Oeventrop. Nachdem die alte Klinik in Oeventrop von der Bezirksregierung für die Errichtung einer ZUE ins Visier genommen wird, entfachen Diskussionen.

„Was seitens des Landes NRW durch die Bezirksregierung in Oeventrop geplant ist, ist eine sozialpolitische Zumutung für den Ort. Diese Planung wird das soziale Zusammenleben in Oeventrop auf das Ärgste belasten“, beginnt Christoph Schmidt, CDU-Ratsmitglied aus Oeventrop, seine Stellungnahme zu den Plänen, aus der alten Salus-Klinik eine ZUE (Zentrale Unterbringungseinrichtung) für geflüchtete Menschen zu machen.

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Den Ort zeichne ein großer Zusammenhalt aus, was sich im sozialen Zusammenleben in vielen Vereinen widerspiegele. Die Verbundenheit der Ortsbewohnerinnen und Ortsbewohner habe viele Berührungspunkte im Ortsgeschehen – auch innerhalb des Ehrenamts, das er ebenfalls lobt.

Oeventrop zeichne sich ebenso durch eine große ehrenamtliche Hilfsbereitschaft aus. In den Jahren der Flüchtlingskrise ab 2015 hätten sich so viele Menschen ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagiert, wie kaum in einem anderen Ort. Auch zu Beginn des Ukrainekrieges hätten die Helfer unversehens bereitgestanden und unterstützt, wo es nur möglich war. „Doch was nun auf Oeventrop zukommen soll, sprengt alle Dimensionen und Möglichkeiten“, sagt Christoph Schmidt auf Nachfrage dieser Zeitung.

Er weist im Gespräch einerseits darauf hin, dass es sich bei den Bewohnerinnen und Bewohnern, die letztendlich für kurze Zeit in der ZUE leben sollen, nicht um Menschen handelt, die integriert werden; andererseits sieht er Oeventrop aber auch in einer gewissen „sozialen Überforderung“, was den Umgang mit so vielen Menschen angeht. „Die Oeventroper sind nicht integrationsmüde“, sagt er, „aber diese Dimension sprengt alles.“ Zudem sieht er die heutige Situation als eine andere an.

2015 seien es hauptsächlich Kriegsflüchtlinge gewesen, im vergangenen Jahr die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Die Bedürftigkeit habe ich mittlerweile jedoch gewandelt. „Das Sozialsystem lockt viele Menschen an, Deutschland als Zielland zu wählen.“ In seiner Stellungnahme heißt es: „Auch werden es nicht nur die ersehnten Facharbeiter mit ihren Familien sein, die in diese Einrichtung ziehen, es werden auch andere Menschen kommen.“ Man könne nicht pauschal von Not und Elend ausgehen, so das Ratsmitglied, damals habe niemand „nein“ gesagt, aber mittlerweile könne man aus den eigenen Erfahrungen und den Medienberichten lernen.

Enge Wohnbedingungen in der geplanten ZUE

Insbesondere aus Städten, in denen solche ZUE betrieben würden. Die engen Wohnbedingungen in einer ZUE, die unterschiedlichen Herkünfte und Kulturen -der Menschen innerhalb und auch außerhalb der Einrichtung- führten immer wieder zu Spannungen. Und auch die Ungewissheit und der Frust der ZUE-Bewohner bezogen auf Zukunftsängste sorgten zusätzlich für Unmut und Aggressionen, die sich in und außerhalb der Einrichtung entladen könnten und dies auch täten. Die Sorge der Oeventroper Bevölkerung, die er aktuell wahrnehme, könne er nur vollends unterstützen. Es seien vorwiegend die Sorgen der Menschen, die in den angrenzenden Wohngebieten lebten. „Es ist die Ungewissheit und Sorge um die Sicherheit, die die Menschen bewegt“, sagt er. Mütter hätten ihm beispielsweise gesagt, dass sie ihre Kinder oder Töchter dann persönlich zur Bushaltestelle oder direkt nach Arnsberg zur Schule bringen würden. Zudem handele es sich in den Wohngebieten ausschließlich um Ein- und Zweifamilienhäuser – da sei auch die Privatsphäre eingeschränkt. „Wenn man in die Situation kommt, nicht mehr zu wissen, wer kommt, wer geht und wer da draußen steht.“

Willkür des Landes NRW zur ZUE Oeventrop

Insbesondere hadert er jedoch mit der „Willkür“ des Landes. „Wenn ein Land hergeht und mit Willkür entscheidet – ohne die Leute mitzunehmen“, so Schmidt, „das ist natürlich nicht wünschenswert.“ Genau dies hat die zuständige Bezirksregierung in Arnsberg nun auch geplant, denn am Montag, 31. Juli, lädt diese zu einer Informationsveranstaltung in die Ruhrtalhalle in Oeventrop (In den Oeren) ein. Dort soll dann über den aktuellen Standortfindungsprozess aufgeklärt werden.

Auch Christoph Schmidt ist der Meinung, dass Lösungen gefunden werden müssen - aber solange das Land ungebremst und unkontrolliert „offen stehe“, kämen diese Dinge immer wieder zur Sprache. Eine Alternatividee, wo ggf. eine ZUE errichtet werden könnte, hat er nicht, denn auch die bereits im Gespräch gewesenen anderen Orte hätten berechtigte Sorgen. Solche Einrichtungen könnten und dürften nur im Einvernehmen mit den Betroffenen in den Ortschaften realisiert werden. Doch in diesem Fall gebe es diese Bereitschaft beim überwiegenden Großteil der Einwohner nicht. Und es gebe sie deshalb nicht, weil diese zu große soziale Last nicht von den Menschen in Oeventrop getragen werden könne.

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Außerdem stünde das anvisierte Gebäude innerlich noch im Rohbau. Das Gebäude sei nackt. Der Ausbau gemäß zahlreicher Auflagen (z.B. Brandschutz) nehme eine gewisse Zeit in Anspruch. Daher wundere es ihn, dass ausgerechnet dieses „ausgewählt“ worden sei. Die Anwohnerinnen und Anwohner der an die alte Salus-Klinik angrenzenden Wohngebiete scheinen das alles ähnlich zu sehen, folgt man dem Facebook-Beitrag von Dienstagabend, in welchem darauf hingewiesen wird, dass an allen möglichen Stellen im Dorf Unterschriftenlisten ausliegen, um gegen eine ZUE zu stimmen. Insgesamt wird das Thema ZUE in der Bevölkerung Oeventrops, zumindest im Social Web, in alle Richtungen diskutiert.