Arnsberg. Borderline ist auch in Arnsberg ein Thema - insbesondere die Kinder leiden extrem, wenn ihre Eltern unter der psychischen Krankheit leiden.
Die 13-jährige Anna (Namen von der Redaktion geändert) scheint auf den ersten Blick ein ganz normales Kind zu sein. Sie ist gut in der Schule, stets ordentlich gekleidet und hat einen großen Freundeskreis. Doch zuhause herrscht das reinste Chaos. „Die Mutter ist alleinerziehend und leidet unter einer Borderline-Persönlichkeitsstörung“, erklärt Melina Heimann, Psychologin beim Verein für Kinder- und Jugendhilfe in Arnsberg.
Sie und der Sozialpädagoge Daniel Binnebösel bieten mit dem Projekt „props!“ in Arnsberg ein Gruppenangebot für Kinder von psychisch kranken Eltern an.
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Anna ist sehr besorgt um ihre Mutter, die zudem aus einer Gewaltbeziehung geflohen ist“, so die Psychologin. „Anna kümmert sich zum Teil auch um den Haushalt und trägt eine schwere Last.“
Die verletzliche Kinderseele hat in diesem Fall viel auszuhalten. Die psychisch erkrankte Mutter bewältigt den Alltag kaum und hat aus diesem Grund beim Jugendamt um Unterstützung gebeten. „Und dazu gehört ebenfalls Mut“, meint Heimann.
Seitdem nimmt Anna einmal in der Woche das „props!“-Angebot des Vereins für Kinder- und Jugendhilfe wahr. Immer montags holt der ehrenamtliche Fahrer Norbert die 13-Jährige mit dem Auto ab und dann geht es um 16 Uhr zum Gruppentreffen in alte Villa an der Marktstraße 59.
Arnsberg: „Wir lassen hier kein Kind in ein schwarzes Loch fallen“
Hier kann sie über ihre Probleme reden, wird professionell betreut und darf mit den anderen Kindern der Gruppe, die ähnliche Probleme plagen, unbeschwert spielen, lachen und lernen, mit ihren Emotionen umzugehen.
Da der Bedarf an solchen Angeboten zu steigen scheint, plant der Verein, im nächsten Jahr eine weitere Gruppe zu eröffnen. „Eigentlich sollte die Betreuung auf ein Jahr begrenzt sein“, verrät Daniel Binneböse. „Doch wir lassen hier kein Kind in ein schwarzes Loch fallen.“
Künftig soll es aus diesem Grund auch sogenannte „props!“-Paten geben. „Das sind Eltern, die beispielsweise einen Familienausflug planen und dazu ein betroffenes Kind einladen“, verrät der Sozialpädagoge. Drei ehrenamtliche Familien seien bereits gefunden, doch es sollen noch mehr Paten werden.
In den Ferien werden vom Arnsberger Verein für Kinder- und Jugendhilfe zudem Zirkusprojekte, Fahrradtouren oder Nachtwanderungen angeboten. „Damit sich die psychischen und Sucht-Erkrankungen der Eltern möglichst nicht negativ auf die Entwicklung der Kinder auswirken, wollen wir mit unseren Angeboten Vorsorge tragen“, so die Psychologin.
Bindung zwischen Eltern und Kindern wichtig
Wenn beispielsweise die Bindung der erkrankten Eltern zu ihren Kindern beeinträchtigt oder gestört ist, seien diese häufig nur eingeschränkt in der Lage, auf die Bedürfnisse der Kinder zu reagieren.
Ein betroffener Junge beschrieb sein Gefühl dazu sehr eindrucksvoll im Gruppengespräch: „Ich fühle mich heute wie eine Pizza mit tausend Peperonis. So sauer und scharf bin ich.“
Kleinere Kinder können psychische Krankheiten noch nicht verstehen, spüren aber dennoch, wie verheerend diese sind. Ein Mädchen sagte in der Gruppe: „Ein psychische Krankheit ist so, als wenn man ein Bein verliert.“
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Gelingt das Erkennen der elterlichen Erkrankung rechtzeitig, so kann eine bedarfsgerechte und professionelle Unterstützung der Eltern und Kinder erfolgen. „Dann erhöhen sich auch die Chancen, dass die Kinder gesund aufwachsen“, so Melina Heimann.
Arnsberg: Krankenkassen zahlen
Dieser Ansicht stimmen mittlerweile auch die Krankenkassen zu und unterstützen sowohl Therapien als auch das Arnsberger Konzept „props!“.
Da der Verein in der Zukunft dahingehend einen vermehrten Bedarf sieht, lud er jetzt Sponsoren und Interessenten ein, sich ein besseres Bild über diese Arbeit zu machen. Dieser Einladung folgten beispielsweise Vertreter der Bürgerstiftungen Arnsberg und Sundern, der Ursel Steinberg Stiftung und des Lions- und die Rotaryclubs. Sie zeigten sich sehr interessiert.