stürme und extreme Kälteperioden - miterlebt, doch der gefräßige Borkenkäfer hätte ihm fast den letzten Nerv geraubt. „Von 2019 bis 2022 wütete der Holzkäfer regelrecht. Jetzt haben wir ihm die Nahrungsgrundlage entzogen.“
Lebensgrundlage für Mensch und Tier
Der kleine, fiese „Nimmersatt“ sei zwar immer noch da, soll aber nichts mehr zu fressen bekommen. „Alle Bäume, die befallen waren, sind mittlerweile weg.“ Nun heißt es nach vorne schauen. Der Wald ist wichtig, der Wald sichert die Lebensgrundlage für Mensch und Tier. Daher musste schnellstmöglich ein Plan geschmiedet werden und zwar ein guter: „Da zukünftige Klimaverhältnisse und die Anpassung der Baumarten an die entstehenden Bedingungen noch unerforscht sind, wird versucht, über eine Risikostreuung einen Wald zu erzeugen, der längerfristig seine Funktionen erfüllt. Dabei stehen die drei wesentlichen Faktoren wie Wirtschaftlichkeit, Naturschutz und Erholung im Fokus“, erklärt Alicia Sommer, Sprecherin der Stadt Sundern.
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Die Stadt verfolgt dabei mehrere Strategien: Zum einen wurden durch das Projekt „Waldlokal“ über Spendengelder städtische Waldflächen, zum Beispiel in Westenfeld, mit Laubholzkulturen aufgeforstet. Durch Fördergelder konnten geeignete Schadensbereiche in Sundern Flamke mit Eichenbäumen bepflanzt werden. „Zudem muss für verschiedene Baumaßnahmen, die die Stadt durchführt, ein ökologischer Ausgleich geschaffen werden. Der Stadtwald bietet hierfür zumeist Sonderflächen wie Bachtäler oder trockene Bergkuppen an. Auf zirka 40 Hektar erfolgte dort eine Laubholzbepflanzung“, listet Sommer auf.
Dazu kommen noch in anderen Bereichen Anbauten von Buchen, die unter windwurfgeschädigten Fichten und Douglasien heranwachsen sollen. Auch eine natürliche Entwicklung durch sogenannte „Naturverjüngung“ aus Fichten, Birken und Vogelbeeren wird zugelassen. „Naturverjüngung bedeutet, dass sich durch herabfallende oder verstreute Samen ohne weitere Maßnahmen neue Baumpflanzen entwickeln.“
Ein neuer Wald entsteht
Die größte Maßnahme gegen das Waldsterben ist allerdings die Pflanzaktion von 130.000 Bäumen, die vor kurzem von 17 Experten in einem „Abwasch“ erledigt worden ist. Für die Wiederaufforstung habe man sich standortgerecht Baumarten wie Buche, Douglasie, Küstentanne, Lärche, Hemlocktanne, Zeder und Mammutbaum ausgesucht. „Wir wollten dabei nicht nur mit heimischen Arten, sondern auch mit invasiven experimentieren“, so Dreeskornfeld.
„Unterschiedliche Kulturen bieten Pflanzen und Tieren geeigneten Lebensraum. Zudem trägt ein Mischwald zur Erhaltung der Biodiversität bei, reguliert das Klima und fördert die Bodenfruchtbarkeit“, so der Experte. Die 130.000 Setzlinge wurden zumeist in truppweiser Mischung gepflanzt. Ziel sei es gewesen, mindestens sieben verschiedene Baumarten auf eine Fläche zu bekommen. „Innerhalb von sieben Wochen haben 17 Kollegen im sogenannten Klemmpflanzverfahren gearbeitet“, erklärt Dreeskornfeld.
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Das sei eine Knochenarbeit gewesen. „Drei Schritte gehen, mit einem Hohlspaten ein Loch graben, Pflanze einsetzen, zubuddeln und weiter.“ An jede Pflanze kam zudem ein Bambusstab. Dieser schützt sie vor Wildschäden und verhindert zusätzlich, dass der Setzling bei zukünftigen Pflegearbeiten übersehen wird. Ein Tupfer Schafswolle rundet den Wildschutz ab.
Doch bis aus den 130.000 Pflänzchen ein richtiger Wald wird, dauert es bestimmt 60 bis 70 Jahre, meint der Förster. Dennoch lohne sich die Arbeit für die Gesamtpopulation. „Natürlich besteht das Risiko, dass die zarten Bäumchen ebenfalls von Schädlingen befallen werden“, so Dreeskornfeld. Schädlinge gebe es mittlerweile für alle Baumarten, aber auch viele „totgeglaubte Arten“ würden schließlich immer noch existieren. „Man sollte nicht alles so schwarz sehen und die Hoffnung niemals verlieren“, meint der Förster, der täglich positiv gestimmt ans Werk geht.
Gefahr droht den jungen Bäumen beispielsweise vom Rüsselkäfer. „Er steht auf frische Kulturen und Nadelholzstümpfe“, so Dreeskornfeld. Aber auch diesen Schädling wird der Waldhüter auf dem Schirm haben und ihn notfalls mit Gift bekämpfen. „Das geht natürlich nicht überall und sollte nur als letzter Ausweg in Betracht kommen. Wir müssen unsere neuen Bestände jetzt gut im Blick haben.“