Hüsten. Wer „Zoll“ hört, denkt an Schmuggel und Schwarzarbeit. Beim Zollamt Arnsberg jedoch geht es vorwiegend um Lkw-Ladungen, Steuern und Postpakete.

Die Frachtpapiere stecken lässig in seiner Hosentasche. Mit Schwung steigt er auf die Kante der bis zum Rand gefüllten Ladefläche. Jeder Griff sitzt. Es ist nicht das erste Mal, dass Tobias Rittgerott am Lkw hängt. Das Ziel des Abfertigungsbeamten des Zolls: Die Kontrolle der Ladung. Stichprobenartig überprüft er die Kartons auf ihren Inhalt. „Wir überprüfen, ob sich die angemeldeten Waren darin befinden“, erklärt der Leiter des Zollamts Arnsberg Stefan Probst später, „und ob ggf. andere Gegenstände dazwischen sind.“

Lesen Sie auch <<<Arnsberg-Voßwinkel: Ein Rundgang im Bauch des Walfisches>>>

Stefan Probst war vor seiner Zeit als Leiter des Zollamts elf Jahre bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit. „Wenn man sich örtlich verändert, dann kann man beim Zoll seinen Traumberuf finden“, sagt er, „ich komme eigentlich aus dem Saarland.“ Nun bestehe sein Job aus 90 Prozent PC-Arbeit, beschreibt er selbst. Dafür jedoch in geregelten Arbeitszeiten und entspannter Atmosphäre in einem einmaligen Team.

Die Ausstellung in den Räumlichkeiten des Zollamts Arnsberg zeigt den Wandel der Arbeitsutensilien in den letzten 100 Jahren.
Die Ausstellung in den Räumlichkeiten des Zollamts Arnsberg zeigt den Wandel der Arbeitsutensilien in den letzten 100 Jahren. © WP | Thora Meißner

Auch Tobias Rittgerott schätzt das sehr. „Ich habe acht Jahre lang im Schichtdienst gearbeitet“, sagt er. Ebenfalls bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Jetzt arbeite er von 7 bis 16 Uhr und könne Beruf und Familie viel besser miteinander vereinbaren. „Der Zoll hat eigentlich immer die richtige Position parat.“

Beim Zollamt Arnsberg zählt der Servicegedanke

Zurück zum Lkw, dessen Fahrer immer noch auf sein „Go“ wartet. Mit der Ladung ist augenscheinlich alles in Ordnung. „Unsere Firmen sind wirklich zuverlässig“, sagt Stefan Probst, „zu 99 Prozent ist alles gut.“ Aber: Die Ausfuhranmeldung wurde nicht vorab digital getätigt. Der Lkw-Fahrer hat das Nachsehen. Er muss warten. Solange, bis Tobias Rittgerott die Dokumente und Regularien überprüft und seinen Stempel auf die Ausfuhrpapiere gedrückt hat. Etwa zwei Stunden dauert das gesamte Prozedere. Dann rollt der Lkw los.

455.829 Warenpositionen für die Ausfuhr

Das Zollamt Arnsberg ist für eine Fläche von rund 1.950 km² und 330.000 Einwohner zuständig. Im Umkreis gibt es hauptsächlich kleinere und mittelständische Unternehmen.

Die Aufgaben des Binnenzollamtes beinhalten die Ein- und Ausfuhr von Waren sowie die Paketabfertigung. Außerdem gibt es in Arnsberg eine gesonderte Kraftfahrzeugsteuerstelle. Im Jahr 2022 wurden beim Zollamt insgesamt 21.750 Warenpositionen für die Einfuhr, 455.829 für die Ausfuhr abgefertigt sowie 7.730 Versandverfahren bearbeitet.

