Arnsberg. Coach Liane C. Strauß aus Arnsberg nutzt spezielle Hypnosetechniken in ihren Sitzungen. Dabei setzt sie auf Selbsterkenntnis statt Show

Die Klientin sitzt auf einem Stuhl. Durch ihre Brillengläser blickt sie auf die Pendelbewegung einer Taschenuhr. Gleichmäßig schwingt diese immer von rechts nach links. Ein Mann hält die Uhr in der Hand und spricht mit ruhiger, sonorer Stimme: „Du wirst müde, deine Augenlider werden ganz schwer und du möchtest entspannen und einschlafen.“ Der Mann schnippst mit dem Finger und plötzlich fallen der jungen Frau die Augen zu und sie sackt auf dem Stuhl in sich zusammen.

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„So läuft das in der Hypnose, einer Hypnotherapie nicht ab“, sagt Liane C. Strauß. „Das ist ein Klischee, welches meine Arbeit in keiner Weise widerspiegelt“, erklärt die Sozialwissenschaftlerin und heilpraktische Psychotherapeutin. Mit irgendwelchen Gurus und zwielichtigen Gestalten, die per Fingerschnippsen und mysteriösen Praktiken Menschen in Trance versetzen, möchte Strauß nicht verglichen werden.

Vorsicht vor falschen Versprechen

„Viele Menschen sind geprägt durch Filme oder Bücher, in denen ein sogenanntes klassisches Hypnosekonzept vermittelt wird“, betont die Seelsorgerin. In diesem Konzept gebe es ein „oben“. Damit sei der Hypnotiseur oder auch Leader gemeint. Dem gegenüber stehe das „unten“. Damit meine man den Klienten oder die Klientin, der oder die hypnotisiert werde. „Der Hypnotiseur tritt meist sehr charismatisch auf, während Klientin oder Klient, am besten dann auch noch so was Ähnliches wie halbohnmächtig, mit einer gewissen Form von Erlösungssehnsucht nur darauf wartet, geheilt zu werden“, sagt Liane Strauß. In solchen Fällen werde den Menschen immer vorgegaukelt, dass eine Hypnose die schnelle Lösung von Sorgen und Probleme ermögliche.

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Hier stecke nach Ansicht von Strauß noch der Ansatz der alten feudalistischen Gesellschaftsstruktur in den Menschen. Abhängigkeiten und Kontrollausübungen würden noch immer von vielen Menschen geduldet, bisweilen sogar fast herbeigesehnt. Neuzeitliche Hypnosekonzepte verliefen hingegen ganz anders. „Coach und Klient begegnen sich auf Augenhöhe. Ich berate die Menschen, die zu mir kommen, gebe ihnen Tipps zum Bewältigen von Herausforderungen und versuche gemeinsam mit ihnen Themen, die sie beschäftigen, zu bearbeiten“, erklärt die heilpraktische Psychotherapeutin.

Liane C. Strauß ist Sozialwissenschaftlerin und heilpraktische Psychotherapeutin.
Liane C. Strauß ist Sozialwissenschaftlerin und heilpraktische Psychotherapeutin. © Strauß privat | Strauß privat

Sie setze Hypnose begleitend zur Therapie ein – „mit eingeengtem Bewusstseinszustand“, wie Liane Strauß ausdrücklich betont. „Ich erkläre im Gespräch ganz deutlich, was ich jeweils tue. Ich interveniere auch nicht einfach. Vielmehr möchte ich eher den Menschen helfen, das eigene Unterbewusstsein zu aktivieren, zu stärken und zu motivieren.“ Wichtig sei immer, dass die Klienten aus eigenem Antrieb zu ihr kommen, mit der Bereitschaft zu gemeinsamer Zusammenarbeit.

Zugang zu inneren Ressourcen finden

Grundprämisse sei dabei: Alle wesentlichen Kompetenzmuster zur Lösungs- und Zielarbeit, die ein Mensch brauche, habe er nach Ansicht von Liane Strauß längst im Unterbewusstsein gespeichert. Daher gebe es im modernen therapeutischen Hypnosekonzept keine Ratschläge und auch keine ungefragten, nicht mit dem Klienten abgestimmte Interventionen durch den Therapeuten. Eher schaffe der Therapeut ein positives Verständnis-Klima, einen Rahmen für unterstützende Begleitung und Zugang zu den inneren Schätzen und Ressourcen des Klienten.

