Arnsberg/Sundern. Die Wanderführer Sonja Armerding und Stefan Hast laden ein zum Ausflug in den Arnsberger Wald
Es ist ein Samstagmorgen im Herbst. Noch ist es ruhig im Arnsberger Wald. Der Morgentau liegt auf den Pflanzen und Bäumen. Zusammen mit den beiden Wanderführern Sonja Armerding und Stefan Hast verlasse ich einen der Waldwege und betrete das Dickicht. Die beiden Dortmunder wollen mir die fabelhafte Welt der Pilze zeigen. Und die ist riesig, wie ich schnell erfahre.
„Wir beschäftigen uns seit zwei Jahren mit dem Thema Pilze und haben längst noch nicht alles gesehen und erforscht“, erklärt mir Stefan Hast, indem er mir einen alten Holzstamm zeigt, an dem kleine Pilze wachsen. Allein in Mitteleuropa gebe es rund 10.000 Großpilzarten, so Hast. Kein Wunder, dass man Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte benötigt, um alle Formen und Varianten zu kennen.
Nach kurzer Zeit verstehe ich, warum eine gute Vorbereitung wichtig ist, wenn man Pilze in der freien Natur sammeln möchte.
Gefahren für Anfänger
„Man sollte sich unbedingt gut informieren, denn eine falsche Entscheidung kann tödlich enden“, warnt Sonja Armerding. Besonders das Sammeln von weißen Pilzen ist gefährlich, wie man mir schnell klarmacht. Denn zu vielen weißen Speisepilzen gibt es auch sehr oft ein giftiges Pendant, welches dem essbaren Pilz sehr stark ähnelt. Deshalb eignen sich auch Champignons nicht unbedingt für Anfänger zur Suche. „Es gibt in Deutschland 60 verschiedene Arten von Champignons. Und längst nicht alle sind essbar. Der Karbolchampignon ist beispielsweise sehr giftig, aber für den Laien kaum von einem essbaren Champignon zu unterscheiden“, sagt Stefan Hast.
Bei Steinpilzen sieht die Situation schon wieder etwas anders aus. Die seien gut für den Start in die Pilzsammler-Karriere geeignet. „Wenn sie frisch sind, haben sie so eine beige oder cremige Farbe. Ist ein Steinpilz grün oder bräunlich, ist er nicht mehr ganz frisch. Der ist dann ungenießbar und könnte eine Lebensmittelvergiftung auslösen.
Pilze, die zu der Gruppe der Röhrlinge gehören, wie Steinpilze oder Maronen, eignen sich gut für noch recht unerfahrene Pilzsammler. Denn in dieser Gruppe gibt keine tödlichen Pilze.“
Wir streifen weiter durch den Wald, schauen hinter Baumstämme und zwischen Sträucher, immer auf der Suche nach Pilzen. „Selbst wenn man Pilze gar nicht essen mag, sind viele Menschen trotzdem gerne im Wald unterwegs, um ihrem Sammel- oder Jagdtrieb zu frönen. Man konzentriert sich auf eine Sache, ist abgelenkt vom Alltag und verbringt eine schöne Zeit an der frischen Luft“, betont Sonja Armerding, die zusammen mit Stefan Hast das Infoportal „indynatur“ ins Leben gerufen hat. Dort informieren sie über das Pilzsammeln – und darüber hinaus bieten die beiden auch Kurse, Wanderungen und Infoveranstaltungen rund um das Thema Natur an.
Pilze richtig säubern
Wer Pilze sammeln will, sollte ein kleines, scharfes Messer und einen Gemüsepinsel dabei haben. Zunächst sollte man den gesamten Pilz mit der Hand herausdrehen. Man darf ihn niemals einfach abschneiden, weil dann Merkmale zur Pilzbestimmung verloren gehen. Das Messer kommt erst später zum Einsatz. Betrachtet man den Pilz, sieht man den sogenannten Fruchtkörper – das sind der Stiel und der Hut des Pilzes. Unten dran hängen dann noch ganz dünne, oftmals weiße Fäden, die an Wurzeln erinnern. Sie sind ebenfalls Teil des Pilzes. Was der Laie als Pilz identifiziert, ist daher in Wirklichkeit nur ein Teil des Pilzes. „Das Messer braucht man in der Regel, um die Pilze zur Bestimmung durchzuschneiden oder sie zu putzen, also die Erdreste abzuschneiden“, erklärt Armerding.
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Mit dem Pinsel wird die Frucht ebenfalls von Erde befreit, damit man beispielsweise die Lamellen, falls der Pilz welche hat, besser untersuchen kann.
