Sundern. Schöffengericht Arnsberg: Unterschiedliche Wahrnehmung über Einvernahme beim Sex mit 16-Jähriger. Keine Verurteilung für Vergewaltigung.
Die Beweisfindung ist kniffelig: Das Arnsberger Schöffengericht hatte festzustellen, ob der staatsanwaltliche Vorwurf der Vergewaltigung einer 16-Jährigen tatsächlich so richtig ist oder ob der Tatbestand möglicherweise nicht erfüllt wurde. Laut Anklage soll ein damals 23-Jähriger, flüchtig bekannt mit dem vermeintlichen Opfer, nach einer Party in der Wohnung von Freunden im April 2021 im Raum Arnsberg/Sundern die damals 16-Jährige vergewaltigt haben. Was war es nun? Sex gegen den Willen der Jugendlichen oder ein Beischlaf, den beide Beteiligten wollten? Am Ende hieß es Freispruch.
Schöffengericht wertet Sex mit 13-Jähriger nicht als Missbrauch>>>
Vor Gericht geht es da um Details, Begrifflichkeiten und nüchtern technische Beschreibung eines Geschlechtsverkehr, um das richtige Urteil zu treffen: Angeblich habe der Angeklagte diesen gegen den Willen des Mädchens durchgeführt. Die Jugendliche berichtete als Zeugin, dass sie und der Angeklagte nach der Fete zu viert, allein im Wohnzimmer auf einem Sofa lagen. Die Wohnungseigentümer hatten sich in ihr Schlafzimmer zurückgezogen. Der Angeklagte sei dann aufgestanden, habe ihr die Hose heruntergezogen. Beim vermeintlichen Sex habe sich nicht gewehrt und in Schockstarre diesen über sich ergehen lassen, während sie über die ganze Zeit ihre Augen zugedrückt habe.
Weitere Nachrichten aus Arnsberg und Sundern>>>
Das alles sei gegen ihren Willen passiert. Schon zuvor sei der der Angeklagte aufdringlich geworden,, was sie sich verbeten habe. Einige Tage nach diesem Vorfall hatte die Jugendliche ihrer Freundin von ihrem Erlebnis erzählt. „Ich wollte es eigentlich nicht“, hatte sie gegenüber der Freundin ausgeführt.
Das sind die Bilder vom Rathaussturm in Arnsberg>>>
Diese erstattete bei der Polizei Anzeige. Der Verteidiger des Angeklagten, Klaus Telgenbüscher, stellte klar: „Geschlechtsverkehr hat stattgefunden, aber keine Vergewaltigung, denn mein Mandant konnte bei dem Verhalten der Bekannten von einem einvernehmlichen Akt ausgehen.“ Dazu hätten auch andere Umstände beigetragen.
Hilfe für Opfer
Die Frauenberatung Arnsberg, Arnsberger Straße 14 in Arnsberg, unterstützt alle Frauen, die Opfer von Gewalttaten geworden sind. Sie sind erreichbar per Telefon 02932 - 8987-703. Informationen über die verschiedenen Hilfsangebote gibt es auf der Website unter www.frauen-hsk.de.
Außerdem gibt es das Hilfetelefon, eine bundesweite, anonyme Hotline mit 24-Stunden-Erreichbarkeit. Das Angebot ist kostenlos: 08000-116016. Hier bekommen Betroffene, aber auch Freunde von Betroffenen oder Ärzte Beratung.
Verteidiger und Richter zweifelten an, dass der Sex ohne ihr Zutun möglich gewesen sei. Zudem gab es weitere Widersprüche, die Zweifel an einer Vergewaltigung aufkommen ließen. „Sie haben es als Vergewaltigung wahrgenommen, aber aus Sicht des Angeklagten hat alles einvernehmlich stattgefunden. Davon musste er ausgehen“, erklärte Telgenbüscher mit Blick auf die Jugendliche. Nach der Beweisaufnahme hatte nicht nur er, sondern auch die Staatsanwältin Zweifel an ihrem anfänglichen Vorwurf. Sie beantragte im Plädoyer Freispruch, denn es spreche Einiges dafür, dass hier nicht alles gegen ihren Willen gelaufen sei. Außerdem gebe es bei der Zeugin Gedächtnislücken und Ungereimtheiten. Eine Verurteilung wegen Vergewaltigung scheide aus.
Genauso wie die Anklagevertreterin sah es auch das Schöffengericht in seinem Urteil. Der Angeklagte wurde von dem Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen. „Das Gericht geht davon aus, dass die Zeugin nicht gelogen hat. Sie hat den Vorgang als Vergewaltigung angesehen. Aus Sicht des Angeklagten aber sei der Vorgang nicht gegen ihren Willen geschehen. Sie hat sich in keiner Weise gewehrt oder die im angrenzenden Schlafzimmer befindlichen Freunde gerufen. Außerdem habe sie sich nach dem Vorfall mit ihm auf das Sofa gelegt, um nebeneinander zu schlafen, was ungewöhnlich erscheine“, begründete der Vorsitzende Richter das Urteil.