Arnsberg. Raphael Röhrig, Leiter des JBZ Arnsberg, zieht es in die Ferne. Warum er Kickertisch gegen Reiserucksack tauscht und wer die Nachfolge antritt.

„Seitdem hat mich das Reisefieber gepackt“, sagt Raphael Röhrig. Er spricht von seiner Studienzeit - und seinem Start als pädagogischer Mitarbeiter im Jugendbegegnungszentrum Liebfrauen. Denn nun, nach zehneinhalb Jahren zieht es ihn erneut in die Ferne. „Damals war ich drei Wochen in Ostafrika unterwegs - diesmal sind es sechs Monate in asiatischen Ländern.“

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Damals, während seiner Studienzeit, habe er ein Praktikum im JBZ absolviert. So lernte er es kennen. Er sei dann von dem damaligen Leiter Peter Radischewski angesprochen worden, ob er nach seinem Studium nicht dort arbeiten wolle. Er sagte zu, denn das Team sei einfach einmalig gewesen. 2018 übernahm er dann die Leitung des Jugendzentrums. „Ich habe es nie bereut, soziale Arbeit studiert zu haben“, sagt er, „ich kann das nur weiterempfehlen.“ Dennoch wünschte er sich mehr. Und so absolvierte er, während seiner Tätigkeit als Leiter des JBZ, noch sein Masterstudium Soziale Arbeit als Menschenrechtsprofession. „Das war eine stressige Zeit - aber es war mir wichtig.“

Im Inneren hegte er jedoch immer den Wunsch, auch noch mal länger zu verreisen. Nach dem abgeschlossenen Master kann er nun ruhigen Gewissens gehen, meint er. „Ich wollte das JBZ nicht einfach so verlassen“, sagt er, „ohne ein gutes Gefühl dabei zu haben. Denn die Einrichtung liegt mir schon sehr am Herzen.“

Mit Hanna Radischewski, Tochter seines Vorgängers Peter Radischewski, als Nachfolge für die Leitung des JBZ, fühlt er sich nun in der Lage, sich seinen langjährigen Traum zu erfüllen.

Arnsberger mit Rucksack durch Asien

Sein Plan: kein Plan. Denn bis auf die grobe Reiseroute hat er sich noch nicht darauf festgelegt, wohin es ihn verschlägt und wie er an den jeweiligen Orten übernachten möchte. Aber er weiß, was er nicht möchte. „Ich möchte nicht im privilegierten 1. Klasse-Abteil sitzen, sondern inmitten der Menschen, inmitten der Kultur“, so der 34-Jährige. Er wolle die Menschen kennenlernen, die Kultur und auch die Lebenssituation. All seine Eindrücke und Erfahrungen wolle er dann auch aufschreiben - und teils sogar veröffentlichen. „Ich werde mir einen separaten Instagram-Account anlegen“, sagt er, „und vielleicht auch noch einen Blog.“ Er sehe diese Reise ein wenig auch als Selbsttest an. „Ich reise komplett alleine - auch da bin ich gespannt, wie herausfordernd das für mich wird.“

Denn schließlich gebe es dann niemanden neben ihm, mit dem er sich austauschen könne. Vielleicht stelle er nach ein paar Wochen fest, dass ihm alles fehle und er am liebsten wieder nach Hause wolle. Seine Reise sieht er daher auch ein wenig als Selbsterfahrungsgeschichte. Seine Tour wird ihn von Thailand nach Laos führen, von Vietnam nach Kambodscha. Und auch Indonesien, Singapur sowie weitere Länder stehen auf seinem Wunschzettel.

Menschen, Kulturen und Lebensweisen kennenlernen

Er möchte die Menschen kennenlernen, die Kultur, die Lebensweisen - und auch die Lebensbedingungen verstehen. Aus ökologischen Gründen -insbesondere, weil er bereits zwei lange Flüge (Hin und Zurück) einplanen müsse- wolle er mit Bussen oder Zügen reisen, auch um von der Landschaft etwas zu sehen. „Langsam reisen“, wie er es nennt. Daher habe er keine Unterkünfte gebucht - wisse im Grunde gar nicht, wie schnell oder langsam er voran käme. Ihm bliebe nur die grobe „Sicherheit“ der Länder auf dem Zettelchen. Und eine weitere Sicherheit sei ihm gewiss: Er wird seine Wäsche waschen können. „Ich habe schon so eine Reisewaschmaschine geschenkt bekommen“, schmunzelt er, „da kommt dann die Wäsche, Wasser und etwas Waschpulver rein. Bin gespannt, wie es funktioniert.“ Gut durchdacht. Denn er wird nur einen Rucksack mitnehmen. Und danach? - Das weiß er noch nicht.

Allerdings möchte er sich auch hierüber erst auf seiner Tour Gedanken machen. „Ich möchte gerne etwas verändern“, sagt Raphael Röhrig, „auch gesellschaftlich oder politisch gesehen.“ In welchem Bereich der sozialen Arbeit weiß er noch nicht. „Sicherlich wäre es interessant, für die Rechte von Kindern und Jugendlichen einzutreten - Partizipation zum Beispiel.“

JBZ Arnsberg in guten Händen

Es gebe so viele Bereiche in der Sozialen Arbeit, dass er sich da aktuell noch nicht entscheiden könne. Aber darüber möchte er in seiner 6-monatigen Auszeit nachdenken. Andersherum aber auch die letzten zehn Jahre reflektieren. „Ist es wichtig für mich, einen Job zu haben, in dem ich viel Geld verdiene? Oder geht es mir eher darum, etwas zu machen, wo mein Herz dran hängt? Ähnlich wie jetzt im JBZ?“

Das sind Fragen, die Raphael Röhrig sich in dieser vor ihm liegenden spannenden Zeit stellen möchte. Er freut sich jedenfalls - und schon Ende Oktober soll es losgehen. „Bis dahin habe ich dann auch alles mit der Krankenversicherung und den Impfungen geklärt.“

Die Auszeit täte ihm auch ohne großangelegte Asientour gut. Denn „die letzten Jahre waren schon stressig.“ Masterstudium, Leiterposition im JBZ, Corona.

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Doch nicht nur Raphael Röhrig steckt in den Startlöchern und tritt am Samstag seinen letzten Arbeitstag im JBZ Arnsberg an. Auch Hanna Radischewski ist bereit - bereit für ihren neuen Posten als Leiterin des Jugendbegegnungszentrums.

Sie kennt das JBZ wie ihre eigene Hosentasche - wuchs dort im Grunde auf. Schon mit fünf Jahren zeigte sie ihre akrobatischen Künste im Kinder- und Jugendzirkus Fantastello, übernahm später auch das Training der jüngeren Generationen. Aktuell bereitet sie sich auf ihre neue Aufgaben vor - auch wenn sie diese sicherlich schon aus dem Leben ihres Vaters kennt.