Die Einnahmen aus Zöllen und der Einfuhrumsatzsteuer (EUST) beliefen sich im Jahr 2022 auf knapp 60 Millionen Euro. Informationen zu Ausbildungsmöglichkeiten beim Zoll unter www.zoll-karriere.de

Im Normalfall hat das Unternehmen, das die Waren rausschickt oder aber empfängt, bereits vorab digital eine Einfuhr- bzw. Ausfuhranmeldung getätigt. Dann werden alle Regularien schon vorher überprüft und bei Ankunft des Fahrers samt Ladung muss nur noch kontrolliert werden, ob die tatsächliche Ladung mit der angemeldeten Ware übereinstimmt oder nicht.

Mit diesem kuriosen „Ding“ wurden früher die Knoten eines Teppichs gezählt, um die Verzollung herauszurechnen. Der „Knotenzähler“ ist Teil der Ausstellung.
Mit diesem kuriosen „Ding“ wurden früher die Knoten eines Teppichs gezählt, um die Verzollung herauszurechnen. Der „Knotenzähler“ ist Teil der Ausstellung. © Thora Meißner

Die Kommunikation mit den Fahrerinnen und Fahrern sei nicht immer ganz einfach, erklärt Tobias Rittgerott, oftmals müsse auch eine Übersetzungsapp herhalten. „Die Fahrer sind das letzte Glied der Kette“, so sagt er, „manchmal wissen sie nicht einmal, was sie geladen haben oder welche Papiere sie in der Hand halten.“ Es sei der Servicegedanke, der dann zähle, ergänzt Stefan Probst. „Wenn wir den nicht hätten, würden sich die Lkw vor unserem Zollamt stapeln.“ Das Zollamt Arnsberg telefoniert dann auch gerne mal mit den Firmen.

Anekdoten aus dem Zollamt Arnsberg: Die Dame, die mit dem Cent-Beutel kam

Dieser Servicegedanke zählt auch gegenüber Privatpersonen, die dann und wann mal das Zollamt Arnsberg betreten müssen. „Hier ist uns die Privatsphäre sehr wichtig“, sagt Stefan Probst, „und auch der respektvolle Umgang mit den Menschen.“ Auch, wenn private Pakete aus dem Ausland eher einen geringeren Teil des täglichen Alltags ausmachen, gestalten sich diese nicht weniger interessant.

Das Unangenehmste, was Stefan Probst hier einmal erlebt habe, sei ein Geweih mit Fleisch gewesen. „Ein höllischer Geruch“, so der Dienststellenleiter. Auch Schnecken fand er einmal in einem Paket. „Die waren vier Wochen unterwegs. Das haben sie nicht überlebt.“

Früher wurde auch noch selbst herauskristallisiert, wie viel Alkohol im Branntwein steckte. Heute erfolgt dies automatisiert.
Früher wurde auch noch selbst herauskristallisiert, wie viel Alkohol im Branntwein steckte. Heute erfolgt dies automatisiert. © Thora Meißner

Auch Tobias Rittgerott musste schon das ein oder andere Mal schlucken. So, als er beispielsweise gemeinsam mit dem Empfänger ein Paket öffnete. „Als ich den Karton öffnete, lag da plötzlich ein Baby“, erzählt er. Im ersten Moment ein Schock. „Aber es war eine Therapiepuppe - sah verdammt echt aus.“ Kurios sei auch ein Silikonfuß gewesen, den er plötzlich in der Hand hielt. „Der Empfänger kommentierte das nur mit: Ich mag einfach Silikonfüße.“

Manche Erlebnisse stimmen die Beamten auch nachdenklich. Beispielsweise sei da mal eine Dame gewesen, die Puppen gesammelt habe. Wertvolle Puppen, richtig teure. „Die Dame erzählte auch, dass sie gar kein Geld habe, um den Zoll zu begleichen“, erzählt Stefan Probst, „sie kam dann mit einem Beutel voller Kleingeld.“ Vermutlich sei das ihr hart erspartes Kleingeld gewesen.

Und dennoch: Manchmal muss das Zollamt Arnsberg hart durchgreifen

Es sei daher auch sehr wichtig, trotz der einzuhaltenden Gesetze menschlich zu bleiben. Und dennoch: Manchmal müssen die Beamten auch hart durchgreifen. Denn nicht alles, was in den Paketen und Päckchen ankommt, ist legal.

