Arnsberg. Arnsberg-Sunderner Sparkassen-Chef Ernst-Michael Sittig blickt kurz vor Ruhestand zurück. Das Thema Fusion bleibt für ihn unvollendet.
Eine beeindruckende Karriere bei der Sparkasse Arnsberg-Sundern und Berufslaufbahn geht mit Abschluss des Monats zu Ende. Vorstandsvorsitzender Ernst-Michael Sittig verlässt nach 23 Jahren und 7 Monaten im Führungsgremium das regionale Geldinstitut. Hinter ihm liegen dann fast 47 Jahre im Bankgeschäft und ein Lebensweg, der ihn aus dem Kasseler Land ins Sauerland nach Arnsberg in eine neu gewonnene Heimat führte.
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Erinnern Sie sich noch an ihre ersten Arbeitstage als Azubi in der Bank?
Plötzlich musste ich mich anders kleiden, da musste ich mich komplett umorientieren. In der Straßenbahn habe ich anfangs gedacht, alle gucken mich an. Ich habe damals mit einer Woche Zwangsurlaub angefangen und dann habe ich drei Tage lang die Sparkasse geordnet kennengelernt, ehe wir auf die Filialen verteilt wurden. Damals hatte es noch 300 Bewerber auf neun Auszubildendenstellen gegeben. Ich hatte auch erst an Hubschrauberpilot bei Polizei oder Bundesgrenzschutz gedacht, hatte aber eine Sehschwäche und fand dann aber die Sparkasse spannend. Das hatte was mit Menschen zu tun. Welche Perspektive die Ausbildung bot, wusste ich damals noch nicht.
Was geben Sie Auszubildenden heute rückblickend mit auf den Weg?
Ich rate ihnen, dass sie von Anfang an die Chancen nutzen sollen, die ihnen die Ausbildung bietet, alles an Wissen aufsaugen und dann gut abschließen. Das ist die Basis und der Einstieg in die Karriere. Man sollte sich Ziele setzen, wohin es mal gehen kann. Insgesamt glaube ich aber, dass die Ausbildung im Bankwesen sehr komplex geworden ist. Da nehmen wir heute zu viele junge Menschen raus. Ich hätte gerne auch Azubis mit mittleren Schulabschlüssen - eine Art Bankkaufmann light wäre doch nicht schlecht.
Was war die größte Herausforderung, die Sie als Sparkassen-Vorstand in Arnsberg und Sundern zu bewältigen hatten?
Das war sicher die Geschäftsstellenstrategie. So wie wir jetzt aufgestellt sind, haben wir die Entwicklung schon vor 20 Jahren erwartet und bereits begonnen umzusetzen. Wir haben immer die Aufgabe, das digitale Angebot mit persönlicher Nähe zu verbinden. Das ist die Herausforderung. Auch die Sprengung der Geldautomaten hat uns vor eine große Aufgabe gestellt. Der Prozess der Standortumstrukturierung ist jetzt aber abgeschlossen. Natürlich hatten wir auch schwere Jahre mit Blick auf unsere Kunden. Immer wieder hat mir aber imponiert, wie viele Familienunternehmen super Lösungen gefunden haben. So war es leichter, gemeinsam durch Krisen zu gehen.
Zur Person
Ernst-Michael Sittig (63) geht am 1. April 2023 nach 23 Jahren und sieben Monaten als Vorstand der Sparkasse Arnsberg-Sundern in den Ruhestand.
Am 1. September 1999 trat er seinen Posten an und zog nach Arnsberg, wo er seitdem mit seiner Frau lebt. Sein Sohn wurde in Arnsberg geboren.
Geboren ist er in Kassel, wo er nach der mittleren Reife 1976 die Bankausbildung bei der Kasseler Sparkasse begann. Hier qualifizierte er sich berufsbegleitend zum Fachwirt und Diplom-Sparkassen-Betriebswirt. Vor seinem Wechsel war er Regionaldirektor.
In Arnsberg engagierte sich Ernst-Michael Sittig im Kunstverein, im Lionsclub, in Stiftungsvorständen, im Aktiven Neheim und im Verkehrsverein Arnsberg und im Stadtmarketing. Zudem war er tätig in diversen Sparkassenverbandsgremien.
Auf eine große Verabschiedungsfeier verzichtet Ernst-Michael Sittig. Sein letzter öffentlicher Auftritt war beim „Dämmerschoppen“ in der vergangenen Woche. In den Vorstand rückt Nicole La Noutelle nach
Wer oder was hat Sie bei der Sparkasse Arnsberg/Sundern am meisten geprägt?
