Arnsberg. Musikalisches Multitalent Leonhard Völlm begeistert mit Liedern von Georg Kreisler.
Unter dem Titel „Tauben vergiften für Fortgeschrittene“ präsentierte das Teatron Theater jetzt das musikalische Multitalent Leonhard Völlm – mit Liedern von Georg Kreisler.
Vorab ein Hinweis für Bedenkenträger: In dieser Veranstaltung kamen keine Tiere zu Schaden. Vielmehr ließ der Künstler Völlm mit den Chansons des Sängers, Dichters und Komponisten Kreisler ein Feuerwerk von praller Lebendigkeit auf sein Publikum los, das an Unterhaltsamkeit kaum zu überbieten war. Kreisler ist vor allem wegen der Bösartigkeit seiner Liedertexte bekannt. Und die kamen auch nicht zu kurz. Temperamentvoll, abwechslungsreich, schelmisch und mit virtuoser Klavieruntermalung sprudelten Kreislers freche Verse, gefärbt mit schwarzem Humor, bissig und voller Mutterwitz von der Bühne.
Abgründige Lebenssituationen
Sie zeugen von abgründigen Lebenssituationen, auch mit Todesfolge, durch Vergiften, Einsatz von Schusswaffen, nicht abgedrehte Gashähne oder böswillige körperliche Eingriffe im Galopp der gedrechselt anmutenden Reime – und es wurden auch schon mal Knocken aufgekehrt.
Aber Kreisler konnte auch anders. Anfang der 1960er Jahre dichtete und komponierte er die „Nichtarischen Arien“, die den Ursprung seiner jüdischen Identität nicht verleugnen und den Protest „darf man das heute schon wieder?“ provozierten.
Schrullige Typen
Skurriles und Anekdoten schrulliger Typen, stark geprägt von der typischen Heimatlosigkeit dieser Menschen wurden von Leonhard Völlm mit jiddischem Akzent vorgetragen und schmunzelnd und auch ein wenig nachdenklich aufgenommen. „O Herr, schick uns Medizin, die Krankheit haben wir schon.“
Weltanschaulich sah er sich als Anarchist
Georg Franz Kreisler (geboren am 18. Juli 1922 in Wien; gestorben am 22. November 2011 in Salzburg) war ein Komponist, Sänger und Dichter.
Er stammte aus einer österreichischen jüdischen Familie. Aufgrund seiner jüdischen Herkunft emigrierte er nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Österreich 1938 mit seinen Eltern in die USA.
1955 kehrte er nach Europa zurück. Dagegen, vorrangig als Kabarettist bezeichnet zu werden, hat sich Kreisler immer gewehrt.
Ebenso verwahrte er sich dagegen, als Österreicher bezeichnet zu werden: „Aber auf keinen Fall bin ich Österreicher … Ich bin seit 1943 amerikanischer Staatsbürger“, hat er immer wieder betont. Weltanschaulich sah er sich als Anarchist...
Völlm präsentierte dann einige von Kreislers Liebesliedern. Wer jetzt eine poetisch ausgebreitete Gefühlswelt erwartete, den konfrontierte der Interpret auf der Bühne wieder mit Kreislers Bissigkeit:
Da ist die Barbara, an die der Liedermacher ständig schwärmend denkt.
Da diese allerdings nicht existiert, würde diese Art der Liebesbeziehung nicht durch Alltagswidrigkeiten behelligt.
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Und der „ausgesprochen schöne Heinrich“ kann sich vor dem Geliebtwerden seiner Mitwelt kaum retten.
Schließlich nimmt Kreisler den Staatsbeamten aufs Korn. Der nichts kann, außer Kriechen und zwar in den A…. von jedem, dem er auf seiner Karriereleiter begegnet. So wird er schließlich zum Politiker, speziell zum Innenpolitiker.
Unermüdlich führte Leonhard Völlm mit Kreislers Songs die Zuhörer durch dessen facettenreichen, meist bissigen Humor im Wiener Dialekt – und auch in jiddischer Mundart, wobei sein Klavierspiel die mit unterschiedlichem Tempo sprudelnden Texte noch plastischer werden ließ.
Poesie voller Lebensnähe
Wie er selbst bekennt, schätzt er Kreisler als Handwerker der Musik und die Einzigartigkeit seiner Poesie voller Lebensnähe: „Je mehr ich die Lieder spiele und singe, desto autobiografischer erscheinen sie mir.“ Mit diesem Empfinden konnte auch sein Publikum nach einem außergewöhnlichen, tief ins Herz und Zwerchfell dringenden Unterhaltungsabend nach Hause gehen.