Stefan Probst zeigt die beschlagnahmten Gegenstände der letzten Zeit und erklärt, warum diese nicht an den Empfänger bzw. die Empfängerin herausgegeben werden konnte.
Stefan Probst zeigt die beschlagnahmten Gegenstände der letzten Zeit und erklärt, warum diese nicht an den Empfänger bzw. die Empfängerin herausgegeben werden konnte. © Thora Meißner

Inzwischen haben Tobias Rittgerott und ein Kollege all die vermeintlich kleinen Gegenstände auf dem Tisch positioniert, die das Zollamt in der letzten Zeit eingezogen hat. „Die Dinge werden dann fachgerecht zerstört und entsorgt“, so Stefan Probst. Zwecks Überprüfung und Entsorgung sei das Zollamt gut mit weiteren Akteuren, wie Apothekern und Apothekerinnen, Veterinäramt und Co. vernetzt.

Shisha-Tabak, gefälschte Viagra-Tabletten, Medikamente im Allgemeinen, eine Waffe (ein Jäger-Faustmesser), Spiel-Bausteinchen und Turnschuhe, Nahrungsergänzungsmittel – harmlos erscheinende Gegenstände (bis auf die Waffe). Aber: verboten. Denn handelt es sich beispielsweise um ausländische Nahrungsmittelergänzungsmittel, die hier als Arzneimittel gelten, dürfen sie nicht eingeführt werden.

Tobias Rittgerott zeigt die Bausteinchen, die aufgrund der Lego-Markenschutzes einbehalten wurden. Die Tüte mit den nachgeahmten Lego-Steinchen kommt aus China.
Tobias Rittgerott zeigt die Bausteinchen, die aufgrund der Lego-Markenschutzes einbehalten wurden. Die Tüte mit den nachgeahmten Lego-Steinchen kommt aus China. © Thora Meißner

Die Turnschuhe stellten ein Plagiat dar, erklärt Stefan Probst. Oft sei ein Original-Produkt schon daran erkennbar, dass die Hersteller es ausschließlich in Originalkartons verschickten. „Diese Schuhe kamen in einer Plastiktüte aus China“, sagt er, „wenn man diese öffnet, riecht man die Chemie förmlich.“Und auch die kleinen Bausteinchen, die Lego ähnlichsehen, sind verboten. „Hier hat Lego ein Markenschutz“. Nicht auf die Steinchen selbst, sondern auf die Spielfiguren. So ginge es hier nicht darum, dass das Spielzeug ggf. Giftstoffe beinhalte, sondern rein um einen rechtlichen Schutz.

Ein Blick ins Impressum lohnt immer

Manchmal täten den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Zolls die Menschen auch ein wenig leid, die ebensolche Dinge aus Unwissenheit im Internet bestellten. Sie selbst seien durch diese Erfahrungen im Zollamt vorsichtiger geworden. Würden dubios erscheinende Webseiten bzw. Shops eher meiden. Viele Menschen flögen aber genau auf diese Masche herein. „Wir merken hier jeden Facebook-Trend“, sagt Stefan Probst, „wenn dort mal wieder vermeintliche Angebote gemacht werden.“

Auch interessant <<<Reportage in Arnsberg: Auf Streife mit der Polizei in Neheim>>>

Andersherum: „Wer es schafft, in China zu bestellen, der schafft es auch, sich vorher kundig zu machen, ob er das darf“, sagt Stefan Probst. Das Wichtigste sei der Blick ins Impressum. Wenn kein Impressum vorhanden ist, dann sollte man lieber die Finger vom Bestellbutton lassen.

Gut formulierte und übersichtlich präsentierte Informationen rund um Situationen, in denen Privatpersonen Infos vom Zoll benötigen, sind im Internet unter https://www.zoll.de/DE/Privatpersonen.