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Zu dem Klientenkreis von Liane Strauß gehören ganz unterschiedliche Menschen. Diese leiden zum Beispiel unter diversen Süchten, haben Depressionen oder Angststörungen. Teilweise von weit her kommen die Menschen zu ihr in ihre Praxis nach Arnsberg. Zuvor hat Strauß mehr als ein Jahrzehnt in Dortmund und Hagen praktiziert und die sogenannte „Bewusste Auszeit“ angeboten. Hierbei handelt es sich um ein Intensivcoaching für Betroffene. „Oft haben nur wenige Stunden genügt, um die Ziele zu erreichen, die sich der Klient selbst gesetzt hat“, sagt Liane C. Strauß. Daneben hat die Sozialwissenschaftlerin diverse Selbsthilfegruppen und Gesprächskreise gegründet und geleitet. Ehrenamtlich tätig war sie bei der Selbsthilfeorganisation KISS in Lüdenscheid sowie der Diakonie in Hagen, sowie immer noch beim „Café Aufbruch, Anders besser leben“ in Dortmund.

Wenn jemand mit einer Sucht zu mir kommt, versuche ich mit der Person anderen Wege zu finden, diese Süchte zu kanalisieren. Man ist nicht für immer geheilt. Das muss man sich bewusst machen.
Liane C. Strauß, heilpraktische Psychotherapeutin

Ihren Umzug nach Arnsberg begründet sie damit, dass sie näher „ins Grüne“ wollte. „Ich habe den Vorteil, dass ich auch hier von zu Hause aus arbeiten kann“, sagt die heilpraktische Psychotherapeutin. Ihre Praxis betreibt sie nun in Arnsberg nur noch sporadisch. Und zwar mit Klienten, welche oft von sehr weit her kommen. Meine Arbeit funktioniert auch sehr gut über Telefonate und Videokonferenzen.

Die Situation mit Demut angehen

Mit viel Demut und Respekt geht sie an das Coaching ihrer Klientinnen und Klienten. „Wenn jemand mit einer Sucht zu mir kommt, versuche ich mit der Person andere Wege zu finden, diese Süchte zu kanalisieren. Man ist nicht für immer geheilt. Das muss man sich bewusst machen. Es geht vielmehr darum, diese Süchte zu kontrollieren und gesunde Alternativen zu ermöglichen. Gleichzeitig ergründen wir, woher die Auslöser für diese Süchte kommen. Denn man muss sich bewusst machen, dass beispielsweise Alkoholsucht oder Spielsucht ganze Familien und Existenzen zerstören können“, mahnt Strauß.

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Hypnose sei bei der Therapie nur ein Ansatz von vielen. Dasselbe gelte bei Depressionen. Hier unterscheidet sie zwischen neurotischen, endogenen und exogenen Depressionen. Bei der neurotischen Depression handele es sich um eine psychosozial bedingte Gesundheitsstörung, die in der Regel veränderbar sei durch Therapie und Coaching. Bei endogenen Erkrankungen, wo die Depression von innen „aus sich selbst heraus“, entsteht, wird Therapie eher kooperativ mit ärztlich medizinischer Versorgung durchgeführt. Während die exogene Depression durch äußere, organisch bedingte, Einflüsse entstehe. Auslöser können zum Beispiel körperliche, chronische, schwere Erkrankungen sein. „Das Feld ist sehr komplex und muss mit äußerster Vorsicht behandelt werden. Da passt eine Showhypnose, wie ganz am Anfang beschrieben, ganz sicherlich nicht rein.“

Und auch bei ihrer Arbeit gebe es Grenzen. „Bei Menschen, die unter der Borderline-Erkrankung leiden, liegt ein sehr komplexes Krankheitsbild vor. Um hier Hypnotherapie erfolgreich anwenden zu können, bräuchte es zunächst eine noch stärkere vertrauensvolle Vorbereitung“, so die Beraterin.