Neheim. 254 Schuss brauchte es, bis der neue König der Schützenbruderschaft St. Johannes Baptist gekürt wurde. So verlief das Vogelschießen.
Montagmorgen, 22. August, 9 Uhr unter der Vogelstange am Fresekenhof. Hoch oben thront der silberne Schützenvogel mit seinen goldenen Insignien und der mit Glitzersteinen verzierten Krone.
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Krone fällt schon bei den Ehrenschüssen
Die ersten Zuschauer sichern sich die besten Plätze, Klänge des Spielmannszuges und der Musikvereine sind zuhören. Angeführt von der zweiten Kompanie der Schützenbruderschaft St. Johannes Baptist, zu der der amtierende Schützenkönig Axel Cöppicus-Röttger gehört, marschieren Schützen und im Anschluss die Neheimer Jäger auf die Vogelwiese.
Los geht es mit den Ehrenschüssen des geschäftsführenden Vorstands und weiteren Amtsinhabern aus Neheim. Moderiert von Jörg Gothe und Elisa Kruse, fällt nach nur wenigen Minuten die Krone: Scheffe Bernd Obertrifter beweist Zielsicherheit und holt die erste Insignie schon bei den Ehrenschüssen herunter.
„Ich freu mich wie ein Schützenkönig“
„Ich freu mich wie ein Schützenkönig auf das Vogelschießen“, sagt Moderator Jörg Gothe, bevor gegen 9.35 Uhr die offizielle Jagd auf den Schützenvogel beginnt. Bei Maren Cöppicus-Röttger fließen die ersten Tränen – nach drei Jahren wird bald ein Nachfolge-Königspaar für sie und Mann Axel gefunden sein.
Das erste Ziel der zahlreichen Schießwilligen ist schnell ausgemacht: Der Apfel verspricht nicht nur Ruhm und Ehre, sondern auch ein 30 Liter Fass Pils. So wird der Apfel stets löchriger und macht alsbald den Anschein, als hätte sich ein Wurm daran zu schaffen gemacht. Glücklicher Schütze ist um 9.37 Uhr schließlich Sebastian Ricke aus der zweiten Kompanie. „30 Liter Warsteiner zur freien Verfügung. Da wird sich die 2. