Arnsberg. Im Arnsberger Lebenshaus wird der „Día de los muertos“ gefeiert. Mit mexikanischer Trauerkultur lernen, mit den Toten zu lachen und leben.

Betritt man am Donnerstagmorgen Christina Schulte-Huermanns „Lebenshaus“ auf der Rintelenstraße, so lässt sich ein gewohntes Bild beobachten: das kleine Sofa und der Stuhl stehen fest an ihrem Platz im gemütlich eingerichteten Zimmer hinter dem Flur, auf dem niedrigen Tisch und in den Regalen liegen Informationsblättchen über Trauerbegleitung und auch Christina selber sitzt ganz gewöhnlich vor ihrem Computer und geht ihrer Arbeit nach. Noch herrscht hier vertraute Ordnung. Daran soll sich aber bis zum 29. Oktober einiges ändern, denn wie bereits letztes Jahr findet im ehemaligen Tanzsaal des Lebenshaus am letzten Samstag des Oktobers der „Día de los Muertos“ statt. Bei diesem eigentlich mexikanischen Feiertag dürfen somit auch die Arnsberger auf einen bunten, musikalischen und kulinarisch vielfältigen Abend gespannt sein, der den Toten und ihren Leben gewidmet ist.

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Dass ausgerechnet Christinas Lebenshaus Ort des Geschehens sein wird, ist kein Zufall. Sie ist Lebens- und Sterbeamme und kommt in ihrem Beruf sehr viel mit den Themen Tod und Trauer in Berührung: „In Deutschland werden Beerdigungen und besonders Allerheiligen so schwer und trist abgehalten. Das ist eine sehr bedrückende Art, um mit der Trauer umzugehen“. Christina als Amme sei es wichtig zu zeigen, dass die Trauer nach dem Tod einer nahestehenden Person auch anders bewältigt werden könne. Nach dem Tod eines Familienmitgliedes habe ihre Schwester die Situation reflektiert, indem sie angefangen habe, in Anlehnung an den Día de los Muertos Totenköpfe aus Ton in mexikanischer Manier zu gestalten. Darüber sei Christina auf den Feiertag gekommen, und war: „sofort begeistert! Mich fasziniert, wie bunt der Tag ist und die Musik und wie viel gelacht wird. Das ist ein riesiger Kontrast zu Deutschland“.

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Tatsächlich habe sich der bald anstehende Feiertag Allerheiligen hierzulande mit seinem vorübergehenden Tanz- und Feierverbot eher einen bedrückenden, oft traurigen Namen gemacht. Idee hinter dem Día de los Muertos hingegen sei es, das Leben der Verstorbenen zu feiern und auf eine erfüllte Existenz der auferstandenen Seelen zu hoffen. „Um das einmal im Original mitzuerleben, würde ich total gerne nach Mexiko reisen“, schwärmt Christina.

Fest für Jedermann

Diesen Wunsch teilt die Trauer-Amme sicherlich mit dem ein oder anderen, jedoch steht für sie zunächst die Arnsberger Version des Feiertages an. Mit Blick auf den letztjährigen Abend freut sich Christina schon sehr darauf: „Am liebsten wäre es mir, wenn es so wie beim vergangenen Mal wird. Es gab nur wenige Teilnehmer, aber trotzdem war es super schön. Die Angehörigen haben Bilder von ihren Verstorbenen mitgebracht und eine Speise, die sie mit ihnen verbinden, und dann haben wir über die Toten gesprochen. Die Stimmung war ausgelassen, und das ist wirklich ein Fest für jedermann!“. Zwischen 15 und 65 Jahren sei jede Altersschicht vertreten gewesen, also eine durchaus vielfältig gemischte Menge.

iKunstwerke und Trauerhilfe - die mexikanischen Totenköpfe.
iKunstwerke und Trauerhilfe - die mexikanischen Totenköpfe. © Tim Drinhaus

Dieses Jahr wird das Konzept aus 2021 wiederholt. Der ehemalige Tanzsaal, der mit seinen 100 Quadratmetern genug Platz für den ein oder anderen Besucher bietet, soll bunt geschmückt werden, es wird ein kleiner Altar für die Bilder der Verstorbenen errichtet und neben dem selbst mitgebrachten Essen, das Verbindungen zu den Toten knüpfen soll, bietet Christina ein kleines Buffet und Getränke an. „Falls einige Kinder kommen, richte ich auch eine Schminkecke ein. Ich werde auf jeden Fall auch geschminkt sein, das gehört nämlich zum Ritual dazu“, plant Christina den Abend.

Dazu möchte sie ein paar der typisch mexikanischen Totenköpfe ihrer Schwester präsentieren. Einige werden aktuell in Berlin ausgestellt, ein paar der Tonkunstwerke stehen aber im Regal auf der zweiten Etage im Lebenshaus. Passend zum allgemeinen Charakter des Día de los Muertos sind auch sie knallbunt, mit Rosen oder Federn verziert und kombinieren Tod und Leben auf eine neue, frische Art.

Das klingt tatsächlich nach einer feierlichen Stimmung, die Atmosphäre sei jedoch vielschichtiger als nur das: „Klar, hier soll es unbeschwert und heimelig werden, aber natürlich darf man auch weinen. Das gehört zur Trauer ebenfalls dazu. Hauptsache ist, dass es nicht zu steif wird. Am meisten freue ich mich aber auf die Begegnung mit den Menschen, das waren schon letztes Jahr sehr besondere Momente“.

Anmelden erwünscht

Dem sonst so schweren Thema Tod mal lebendig begegnen: wem das zusagt, der kann sich bis zum 25. Oktober bei Christina Schulte-Huerman im Lebenshaus (02931 8714970) zum Día de los Muertos anmelden. Für zwölf Euro gibt es dort am 29. Oktober ab 17 Uhr das Kontrastprogramm zum Allerheiligen drei Tage darauf.

Christina Schulte-Huermann präsentiert einen der Totenköpfe. Sie reut sich schon sehr, den ehemaligen Tanzsaal mit ihnen und weiterem Schmuck zu dekorieren.
Christina Schulte-Huermann präsentiert einen der Totenköpfe. Sie reut sich schon sehr, den ehemaligen Tanzsaal mit ihnen und weiterem Schmuck zu dekorieren. © Tim Drinhaus