Arnsberg. Wir haben mit Ingrid Schulte, Leiterin des ASD des Jugendamts Arnsberg über die vielseitige Arbeit des Jugendamts gesprochen.
Das Jugendamt hat im Volksmund oft einen schlechten Ruf: seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden Kinder aus den Familien reißen und damit Familien zerstören, und dann dafür sorgen, dass die Kinder nicht mehr zurück zu ihren Eltern dürfen. Dass die vielschichtige Arbeit der Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter eigentlich ganz anders aussieht, darüber hat diese Zeitung mit Ingrid Schulte, Leiterin des Bereichs Allgemeiner Sozialer Dienst des Jugendamts der Stadt Arnsberg, gesprochen.
„Wir möchten gern mit diesen absolut unpassenden Vorurteilen aufräumen“, sagt sie. „In den wenigen Fällen, in denen wir leider Kinder aus den Familien nehmen müssen, besteht Gefahr für Leib und Leben des Kindes, und meist haben wir davor schon alles, was möglich ist versucht, damit es nicht zu diesem Schritt kommt.“ Und auch dann sei es nicht das Ziel, die Familie auseinander zu reißen, sondern das Kind zurück zur Familie führen zu können.
Dafür arbeitet der Allgemeine Soziale Dienst, der Bereich des Jugendamts, in dem es um die Arbeit mit Familien geht – und die Aufgaben sind vielschichtiger, als man es auf den ersten Blick erwartet.
Familienleben für alle verbessern
Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, wie der Allgemeine Soziale Dienst Familien unterstützt. Immer mit dem Ziel, das Familienleben für alle Parteien zu verbessern. Es gibt verschiedene Beratungsangebote um all die Alltagsthemen, die Familien beschäftigen. Es werden allgemeine Fragen beantwortet, ganz ähnlich wie auch bei anderen Beratungsstellen – zum Beispiel der des Sozialdiensts katholischer Frauen. Aber auch Trennungsberatungen werden angeboten, in der auch eine Elternvereinbarung erarbeitet werden kann.
Zahlen-Geschichten
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Der besondere Blick geht auf die Bereiche Sicherheit und Ordnung, Schulträgeraufgaben, Verkehrsflächen und ÖPNV, Sportförderung, Kinder- und Familienförderung.
Ingrid Schulte ist sicher: „Die Konfliktpunkte, die immer wieder angesprochen werden, kennen alle Eltern.“ Es geht um unterschiedliche Meinungen zum Erziehungsstil der jeweiligen Elternteile, Probleme in der Partnerschaft, die unter anderem durch Zeit- und Zweisamkeitsmangel entstehen, aber auch um verhaltensauffällige Kinder, Druck wegen schulischer Leistungen oder dem Freiraumverlangen der Jugendlichen. Auch finanzielle Probleme oder die Herausforderung des eigenen Haushalts werden oft von den Eltern angesprochen.
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„Wir sind bei diesen Gesprächen immer Vermittler zwischen Eltern und Kindern.“, erklärt Ingrid Schulte. Neben den Gesprächen mit den Mitarbeitenden des Jugendamts werden auch Erziehungsbeistandschaften und sozialpädagogische Familienhilfen vermittelt, die von freien Trägern gestellt werden. Im Arnsberger Raum sind das der Sozialdienst katholischer Frauen (Skf), der Verein für Kinder- und Jugendhilfe und der Verein Kompass – Ambulante Erziehungshilfe. Das Jugendamt übernimmt bei diesen ambulanten Hilfsprogrammen lediglich die Koordination der Hilfen und die Übersicht über die Fortschritte.
Der Unterschied zwischen einer Erziehungsbeistandschaft und einer sozialpädagogischen Familienhilfe ist recht schnell erklärt: Eine Erziehungsbeistandschaft bedeutet, dass sich ein Sozialarbeiter oder eine Sozialarbeiterin mit dem Kind beschäftigt, das Probleme hat. In der 1:1-Betreuung hat das Kind die Chance, selbst in sicherem Rahmen zu Wort zu kommen. Parallel gibt es auch Gespräche mit den Eltern, um Wege zum besseren Zusammenleben zu finden. Die Eltern werden geschult, die Bedürfnisse der Kinder zu erkennen und besser mit den Kindern und auch unter sich kommunizieren zu können. Eine sozialpädagogische Familienhilfe im Kontrast arbeitet zum größten Teil mit der ganzen Familie, es wird gemeinsam kommuniziert, sensibilisiert und nach Lösungen gesucht.
Der Ablauf dieser beiden Unterstützungsmöglichkeiten ist aber größtenteils ähnlich. „Zunächst wird gemeinsam mit dem Jugendamt festgelegt: was sind unsere Probleme und Herausforderungen, was wollen wir erreichen, wo wollen wir hin? Die nächste Frage ist dann: wie kommen wir dorthin?“, erklärt Ingrid Schulte. „Der Weg wird schließlich gemeinsam mit dem Jugendamt und dem zuständigen freien Träger ermittelt. Dann beginnt die Familie, den Weg zu gehen. Wir schauen immer wieder, wo sie sich befindet, ob sich neue Baustellen aufgetan haben, ob wir noch auf dem Weg sind, den wir gehen wollen.“
Besonders wichtig ist: „Wir erwarten kein perfektes Familienleben – wir wissen, dass das nicht geht. Aber wir wollen dabei helfen, dass es in den Familien so gut wie eben möglich läuft. Deswegen packen wir da an, wo es nötig ist.“ Das macht Ingrid Schulte immer wieder deutlich.
Zusammenarbeit als Erfolgsrezept
Für die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen gibt es auch Eingliederungshilfen, die helfen sollen, sich in Gruppen zurechtzufinden, in denen sie allein untergehen würden, und verschiedene Gruppenangebote des Jugendamts, in denen sich Kinder und Jugendliche, die die gleichen Situationen erlebt haben, miteinander austauschen können – aktuell gibt es zum Beispiel eine Gruppe für Kinder mit psychisch erkrankten Eltern.
„Kindern hilft das sehr, festzustellen, dass sie nicht allein mit ihren Problemen sind“, weiß Ingrid Schulte. Der Austausch zwischen Kindern ist oft auch ehrlicher, direkter – und tut dadurch gut.