Das waren die vielen Kontakte zu den Menschen und die Zuverlässigkeit der Leute. Wenn was versprochen wurde, hatte das Bestand. Die Sauerländer sind viel offener als man ihnen allgemein zuschreibt. Dadurch und durch die Verbindlichkeit hat es immer Spaß gemacht, hier zu arbeiten. Das war immer meine Art und hat mich darin auch bestätigt. Man reift immer mit Prozessen und auch an Krisen. Ich habe viel gelernt hier. Jedes Gespräch brachte einen weiter. Und das hat mich geprägt.
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Was sind die Kapitel in dem Film über Ihre Zeit in Arnsberg, der vor ihren Augen im Zeitraffer abläuft?
Da sind viele Punkte. Geschäftsstellenstrategie, Einführung des Kunden-Service-Center und des FinanzCenters, freie Fahrt für Kunden in den Bürgerbussen, zwei brutale Banküberfälle in Arnsberg, die zur Abschaffung der Kassen führte, das 175-jährige Jubiläum im Jahr 2012, die Stiftungsideen mit Hospizstiftung, den Bürgerstiftungen Arnsberg und Sundern und der Sparkassenstiftung mit heute zusammen 27,5 Millionen Euro Stiftungskapital und unser gesellschaftliches Engagement in Höhe von 44 Millionen Euro seit 1999.
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Was übergeben Sie nun unvollendet?
Es gibt immer Aufgaben - die Entwicklung ist nie zu Ende. Qualität ist jeden Tag eine Herausforderung und da müssen wir die Aktivität hochhalten und auf die Kunden zugehen. Uneingeschränkt unvollendet blieb für mich das Thema Fusion. Ich befürworte größere Einheiten und empfehle, dieses Thema auch nach den gescheiterten Fusionen mit Meschede und Menden weiter zu besprechen. Das Scheitern einer Fusion ist nicht schlimm. Schlimm wäre, nicht weiter miteinander zu reden. Irgendwann ist die Zeit wieder reif.
Zahlen und Daten einer Bank-Karriere
Zwischen 1999 und 2023 trieb Ernst-Michael Sittig das digitale Bankgeschäft der Sparkasse Arnsberg-Sundern voran. Inzwischen sind 70 Prozent der Konten der Sparkasse Arnsberg-Sundern auf Online-Banking umgestellt.
Das Einlagegeschäft stieg in dieser Zeit von 1,4 Milliarden D-Mark um 90 Prozent auf heute 1,3 Milliarden Euro. Das Kreditgeschäft wuchs von 1,1 Milliarden D-Mark auf 1,1 Milliarden Euro (plus 100 Prozent).
Die Mitarbeitendenzahl in der Sparkasse Arnsberg-Sundern ging in diesem Zeitraum von 360 (Mitarbeiterkapazität MAK: 272) auf 185 (MAK: 154) zurück.
Hat das Modell einer regionalen Sparkasse aus Ihrer Sicht noch Zukunft in einer sich verändernden Welt?
Ich halte die Sparkassen-Idee für absolut zukunftsfähig - auch in größeren Einheiten. Für Kunden muss sich nichts verändern. Wir brauchen und haben die Gesichter in der Region, deshalb muss dabei unbedingt die regionale Kundenverantwortung erhalten bleiben. Das ist am Ende der entscheidende Faktor. Alles andere wäre falsch.
Was kommt jetzt?
Ich habe einen Plan - und der heißt, nichts konkretes vorzuhaben. Ich will mal einen leeren Terminkalender und dann schauen, wozu ich Lust habe. Darauf freue ich mich. Deshalb werde ich jetzt auch keine Funktionen annehmen. Meine Frau und ich bleiben hier in Arnsberg. Hier ist unser Sohn geboren, hier fühlen wir uns pudelwohl. Eines möchte ich aber noch loswerden...
Und was ist das?
Ich möchte mich bei unseren Kunden bedanken für die vielen guten Gespräche und Kontakte und für das entgegengebrachte Vertrauen in die Sparkasse und zu meiner Person. Daraus sind Geschäftsfreunde geworden, Bekanntschaften und Freundschaften entstanden. Das hat wesentlich dazu beigetragen, dass mir das Arbeiten in Arnsberg und Sundern so viel Spaß gemacht hat. Sauerländisch zusammengefasst: Es war mir ein Fest. Danke!