Arnsberg. Brustkrebs und Chemo-Therapie: Dem Tod noch einmal von der Schüppe gesprungen. Elisabeth Richter aus Arnsberg liegt zehn Tage im Koma.

Elisabeth Richter (59) aus Arnsberg erinnert sich noch ganz genau an diesen einen, schrecklichen Tag im Juli 2019, der ihr ganzes Leben verändern sollte: „Ich hatte einen Routine-Arzttermin zur Mammographie im Krankenhaus.“

Der Gynäkologe, der die Untersuchung vornahm, führte seine Aufgabe sehr gewissenhaft aus. „Ich habe eine Winzigkeit entdeckt, die unbedingt näher analysiert werden müsste“, teilte er der 59-Jährigen mit und empfahl ihr eine Biopsie.

Aggressive Milchdrüsenkrebs bei ihr entdeckt

Elisabeth zögerte nicht lange und ließ nur kurze Zeit später die Gewebeprobe entnehmen. Und dadurch wurde der aggressive Milchdrüsenkrebs bei ihr entdeckt. „Ich stand zunächst unter einem Schock“, so die Arnsbergerin, die gebürtig aus den Niederlanden stammt. „Von der Diagnose bis zur ersten Chemotherapie vergingen keine drei Monate.“

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Eine aufgewühlte Zeit, in der auch ihr Ehemann Theo und die Söhne um sie bangten.

Doch es sollte noch schlimmer kommen: Nach ihrer letzten Chemotherapie war das Immunsystem komplett heruntergefahren, so dass sich Elisabeth eine Atemwegsinfektion einfing, die sich zur doppelseitigen Lungenentzündung entwickelte. „Und dann lief plötzlich alles wie in einem Film ab“, erklärt sie.

Krankenhaus, Intensivstation, dann fiel sie ins Koma

Zehn Tage lang bangte das Ärzteteam, Pflegepersonal und vor allem ihr Mann um ihr Leben: „Für mich brach eine ganze Welt zusammen“, verrät Theo Richter. „Erst wollte ich es nicht wahrhaben. Der Gedanke, dass meine Frau niemals wieder aus dem Koma erwachen könnte, war für mich unerträglich.“

Als Elisabeth schließlich erwachte, wurde sie im Soester Klinikum als kleines Weihnachtswunder bejubelt. „Da feierte ich meinen zweiten Geburtstag“, lacht die Arnsbergerin. Heute - dreieinhalb Jahre später - kann sie sich wieder freuen. Ihre rechte Brust musste zwar amputiert werden und sie nimmt auch regelmäßig Nachsorgetermine wahr, doch mit der damaligen „Schockdiagnose“ ist sie gut fertig geworden.

Theo schenkte ihr (und sich selbst) zum „zweiten Geburtstag“ ein riesengroßes Wohnmobil, mit dem das Paar seitdem schöne Reisen unternimmt. „Außerdem traue ich mich sogar wieder in die Sauna“, verrät sie. Neugierige Blicke stören sie nicht.

Psychisch muss die Krebserkrankung natürlich auch verarbeitet werden und darum hat Elisabeth Richter jetzt eine Selbsthilfegruppe gegründet, in der sich Frauen austauschen können und über ihre Probleme ungehemmt reden dürfen. „Dabei geht es auch um ganz persönliche Erlebnisse, wie zum Beispiel dem Haarverlust im Zusammenhang mit der Chemotherapie. Das war für mich übrigens das Schlimmste. Ich habe tagelang nur geweint.“

Elisabeth verlor all ihre Haare

Doch mit dem „neu erweckten“ Leben kamen auch die ersten Löckchen zurück. Heute will sie anderen Betroffenen Mut zusprechen. Das erste Treffen der Selbsthilfegruppe fand mit sieben ehemaligen Brustkrebspatientinnen und einer Interessierten bei den Richters im Alt-Arnsberger Wohnzimmer statt.

„Für den nächsten Termin können wir das Bürgerzentrum in der Clemens-August-Straße 116-120 nutzen“, verrät sie. Die Treffen finden jeden ersten Mittwoch im Monat von 15 bis 17 Uhr statt. Interessierte und betroffene Frauen sind herzlich eingeladen.

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Denn der Bedarf ist augenscheinlich: Brustkrebs ist mit etwa 30 Prozent aller Krebsfälle die häufigste Krebserkrankung bei Frauen in Deutschland. Nach dem ersten Schock der Diagnose, entwickelt fast jede Frau das Bedürfnis, Expertin der eigenen Krankheit zu werden.

Wie hoch ist das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken

Frauenarzt Dr. med. Matthias Kurtzmann sagte im WP-Gespräch: „Die öffentliche Meinung geht dahin, dass die Anzahl der Brustkrebspatientinnen zunimmt. Dabei sollte man nicht vergessen, dass auch die Lebenserwartung steigt und damit natürlich auch das Risiko, an Krebs zu erkranken.“

Ebenso spielten Lebensgewohnheiten, wie Zigaretten, Alkohol oder etwa ungesunde Ernährung, Stress im Job, als auch Umweltfaktoren eine Rolle, so der Mediziner.

„Der Rückschluss, dass Brustkrebs in Deutschland häufiger auftritt, ist allerdings nicht zulässig. Die Zahlen sind auf eine verbesserte Früherkennung und die medizinisch sehr sinnvolle Zentralisierung in spezialisierten Zentren zurückzuführen – und natürlich auch auf unsere gute Arbeit“, sagt auch Dr. med. Norbert Peters, Chefarzt der Frauenklinik und Leiter des Westfälischen Brustzentrums.

Informationen und Kontakt zur neu gegründeten Selbsthilfegruppe oder zum Thema Brustkrebs vermittelt die Gleichstellungsstelle der Stadt Arnsberg, Petra Blesel, unter Tel. 02932/201-1491 oder per E-Mail an gsb@arnsberg.de.

Elisabeth Richter
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