Arnsberg. Nicole Welke, Geschäftsführerin des „Bundes Westfälischer Karneval“, zur Fünften Jahreszeit
Die Weihnachtsfeiertage und Silvester sind vorbei, an den ersten Tagen des neuen Jahres sammeln sich wieder motivierte Neujahrs-Jogger auf den Straßen. Vieles ist typisch für einen Januaranfang, 2023 unterscheidet sich jedoch insofern von seinen beiden Vorgängerjahren, als dass durch die Lockerungen des Infektionsschutzgesetzes ein lang vermisster Brauch nicht nur in das Rheinland, sondern auch nach Arnsberg zurückkommt: Die närrische Saison und der Karneval können wieder wie gewohnt stattfinden. Dazu verrät die Neheimerin Nicole Welke, Geschäftsführerin vom „Bund Westfälischer Karneval”, unserer Zeitung einige Details.
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Nach langer Pause steht die Karnevalssaison wieder an. Welche Rolle spielt sie im Sauerland?
Das ist eine gute Frage! Die Antwort darauf hängt davon ab, wen Sie fragen. Fragen Sie mich, dann spielt Karneval hier allgemein eine große Rolle. Allerdings kann man das nicht über das gesamte Sauerland sagen, die einzelnen Städte und Gemeinden sind da ganz individuell. Es gibt im Umfeld aber drei Karnevalsgesellschaften, und für die lässt sich definitiv eine wichtige Rolle für die Menschen beobachten. Viele Leute engagieren sich in diesen Vereinen, und die bringen sich ja nicht so sehr für eine Sache ein, die ihnen nicht am Herzen liegt.
Zur Person
Die Neheimerin Nicole Welke ist 54 Jahre alt.
Als Geschäftsführerin des Bundes Westfälischer Karneval hielt sie beim Neujahrsempfang in Hüsten - ausgerichtet von der Hüstener Karnevalsgesellschaft HüKaGe - die Begrüßungsrede.
Selbst aktiv im Karneval ist Nicole Welke bei der Karnevalsgesellschaft Blau-Weiß Neheim. Als Schriftführerin übernimmt sie auch hier Verantwortung.
Was unternimmt Ihr BWK, um diese Rolle lokal zu unterstützen?
Unserem Regionalverband gehören 220 Gesellschaften an, die uns jederzeit um Hilfe fragen können. Wir dienen dann mit Informationen, Schulungen für Tänzer, Seminaren über Recht und Finanzen und zur Zeit des Virus gab es auch Hilf-Fonds, die die Vereine wirtschaftlich unterstützt haben. Wenn um Hilfe dahingehend gebeten wird, stehen wir zur Verfügung. Die kreative Gestaltung bleibt dagegen den Gesellschaften selber überlassen. Die wissen schon, wie man feiert, dafür brauchen die uns nicht!
Kommt es bei dieser Zusammenarbeit auch manchmal zu Problemen? In Sundern steht ja beispielsweise der Umzug auf der Kippe…
Woran das konkret liegt, kann ich gar nicht sagen. Allgemein fordert das Riesenbudget der Umzüge die Vereine sehr. Als Zuschauer erfreut man sich immer an den bunten Wagen, der Musik, Stimme und dem Spaß. Den ganzen Aufwand dahinter verdeutlicht man sich dann nicht unbedingt. Neben der Gestaltung des Umzuges und einzelnen Wagen müssen Sicherheitskonzepte entwickelt, alle Einkäufe erledigt werden und auch die Reinigung der Straßen ist- zumindest finanzielle - Aufgabe der Gesellschaften. Da gehört einfach unfassbar viel Man-Power dazu, und die ist nicht immer stemmbar. Wenn dann auch noch die ebenfalls angeschlagenen Sponsoren wegbrechen, steht ein Umzug schon einmal auf der Kippe. Die entscheidende Frage ist da letztendlich, ob die Vereinsmitglieder „nur” bei den Umzügen dabei sein wollen oder sich auch aktiv gestaltend einbringen und Verantwortung übernehmen.
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Stellt der Nachwuchs auch ein Problem dar?
Nein. Die Zahlen der jungen Mitglieder steigen konstant, da kommt vor allem über die tanzende Jugend viel Nachwuchs. Oft bringen die Mädchen - und mittlerweile auch teilweise Jungen - ihre Freunde mit. Klar, für manche ist das nur ein Übergangshobby, aber viele bleiben auch.
Dieses Jahr steht das erste Karneval nach der coronabedingten Pause an. Gibt es da Nachholbedarf?
Das ist schwierig zu sagen, von konkreten Nachholbedarf-Plänen habe ich jedenfalls noch nichts gehört. Ich erwarte aber schon, dass besonders bei den Veranstaltungen draußen sich da eine gewisse Stimmung breitmachen wird, dass die Leute Karneval vermisst haben. Das Angebot bietet auf jeden Fall etwas für jeden: Organisiert sind Prunksitzungen, Kinderkarneval, Weiberfastnacht und andere große Veranstaltungen. In Neheim läuft bei uns dafür auch schon der Vorverkauf, die Zukunft zeigt dann, wie groß der Nachholbedarf ist.
Narretei zu Zeiten einer ausklingenden Pandemie, Energiekrise und Krieg: Ist das Eskapismus oder ein freudeschenkendes Ausgleichsventil?
Ich würde nicht sagen, dass die Narretei ein Ventil ist, um auf andere Gedanken zu kommen. Das aktuelle Weltgeschehen ist schlimm, aber das Leben geht weiter, und einige Dinge laufen parallel. Viele Leute möchten ihr normales Leben zurück, und da gehören eben auch Veranstaltungen wie Karneval dazu, das war vor Corona und Putin nicht anders. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie eine Kollegin vor vielen Jahren zur Zeit des Jugoslawienkrieges meinte: „Ich verstehe nicht, wie die Menschen hier feiern können, während dort drüben die Leute sterben.” Damals habe ich dann geantwortet - und ich denke, das gilt noch immer: „Das stimmt schon, aber wenn ich mich von allem Schlimmen herunterziehen lasse, kann ich gar nichts mehr machen”. Nur noch Trübsal zu blasen, bringt uns auch nicht weiter.
Zum Abschluss etwas Versöhnlicheres: Worauf freuen Sie sich am meisten?
Ich freue mich auf das Gesamtkonzept! Rausgehen und feiern, Freunde wiedersehen, die Bräuche. Da gibt es aber nicht den einen einzelnen Faktor, der mich am meisten reizt. Das ist das große Ganze