Hochsauerlandkreis. Volksbanken und Sparkassen kooperieren, um Diebesbanden zu begegnen. Was jetzt helfen soll, erfahren Sie hier
„Sie sind zwischen 18 und 35 Jahren, sie kommen aus der Region Utrecht und Amsterdam und sie gehen mit äußerster Brutalität vor, um an ihr Ziel zu kommen.“
Mit diesen Worten beschreibt Thomas Vogt, Direktionsleiter Kriminalität der Polizei Hochsauerlandkreis, das Täterprofil der Geldautomatensprenger. Das Phänomen der Automatensprengungen ist in Nordrhein-Westfalen seit 2015 bekannt, seit 2018 ist auch das Sauerland betroffen. In diesem Jahr gab es bereits wieder vier Sprengungen in Bestwig, Meschede und Voßwinkel sowie zuletzt am 1. November in Medebach. Während in Medebach die Schadenssumme noch unbekannt ist, wurden für die drei anderen Standorte insgesamt 282.000 Euro an baulichen Schäden und eine Beutesumme von fast 300.000 Euro ermittelt.
Intensive Zusammenarbeit
Die Volksbanken und Sparkassen wollen dieser Entwicklung nun mit einer konzertierten Aktion und einer gemeinsamen Initiative begegnen. Insgesamt sechs Kreditinstitute beider Träger aus dem gesamten Sauerland haben sich bereits im April getroffen, um bessere Schutzmaßnahmen zu planen. „Die Lage hat sich noch einmal in den letzten Monaten drastisch verändert“, erklärt Dr. Florian Müller von der Volksbank Sauerland eG. „Lange Zeit haben die Täter Gas für die Sprengungen benutzt, doch jetzt sind sie auf Festsprengstoff umgestiegen, um unsere bisherigen Schutzmaßnahmen zu umgehen.“
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„Diese Entwicklung macht uns Sorgen, denn längst sind neben dem Geld und den Gebäuden auch Menschen gefährdet. Denn wie am Beispiel Voßwinkel zu sehen war, wurde das Wohngebäude, in dem sich der gemeinsame Automat unserer Kreditinstitute befand, schwer beschädigt“, mahnt Ernst-Michael Sittig von der Sparkasse Arnsberg-Sundern. Für Thomas Vogt von der Polizei des Hochsauerlandkreises ist es nur eine Frage der Zeit, bis eine Person zu Schaden kommt.“ In einigen Fällen bliebe ein Teil des Sprengstoffs, der nicht direkt explodiert am Tatort zurück, was für eintreffende Einsatzkräfte eine zusätzliche Gefahr darstelle. Mit dem Festsprengstoff ließe sich die Sprengung schlechter kontrollieren als mit dem Gas, erklärt Vogt.
In gemeinsamen Gesprächen haben Banken und Polizei die Lage analysiert und nach Lösungen gesucht, um die Sprengungen für die Täter aus den Niederlanden so unattraktiv wie möglich zu machen. „Es gibt zwei zentrale Ziele. Erstens möchten wir die Sprengungen möglichst komplett verhindern und zweitens soll die Strafverfolgung intensiviert werden. Daher haben wir uns gemeinsam auf Mindeststandards zur Sicherung geeinigt“, verrät Sittig.
Aus sicherheitstechnischen Gründen möchten die Vertreter der Kreditinstitute Details der Sicherheitsmaßnahmen nicht ausführen. Dazu gehören aber die Auswahl neuer Standorte für die Automaten sowie die Möglichkeit, das Geld bei der Sprengung unbrauchbar für die Täter zu machen.
Andere Standorte ersetzen
Wichtigster Faktor werden aber sprengfeste Geldautomaten sein. Ein erster dieser Automaten aus Stahlbeton befindet sich ab sofort auf dem Gelände der Stadtwerke Arnsberg in Niedereimer. Die Kosten für diesen Automaten alleine belaufen sich auf 70.000 Euro. Er soll im Umkreis drei andere Standorte ersetzen und die Bargeldversorgung der Menschen in Bruchhausen, Niedereimer und Schreppenberg sicherstellen. In Neheim soll ein weiterer Automat folgen.
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„Wir schauen uns jeden Standort ganz genau an und suchen dann nach weiteren Lösungen. Diese Lösungen können von Standort zu Standort unterschiedlich sein“, betont Florian Müller von der Volksbank Sauerland eG. Zuletzt habe man sogar bereits Probleme gehabt, Vermieter zu finden, die Filialen der beiden Banken in ihren Immobilien haben wollten. „In der Nähe von Marsberg hat uns ein Vermieter gebeten, den Geldautomaten zu schließen, weil nebenan im Haus ein Kinderzimmer ist und man Angst vor den Folgen einer Explosion mit Sprengstoff hatte“, beschreibt Ingo Ritter von der Sparkasse Hochsauerland die Lage.
Wie schwierig letztlich die Strafverfolgung ist, führt Thomas Vogt aus. „Die Täter reisen teilweise Tage oder Wochen vorher an, greifen auf logistische Hilfe hier in NRW zurück und kundschaften die Automaten in Ruhe aus. Am Tattag selbst werden Autos und Kennzeichen gestohlen und dann für die Anfahrt und Flucht genutzt. Zum Teil werden sogar die Airbags in den Fahrzeugen ausgeschaltet, damit die Täter Polizeisperren durchbrechen können.“
Anfangs seien überwiegend die Automaten in der Nähe zu Autobahnen gefährdet gewesen, doch mittlerweile laufe auch der Automat in den entlegensten Dörfern Gefahr, gesprengt zu werden.