Hüsten. Franz-Josef Kleine hat Hammer und Nägel gegen den Gabelstapler getauscht. Ans Aufhören denkt er noch lange nicht
Während die Sonne bereits in den frühen Morgenstunden ihr strahlendes Gesicht zeigend die gesamte Stadt ordentlich aufwärmt, findet sich im Lager der Firma Hermann Vogt GmbH auf der Hüstener Siegenbittelstraße selbst im Juli noch ein vergleichbar kühler Zufluchtsort. Die große, von riesigen Regalen in einzelne Reihen getrennte Halle ist seit vier Jahren der schattige Arbeitsplatz von Franz-Josef Kleine, der hier als Kommissionierer auf einem Gabelstapler einige der zahlreich gestapelten Paletten mit Dachdeckerbedarf verschiebt und ordnet, Waren annimmt und den Lagerbestand stets im Auge behält.
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Während der 66-Jährige heute also von der Julihitze eher weniger berührt bleibt, war das bis zu seinem 62. Geburtstag noch ganz anders: sage und schreibe 46 Jahre ist Franz-Josef Kleine erst in seiner Ausbildung, dann als Fachgeselle und später zum Vorarbeiter hochgearbeitet für die Hermann Vogt GmbH auf Dächer gestiegen um diese zu decken! Um seinen insgesamt 50-jährigen Dienst zu würdigen, hat Franz-Josef Kleines Arbeitgeber nun eine Ehrung im August geplant.
Wobei das Wort „Arbeitgeber“ alleine dem Verhältnis zwischen dem Handwerker und dem Hüstener Betrieb sicherlich nicht gerecht wird. Einerseits empfinde Franz-Josef Kleine- naheliegenderweise- eine starke „persönliche Verbindung“ zur Firma, in der er das letzte halbe Jahrhundert beinahe täglich ein- und ausgegangen ist.
Alte Schulfreunde
Andererseits aber habe sich diese Beziehung gar nicht erst langfristig über die Jahre hinweg entwickeln müssen, denn: „Hermann und ich sind Schulfreunde und haben auch in unserer Jugend darüber hinaus viel Zeit miteinander verbracht“, erklärt der Dachdecker sein Verhältnis zum Betriebschef Hermann Vogt. Dementsprechend sei tatsächlich auch von Anfang an ein Wechsel des Arbeitsplatzes für Franz-Josef Kleine ausgeschlossen gewesen. Die selten loyale Einstellung hält der Handwerker nun seit seiner Ausbildung aufrecht.
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An diese denkt er gerne zurück. 1973 im zarten Alter von 16 Jahren ist Franz-Josef Kleine das erste Mal für seinen Betrieb aufs Dach gestiegen und ist sich in der Retrospektive sicher: „Ich habe in der Firma alles gemacht, aber mein Favorit war das Decken“. Vor allem die Vielseitigkeit habe den Handwerker angesprochen: „Zuerst montiert man die Dachlatten, dann wird gedämmt und abgedichtet und zuletzt kommt die Eindeckung drauf“.
Nostalgische Rückblicke
Allerdings spielt nicht nur die Arbeit, sondern auch die damalige Zeit als solche eine wichtige Rolle für den nostalgischen Blick in die Vergangenheit. „In den 80ern gab es ja noch keine Handys“, erzählt Hermann Vogt lachend eine Geschichte, die er zusammen mit seinem Dachdeckerkollegen vor einiger Zeit erlebt hat, „da sind wir morgens um sechs auf den Bau, und wenn wir abends um acht noch nicht Zuhause waren, dann kamen unsere Frauen vorbei, um zu gucken, ob wir noch leben“.
Als Höhepunkt vergangener Tage macht Franz-Josef Kleine für sich ein drei-monatiges Projekt auf Sylt aus. Damals standen die Handwerker der Firma für das Autohaus Rosier auf den norddeutschen Dächern. „Da sind wir aus dem kleinen Dorf Hüsten bis an die Nordsee gekommen. Und der Ort ist wirklich beeindruckend!“, denkt der Kommissionierer zurück und auch beim Chef Hermann Vogt werden wieder alte Erinnerungen wach: „Wir haben den Männern angeboten, sie wochenends auf Betriebskosten zurück nach Hause zu holen, aber die wollten alle auf Sylt bleiben“.
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Mittlerweile hat sich der Berufsalltag der beiden Schulfreunde geändert- und mit ihm die Rolle der Männer im Betrieb. Das merke Franz-Josef Kleine vor allem auch an einer Art natürlichen Autorität, die ihm mit seiner Erfahrung entgegengebracht werde: „Wenn ich im Lager was sage, dann hören die Männer auf mich“, erklärt er und Hermann Vogt fügt hinzu: „Deshalb ist Lager quasi Idealposition für Franz-Josef“.
Darüber hinaus schätzt der Betriebschef seinen Freund und treuen Mitarbeiter aber auch außerordentlich als tüchtigen Arbeiter und als Menschen. „Er ist maßgeblich daran beteiligt, wo die Firma heute steht! Außerdem ist Franz-Josef unfassbar verlässlich, setzt sich immer ein auf Arbeit und identifiziert sich auch zu 100 Prozent mit dem Betrieb!“
Und was diese lobenswerten Eigenschaften angeht, ist vorerst kein Ende in Sicht. Zwar sei sein Rentenantrag schon gestellt, erklärt Franz-Josef Kleine, aber: „Ich möchte der Firma trotzdem treu bleiben und hier weiterhin arbeiten. Auch dann, wenn ich Rente beziehe“. Im verringerten Pensum solle die Arbeit für den passionierten Handwerker erst dann enden, „wenn es körperlich gar nicht mehr geht“. Solange bleibt der Hüstener Firma ihr echtes Urgestein erhalten. Und wer weiß, vielleicht macht der Dachdecker ja noch die 60 Jahre voll…