Hier lauere auch die Gefahr von Apps. „Da wird man immer nur animiert, den Pilz zu fotografieren. Das Problem ist aber dann, dass wichtige Merkmale zur Bestimmung eben nicht zweifelsfrei zu erkennen sind. Man sollte sie deshalb auf keinen Fall dazu verwenden, um Speisepilze zu bestimmen“, mahnt Sonja Armerding.
Auf Fachliteratur zurückgreifen
Aber wie bestimmt man denn nun die Pilze? Stefan Hast rät dazu, einen Kursus zu belegen, in dem erfahrene Pilzsammler die Kriterien zur Pilzbestimmung erklären. „Außerdem empfiehlt es sich, Fachliteratur zu lesen. Für Anfänger eignet sich zum Beispiel das Handbuch für Pilzsammler von Andreas Gminder. Das hat Sonja und mir am Anfang auch sehr geholfen. Dort sind auch Fotos und Grafiken zu sehen, wo die gängigsten Pilze aufgeführt sind und ausführlich erklärt werden.“ Doch selbst mit dieser fachlichen Grundlage sollte man weiterhin vorsichtig sein. Es gibt für jede Region Pilzsachverständige, die man als Anfänger kontaktieren sollte. Zu denen fährt man dann hin, und die Expertinnen und Experten kontrollieren den Korb mit den gesammelten Pilzen. Erst danach sollte man sie auch verzehren.
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Idealerweise sollten Pilze am Tag des Sammelns noch verarbeitet werden. „Im Grunde muss man Pilze wie Fleisch behandeln. Möglichst nicht lange liegen lassen und schnell verarbeiten. Riecht der Pilz schon nicht mehr frisch, sollte man ihn besser nicht mehr verarbeiten“, sagt Hast. Bei Champignons könne man die Frische an den rosa Lamellen erkennen. Die seien ein Indiz hierfür. Sind die Lamellen bereits dunkler, sind die Champignons meist schon älter. Das könne man auch im Supermarkt gut erkennen, wenn man sich dort die abgepackten Pilze anschaut.
Auch ein Drucktest könne dem Laien helfen. „Wenn man auf den Pilz drückt und die Druckstelle geht nicht weg, dann ist das meistens ein Zeichen, dass der Pilz schon etwas älter ist.“ Generell ist Stefan Hast kein Freund vom Transport der Pilze in Plastiktüten. „Wenn man Pilze im Wald sammelt, sollte man sie in einem Korb transportieren.“ Damit Sauerstoff an die Pilze kommt, denn der sorge dafür, dass sie eben länger frisch blieben.
Große Unterschiede
Übrigens sind die Pilzverträglichkeiten bei manchen Menschen vollkommen unterschiedlich, wie Wanderführer Hast festgestellt hat. „Es gibt Menschen, die bestimmte Speisepilze nicht vertragen. Ganz gleich, wie frisch die sind und wie sie zubereitet wurden.“ Und auch was das Thema giftige Pilze betrifft, gibt es große Unterschiede. „Nicht jeder giftige Pilz ist tödlich. Manche sorgen nur für Magendarmbeschwerden. Andere wie der Knollenblätterpilz sind tödlich. Schon ein ganz kleiner Pilz dieser Art kann einen erwachsenen Menschen töten. Hier sind die Symptome auch die Gefahr. Denn zuerst hat man heftige Beschwerden, danach klingt es ab und man hat das Gefühl, dass man auf dem Weg der Besserung ist. Und genau das ist fatal, weil es dann zu spät ist und man kurze Zeit später stirbt“, so Hast.
Und was soll man tun, wenn man versehentlich einen Giftpilz verzehrt hat? „Schnell beim Notruf melden und umgehend ärztliche Hilfe suchen. Außerdem bekommt man im Internet bei der Deutschen Gesellschaft für Mykologie unter dgfm.de wichtige Informationen. Idealerweise sollte man vielleicht noch Überreste des Pilzes in eine Tüte packen und mitnehmen. Dadurch haben es die Mediziner einfacher, ein Gegengift zu finden“, weiß Sonja Armerding.
Mittlerweile sind wir wieder auf den Waldweg zurückgekehrt. Im Körbchen von Stefan Hast und Sonja Armerding liegen einige Champignons. „Man merkt schon, dass der Sommer zu trocken war. Deswegen findet man aktuell auch deutlich weniger als früher. Die Feuchtigkeit fehlt. Aber mit denen hier im Korb lässt sich trotzdem ein prima Gericht zaubern. Vielleicht mit etwas Weißwein und Sahne über Bandnudeln“, schwärmt Stefan Hast, als wir den Arnsberger Wald wieder verlassen.