Stockum. Seit 2016 unterstützt die Familie Rosch den Einwanderer Mehroj, bildet ihn im Bosch-Service Stockum aus. Warum sie nun um ihre Fachkraft fürchten
Februar 2016. Gemeinsam mit einer ehrenamtlichen Integrationsmanagerin steht Mehroj Mizrobov in der Werkstatt des Bosch-Services in Stockum.
Der junge Mann aus Tadschikistan bittet in gebrochenem Deutsch um einen Praktikumsplatz. Gerade einmal gut ein halbes Jahr lebt er in Deutschland – möchte aber nicht herumsitzen. Denn in seiner Heimat studierte er seinerzeit Wirtschaft und Economy. Doch kurz nachdem er in seinem ersten Job arbeitet, muss er das Land verlassen. Sabine und Udo Rosch stimmen einem Praktikum direkt zu, möchten ihm eine Chance geben. Und diese nutzt er.
Er wird zum „Mann fürs Grobe“, wie Sabine Rosch ihn beschreibt, zeigt, was er drauf hat und erarbeitet sich so nicht nur einen Platz in der Werkstatt, sondern auch in den Herzen der Familie Rosch. „Er hat echt gut gearbeitet, war immer freundlich“, sagt Sabine Rosch, „da haben wir uns entschieden, ihn zu unterstützen und ihm eine Ausbildung in unserem Betrieb anzubieten.“ Außerdem versucht er, sich in einem Deutschkurs durch die grammatische Sphäre der deutschen Sprache zu kämpfen.
„Das war schwer“, sagt Mehroj Mizrobov, „aber auch wichtig.“ Als einer von sieben Angestellten beim Bosch-Service macht er sich auch einen Namen innerhalb der Kundschaft. „Die Leute kennen ihn“, so Sabine Rosch. Auch außerhalb der Werkstatt ist er sehr hilfsbereit. „Er hilft, wo er kann“, erzählt sie, „ob beim Betriebsfest oder auch beim Heimwerken.“
Gelungene Integration in Stockum
Und das Wichtigste: Er integriert sich auch in Stockum – kommt mit seinen Nachbarn gut klar.
Noch im selben Jahr beginnt er eine Ausbildung bei der Familie Rosch – scheitert jedoch nach etwa einem halben Jahr. „Die Fachbegriffe waren einfach zu schwer“, sagt er. Also arbeitet er weiter an seiner Sprache, bricht die Ausbildung ab und besucht einen intensiven Deutschkurs bei Kolping.
Gleichzeitig jedoch arbeitet er auch als Hilfskraft in der Werkstatt. „Tagsüber arbeitete er und danach ging es direkt zum Deutschkurs“, sagt Sabine Rosch. Bis er dann 2017 erneut in die Ausbildung startet.
Inzwischen hat die Familie Mehroj Mizrobov ihn auch dabei unterstützt, eine eigene Wohnung in Stockum zu beziehen. Denn das Leben in der Asylunterkunft ist absolut nicht das Richtige für ihn.
Und nach so langer Zeit in unterschiedlichen „Camps“ und einem nunmehr festen Einkommen wird es Zeit, seine eigenen vier Wände zu bekommen. „Mehroj versorgt sich komplett selbst“, sagt Sabine Rosch, „ist nicht auf Unterstützung der Ämter angewiesen.“
Aufenthaltstitel für neue Heimat
Diesmal gelingt es – auch wenn er letztendlich die Gesellenprüfung beim ersten Versuch nicht besteht und nach einem halben Jahr wiederholen muss. „Aber dann hat es geklappt“, sagt Sabine Rosch, „da sind wir richtig stolz drauf.“
Mittlerweile ist er auch aus der Ausbildungsduldung raus und verfügt über einen Aufenthaltstitel - gekoppelt an den Arbeitsplatz. Sehr gerne würde er irgendwann die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen, um auch dauerhaft dort bleiben zu dürfen, wo er jetzt ist: in seiner neuen Heimat.
Mehroj Mizrobov fühlt sich wohl, willkommen und ist dankbar für die ganze Unterstützung. Doch es gibt etwas, das seine Gedanken quält, das ihn Tag für Tag unglücklicher werden lässt: seine Frau und sein Kind. Denn diese leben nicht in Deutschland, Sundern-Stockum.
„Ich kenne meine Frau schon seit der Schule“, erzählt Mehroj Mizrobov, „wir haben uns verliebt und geheiratet.“ Seine Frau sei auch mal für kurze Zeit in Deutschland gewesen. Mit einem Schengen-Visum für drei Monate. Dass auch sie seinerzeit einen Asylantrag stellen kann, um bei Mehroj Mizrobov zu bleiben, ist ausgeschlossen. Sie muss ausreisen – lebt aber ebenfalls nicht mehr in Tadschikistan. Seinerzeit wird dem jungen Paar erklärt, dass es einen Familiennachzug beantragen muss. Ganz offiziell – über die deutsche Botschaft.
Sofort vereinbart seine Frau, die mittlerweile auch schon die deutsche Sprache auf erstem Sprachniveau gelernt hat, einen Termin, um genau dies zu beantragen. Und wartet. Viel Zeit vergeht, bis sie diesen Termin bekommt, bis sie alle notwendigen Unterlagen zusammen hat und letztendlich den lang ersehnten Antrag stellen kann.
Herzblut in Unterstützung
Indes arbeitet Mehroj Mizrobov weiterhin bei der Familie Rosch. „Ich kann meine kleine Familie versorgen“, sagt er, „ich habe eine Wohnung und arbeite.“ Und auch der Bosch-Service würde ihn, seine Frau und das Kind unterstützen. „Mehroj würde uns hier wirklich sehr fehlen“, sagt Sabine Rosch. Denn sie möchten ihn keinesfalls als Fachkraft verlieren. „Nicht nur, dass es für uns wegen des Fachkräftemangels sehr schwer wäre, eine Fachkraft einzustellen“, so Sabine Rosch, „auch menschlich wäre das eine Katastrophe.“
Denn die Familie Rosch hat viel Energie und Herzblut in die Unterstützung des heute 31-Jährigen gesteckt, dass sie es nicht gut fänden, müsste er, um bei seiner Familie zu sein, das Land wieder verlassen.