Arnsberg. Neubau-Nachfrage im Raum Arnsberg und Sundern sinkt aufgrund von Inflation, Baupreisen und Zinssteigerung. Das sagen die Kreditgeber und Makler.

Drohende Rezession, explodierende Energiekosten, allgemeine Inflation und steigende Zinsen dämpfen die Bau- und Kauflust von Privatpersonen auf dem Immobilienmarkt spürbar. „Die Nachfrage im Bereich der Baufinanzierungen bei Privatkunden ist stark zurückgegangen“, sagt Frank Segref. Er ist Sprecher der frisch fusionierten Volksbank Sauerland. In Einzelfällen, so berichtet er, würden Bau- und Kaufwillige auch von ihren schon weit vorangetriebenen Vorhaben zurücktreten.

Das Freizeitbad Nass reduziert Öffnungszeiten in Sauna>>>

Zurückhaltung bei Neubauten verspürt auch die Sparkasse Arnsberg/Sundern. „Bei einzelnen Kunden ruhen geplante Vorhaben oftmals in der Hoffnung, dass zumindest die Baukosten im kommenden Jahr wieder etwas rückläufig sind“, erklärt Sprecher Matthias Braegas. Erkennbar sei aber eine erhöhte Kreditnachfrage für Umbauten und energetische Sanierungen sowie die Suche nach Bestandsimmobilien als Alternative zum Neubau.

Trends im Blick

Trends im Blick hat auch Immobilien-Unternehmer Wilhelm Meyer aus Neheim. „Die Nachfrage hat sich verändert“, sagt er. Und das betreffe weniger die Kundengruppe, die Immobilien als Investitions- und Anlageobjekt betrachten, sondern die „Häuslebauer“ und privaten Kunden, die vor der Entscheidung stehen, sich eigengenutztes Eigentum anzuschaffen. „Hier spüren wir doch deutlich verzögerte Kaufzusagen, weil die Finanzierung nun schwieriger wird“, so Wilhelm Meyer. Dabei schrecken zum einen die gestiegenen Zinsen ab. „Diese Belastungen sind dann aber ja statisch und für den Käufer berechenbar“, sagt Wilhelm Meyer. Mehr Kopfzerbrechen bereiten offenbar die variablen Kosten wie Energiekosten und die bei einem Neubau schnell ausufernden Baukosten.

So reagiert der Einzelhandel auf die Krise>>>

Aber auch die gestiegenen Zinsen können wehtun. „Die Grundkondition für eine Zinsfestschreibung von zehn Jahren in der Realkreditgrenze hat sich von Anfang 2022 bis heute stark verändert“, sagt Frank Segref. Lag der Nominalzins im Januar 2022 noch bei 1,20 Prozent pro Jahr, liegt er heute bei 3,75 Prozent. Das kann schnell bei der monatlichen Ratenzahlung zu einer Mehrbelastung von mehreren hundert Euro führen. „Da haben wir in der Beratung eine hohe Verantwortung“, weiß Wilhelm Meyer, „wenn es nicht geht, dann geht es nicht“.

Mehr Nachrichten aus Arnsberg und Sundern>>>

Auch die Volksbank hat sich auf die veränderte Situation bei ihren Beratungen eingestellt. „Aufgrund der hohen Inflation und vor allem der stark gestiegenen Energiekosten haben wir unsere Lebenshaltungspauschalen angepasst“, sagt Frank Segref. Bei Neukreditvergaben werde damit der aktuellen Lage Rechnung getragen. Gute Beratung ist wichtig - das betont auch Matthias Braegas. „Gerade in diesen Zeiten ist es wichtig, einen zuverlässigen Partner an seiner Seite zu haben“, sagt er, „wir prüfen gemeinsam mit den Kunden, welche Vorhaben realistisch darstellbar sind“.

Bei den Bestandsfinanzierungen gebe es einen kleinen Spielraum. „Beim niedrigen Zinsniveau haben wir auf eine anfängliche Mindesttilgung von mindestens zwei Prozent bestanden und haben daher einen Puffer in der Annuität aufgebaut“, erklärt der Volksbank-Sprecher. „Sollten Familien in Bedrängnis geraten, werden wir in persönlichen und individuellen Gesprächen die Gesamtsituation betrachten und versuchen, in dem rechtlich vorgegebenen Rahmen eine Lösung zu finden“, so Frank Segref. Matthias Braegas von der Sparkasse verweist ebenfalls auf die Vorgehensweisen, die in bestehende Finanzierungszusagen grundsätzlich Kapitalpuffer für allgemeine Preissteigerungen einkalkuliert hätten. Kurios: Entgegen der allgemeinen Inflation gehen die Preise für Bestandsimmobilien aktuell zurück. Nach Angaben von Frank Segref seien die Transaktionspreise für Wohnimmobilien im Juni 2022 erstmals seit elf Jahren wieder gesunken. „Daher spekulieren einige Käufer auch auf einen Preisverfall“, erklärt er. Während Käufer mit Zinssteigerung, Energiepreisen und Wirtschaftskrise argumentieren, seien potenzielle Verkäufer noch nicht bereit, die geforderten Abschläge zu gewähren.

„Seit einer halben Generation sind Immobilienpreise nicht mehr gesunken“, versucht Frank Segref die Psychologie dahinter zu erklären, „an den Gedanken, dass der Wert des eigenen Häuschens sinken könnte, müssen sich viele erst gewöhnen. Daher herrscht im Moment eine gewisse Orientierungslosigkeit“. Sein Sparkassen-Kollege Matthias Braegas spricht noch nicht von einem Preisrückgang von Immobilien. „So etwas setzt meist zeitversetzt ein“, sagt er. Immobilienmakler Meyer sieht ebenfalls keinen Preisverfall. „Ich würde davon nicht sprechen“, sagt er, „die Preise sind wieder eingefangen, weil die durch den Niedrigzins entstandenen Spitzen nun wieder rausgenommen sind“. Eigentum bleibe eine gute Investition und wichtiges Standbein der Altersvorsorge.