Arnsberg. Die Gestaltung des Schlossberges ist ein kontroverses Thema- und war es auch schon vor über 100 Jahren. Hintergründe zum „Kaiser-Wilhelm-Turm“

Die Gestaltung des Arnsberger Schlossbergs wird aktuell kontrovers diskutiert. Passend zu seinem romantischen Ambiente liegt dieser nämlich seit Jahren in seinem eigenen Dornröschenschlaf, ohne dass sich eine neue Nutzungsmöglichkeit für ihn findet. Die Fragestellung ist allerdings nicht so neu, wie die aktuelle Diskussion sie wirken lässt: Zum Ende des 19. Jahrhunderts entfachte in den Herzen der Arnsbergern bereits ihre patriotische Absicht, der Schlossruine alten Glanz zu verleihen. Verschiedene Entwürfe des geplanten „Kaiser-Wilhelm-Turms“ sind dabei letztendlich doch nicht umgesetzt worden. Wieso aber sind sie gescheitert, von wem stammen sie und mit welcher Intention wurden sie entworfen? Torsten Kapteiner und sein Arnsberger Heimatbund, dessen erster Vorsitzender er ist, können nach einer Zusendung hilfreicher Informationen von Jürgen Funke mehr Auskunft darüber geben.

Die Entwürfe

Im Jahr 1916, vor 107 Jahren, sollte der auf dem Arnsberger Schlossberg geplante Kaiser-Wilhelm-Turm fertiggestellt und feierlich eröffnet werden. Anlass sollte das 100-jährige Jubiläum der Vereinigung des Herzogtums Westfalen mit Preußen sein. Doch es kam anders: Der Erste Weltkrieg machte allen Planungen einen Strich durch die Rechnung. Das Geld, das ein westfälisches Komitee bis 1914 bereits gesammelt hatte - immerhin rund 30.000 Deutsche Mark - konnte für das eigentliche Vorhaben nicht mehr genutzt werden. Es wurde vermutlich im Krieg dem Staat für Rüstungszwecke zur Verfügung gestellt. Ohne diesen hätte es vielleicht doch noch geklappt mit dem Denkmalprojekt auf dem Arnsberger Aussichtsberg, denn lange Zeit hatten sich Arnsbergs Politiker und Bürger mit dem Thema befasst.

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Die ersten Überlegungen und Pläne resultierten aus den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts. Sie waren mit unterschiedlicher Intensität kontrovers diskutiert worden, in Vergessenheit geraten und schließlich wieder aktualisiert worden. Ursprünglich war ein mächtiger, romanischer Turm anvisiert worden, der mit seiner Höhe von 45 Metern und seiner Form an den Belfried des mittelalterlichen Schlosses erinnern sollte.

Die Anfänge lagen hierbei im Dreikaiserjahr 1888. Nach dem Tod von Kaiser Wilhelm I. reifte in der gesamten Provinz Westfalen in politischen Kreisen der Wunsch, den verstorbenen Monarchen durch ein Denkmal zu ehren und somit die noch junge Nationalstaatsidee zu fördern. Als mögliche Standorte für ein solches Bauprojekt wurden neben Arnsberg auch verschiedene andere Orte in der Provinz Westfalen, darunter die Porta Westfalica bei Minden, genannt. Dort hatten Politiker und begeisterte Bürgerinnen und Bürger schließlich mehr Glück mit der Realisierung.

Porta statt Arnsberg

Am 15. März 1889 entschied der Landtag sich nämlich für eine Errichtung des Kaiser-Wilhelm-Denkmals in Porta Westfalica, da die dortige Lage an der Grenze zur Provinz Hannover einen größeren Stellenwert ausstrahlte: Das Denkmal sollte nicht nur für Westfalen, sondern den gesamten norddeutschen Raum stehen.

In den folgenden Jahren gab es zwar noch die verschiedensten Bemühungen in Arnsberg, auch hier ein Denkmal zu errichten, allerdings gestaltete sich dies ohne die finanzielle Unterstützung des Landtages als deutlich schwieriger. Unter anderem waren die vom Architekten Engelbert Seibertz geförderten Ideen Turmes mit Kupferkrone, einer überdimensionalen Kaiser-Wilhelm-Figur und sogar die Wiederherstellung des mittelalterlichen Schlosses im Spiel.

Gescheitert ist die Umsetzung der Projekte schließlich aber nicht an der Frage der Finanzierung, die jahrelang Probleme gemacht hatte, sondern am Ausbruch des ersten Weltkrieges und der damit einhergehenden Priorisierung von Rüstungsfragen.

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Nach der Novemberrevolution und dem daraus resultierendem Ende der Hohenzollernmonarchie im Jahr 1918 war ein Kaiser-Wilhelm-Turm selbstverständlich vom Tisch, sodass es auch zu keiner Neuauflage der alten Entwürfe kam. Retrospektiv sprach der damals ebenfalls an verschiedenen Konzepten zur Umnutzung des Schlossbergs beteiligte Arnsberger Stadthistoriker Professor Karl Féaux de Lacroix deswegen auch davon, glücklich zu sein „dass aus der Sache nichts geworden ist“.

Die aktuelle Bedeutung

Auch im Jahr 2023 stehen Pläne für ein monarchisches Denkmal natürlich nicht mehr im Raum, dennoch sind diese alles andere als irrelevant für die Arnsberger, meint Torsten Kapteiner: „Das ist eine super interessante Geschichte, gerade im aktuellen Kontext, in dem wieder über verschiedene Gestaltungen des Schlossbergs gesprochen wird!“.

Dass auf den Aufruf, dem Heimatbund Informationen zu den historischen Plänen zukommen zu lassen, sich mit Jürgen Funke nur ein einziger Arnsberger finden konnte, zeigt: „Wie schnell die Generationen ihre eigene Geschichte vergessen können und wie wichtig es ist, diese zu bewahren“, so Torsten Kapteiner weiter. Dementsprechend plant der Heimatbund, in der übernächsten Auflage der Heimatblätter die Informationen zum Schlossberg zu berücksichtigen. Jürgen Funke hatte seine Informationen für das Jahrbuch des Hochsauerlandkreises aus dem Jahr 1996 sorgfältig recherchiert und dort auch veröffentlicht.