Arnsberg/Sundern. Aus einer alten Verurteilung von 2017 bestand noch ein Haftbefehl. Nun wurde eine 32-jährige Sundernerin erneut straffällig.
Das Strafverfahren vor dem Schöffengericht gegen eine 32-jährige Frau aus Sundern war selbst für erfahrene Juristen außergewöhnlich und kurios. Die wegen mehrerer Betrugsfälle angeklagte Sundernerin wurde letztlich zu einer Bewährungsfreiheitsstrafe verurteilt, musste aber trotzdem direkt nach der Verhandlung eine Haftstrafe antreten.
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Wegen einer Verurteilung aus dem Jahre 2017 bestand ein Haftbefehl, der vollstreckt werden musste. Damals war sie zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt worden, hatte die Strafe aber nie angetreten, weil ihr auf ihren Antrag hin Haftunfähigkeit attestiert worden war. Der Einspruch der Staatsanwaltschaft führte zu einem zweiten amtsärztlichen Gutachten, das die Haftunfähigkeit bestätigte. Der nach geraumer Zeit erneut gestellte Antrag, ein weiteres Gutachten einzuleiten, führte zur Feststellung, dass Haftfähigkeit jetzt bestätigt wurde.
Langer Verwaltungsakt der Behörden
Durch diesen langen bürokratischen Verwaltungsakt der Behörden kam es nicht zum Haftantritt. In dem jetzigen Verfahren hatte die Staatsanwaltschaft die Frau wegen acht Betrugsfällen angeklagt. Sie sollte in der Zeit vom März 2020 bis März 2021 jeweils kleinere Gebrauchsgegenstände, wie zum Beispiel eine Armbanduhr oder Handys, zum Kauf im Internet angeboten, das Geld kassiert, die Gegenstände aber nie an die gutgläubigen Käufer verschickt haben, weil sie nicht existierten. Der Schaden belief sich auf insgesamt 660 Euro. Juristisch ergaben sich drei Fälle des einfachen und fünf des gewerbsmäßigen Betruges. Die 72 Fälle des Fahrens ohne Fahrerlaubnis waren schon vor dem Verfahren eingestellt worden. Begründung: Die Angeklagte war ohne Fahrerlaubnis mit einem Pkw stets nur von ihrer Wohnung zur Arbeitsstelle gefahren.
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Sie habe, weil ihr Mann Geringverdiener war, unbedingt arbeiten müssen, um ihre drei Kinder ernähren zu können. Wie es sich aus der Befragung zur Person ergab, war sie vom Glück nicht gesegnet. Nach der 9. Klasse des Gymnasiums war sie zur Realschule gewechselt, musste sie aber vor dem Abschluss wegen ihrer ersten Schwangerschaft verlassen. Ein Sohn leidet unter einer schweren Krankheit, sie selbst seit langer Zeit unter Depressionen, befand sich 2010 in der Psychiatrie und hat schon an Suizid gedacht. „Ich habe es aus Rücksicht auf meine drei Kinder nicht gemacht“, erklärte sie dem Gericht. Für die acht Fälle des Betruges bzw. gewerbsmäßigen Betruges plädierte die Staatsanwältin auf eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten. Um Bewährung zu bekommen, müssen besondere Umstände für die Angeklagte sprechen. Diese wollte die Staatsanwältin bei den acht einschlägigen Vorstrafen nicht erkennen. Deshalb hätte die Angeklagte die Haft antreten müssen, zusätzlich die Zeit aus der Verurteilung von 2017.
Freiheitsstrafe beantragt
Der Verteidiger, Klaus Telgenbüscher, wurde deutlich: „Wenn diese Frau in den Knast muss, gehe ich mit Bauchkneifen ins Wochenende. Ich beantrage eine Freiheitsstrafe von einem Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt werden kann und soll.“ Er machte deutlich, dass der Gesetzgeber nicht für Fälle wie diesen relativ hohe Freiheitsstrafen vorgesehen habe. Man werde versuchen, für die Verurteilung aus dem Jahr 2017 den offenen Vollzug zu erreichen. Schließlich habe die Frau heute noch zwei Kinder, darunter ein schwerkrankes zu versorgen. Sie sei geläutert und bemüht, eine Fahrerlaubnis zu erlangen.
Das Schöffengericht kam dem Antrag von Klaus Telgenbüscher nach und verurteilte die Frau zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. „Das Verfahren hat die Frau erkennbar schwer beeindruckt, die Schäden lagen eher im moderaten Bereich. Das Gericht stellt ihr eine positive Prognose“, so der Vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung. Wegen ihrer Verurteilung aus 2017 musste der bestehende Haftbefehl im Gericht aus Rechtsgründen vollstreckt werden, was bei den Juristen im Saal nicht gerade auf Verständnis stieß.