Arnsberg. Rednerliste des Arnsberger FDP-Rollmopsessen ist spannender Spiegel der Zeitgeschichte. Jetzt kommt Marie-Agnes Strack-Zimmermann.

Ob Hans-Dietrich Genscher, Jürgen W. Möllemann, Guido Westerwelle, Christian Lindner, oder wie in diesem Jahr, Marie-Agnes Strack-Zimmermann - seit 1973 ist es dem FDP-Ortsverband Arnsberg gelungen, die Spitzenpolitiker der FDP zum politischen Aschermittwoch nach Arnsberg zu locken. Die Liste der Redner ist dabei ebenso prominent wie hochkarätig und zudem ein Spiegel der Zeitgeschichte.

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In diesem Jahr wird das Rollmopsessen 50 Jahre alt und findet zum 50. Mal statt, denn nur 2021 fiel es coronabedingt aus. Marco Buschmann, der als Festredner vorgesehen war, holte seinen Besuch in Arnsberg aber im darauffolgenden Sommer nach. Mit Marie-Agnes Strack-Zimmermann als Festrednerin ist der Arnsberger FDP in diesem Jubiläumsjahr ein echter Coup gelungen. Da die Anmeldungen nach wenigen Tagen die Kapazität der Kulturschmiede schnell überstiegen hatte, wurde das Rollmopsessen am 22. Februar um 19 Uhr kurzerhand wieder in die traditionelle Bürgerschützenhalle verlegt.

Nach der Bundestagswahl 1972, bei der die sozialliberale Koalition unter Willy Brandt und Walter Scheel gegen die Herausforderer Rainer Barzel und Franz-Josef Strauß eindrucksvoll bestätigt wurde, beschloss der heimische FDP-Politiker Dieter-Julius Cronenberg, nach bayrischem Vorbild einen politischen Aschermittwoch in Arnsberg zu etablieren. Cronenberg wollte aber keine billige Kopie des bayerischen Brauchtums. Und so entschied sich der Ortsverband der FDP Arnsberg, die Gäste der Veranstaltung mit Sauerländer Pils und Rollmöpsen zu verköstigen.

Beginn im Hotel Esser

Am Aschermittwoch, am 7. März 1973, fand also das erste Rollmopsessen im Hotel Esser am Herdringer Weg in Hüsten statt. Die Rollmöpse wurden noch durch die Parteimitglieder selbst besorgt, da Gastwirt Bruno Esser nicht „wusste“, wie er sie berechnen sollte. Erster Redner damals war Dieter-Julius Cronenberg. Im Jahr drauf trat Jürgen W. Möllemann als Gastredner auf. Schon damals riss Möllemann die Zuhörer mit seiner ihm eigenen Redegewandtheit mit. Bei insgesamt fünf „Rollmops“-Auftritten begeisterte er sein Publikum und wurde damit zum Rekordhalter.

Jürgen W. Möllemann im Jahr 2000 in Arnsberg
Jürgen W. Möllemann im Jahr 2000 in Arnsberg © Wolfgang Becker

Im Laufe der folgenden Jahre gelang es dem Ortsverband immer wieder prominente Redner für die Aschermittwochsveranstaltung zu gewinnen. Es sprach sich unter den Spitzenpolitikern herum, dass man in Arnsberg immer ein volles Haus und interessierte Zuhörer erwarten konnte. Die prominenten Redner und die hohen Besucherzahlen führten dazu, dass sich das Rollmopsessen in Arnsberg als gesellschaftliches Ereignis etablierte. Und alle gaben sich ein Stelldichein: Hans-Dietrich Genscher, Klaus Kinkel und Guido Westerwelle, Otto Graf Lambsdorff, Gerhard Baum, Burkhard Hirsch, Liselotte Funke oder Andreas Pinkwart.

„Nobody“ Christian Lindner als Notnagel

Alle kamen gerne – wenn sie denn kamen. Oft mussten die Organisatoren um ihre Redner bangen. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger blieb bei ihrer Anreise ins Sauerland schon in Bayern im Schnee stecken. Auch Rainer Brüderle war im Jahr 2002 als Rollmops-Redner verpflichtet und sagte kurz vorher wegen einer Doppelvergabe des Termins ab. Hier war nun das Organisationsgeschick des Ortsvorsitzenden gefragt. Ihm gelang es einen jungen „Nobody“ zu verpflichten, der sich im Alter von 21 Jahren der Herausforderung stellte und sich als Glücksfall erwies – Christian Lindner aus Düsseldorf, der 2010 ein zweites Mal gerne nach Arnsberg kam. In seinem ersten Auftritt vor großem Publikum hielt er eine beeindruckende Rede, wie auch Reporter der Lokalpresse bemerkten.

Das war der Bericht zum ersten Besuch des jungen Christian Lindner in Arnsberg.
Das war der Bericht zum ersten Besuch des jungen Christian Lindner in Arnsberg. © WP

Die Organisation der Veranstaltung stellte die Partei immer wieder vor große Herausforderungen. Nachdem das Hotel Esser schnell aus allen Nähten platzte, war schnell die Festhalle der Arnsberger Bürgerschützen als passender Veranstaltungsort gefunden und auch die Rollmöpse mussten nicht mehr selbst besorgt werden. Doch für die Liberalen blieb im Vorfeld immer noch genug zu tun, denn es musste für Parkplätze und die Sicherheit der Redner gesorgt werden. So mancher Arnsberger erinnert sich noch an das große Sicherheitsaufgebot beim Besuch der ehemaligen Außenminister Genscher, Kinkel oder Westerwelle.

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Auch das verschicken der Einladungen war für die Liberalen ein Gemeinschaftsereignis. Bis zum Einzug neuer Medien und der Infopost, mussten 2000 Karten geknickt, eingetütet und mit einer Briefmarke versehen werden, wozu sich das Orga-Team zu Mettigeln, Käsespießchen und Getränken traf.

Später zog das Rollmopsessen in die stylische Kulturschmiede um. Hier fühlten sich besonders die jungen Stars der liberalen Politik wohl. Otto Fricke und Johannes Vogel waren hier zu Gast. Und immer wieder kamen viele Gäste, die das besondere Flair des Rollmopsessens genossen. Denn es trafen sich am Aschermittwoch nicht nur Liberale, sondern auch viele Politiker anderer Parteien. Landrat, Bürgermeister, Fraktionsvorsitzende und Stadträte aller politischer Couleur und Mitglieder anderer gesellschaftlichen Gruppen wurden begrüßt.

Alle Interessierten sind herzlich eingeladen, am Aschermittwoch, 22. Februar 2023, teilzunehmen. Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr, der Einlass ist ab 18.30 Uhr. Anmeldung erwünscht unter www.rollmopsessen.de

Der ehemalige Bundesaußenminister und FDP-Ehrenvorsitzende Hans-Dietrich Genscher (†) war ebenfalls schon Gast beim Arnsberger FDP-Rollmopsessen.
Der ehemalige Bundesaußenminister und FDP-Ehrenvorsitzende Hans-Dietrich Genscher (†) war ebenfalls schon Gast beim Arnsberger FDP-Rollmopsessen. © dpa | Daniel Karmann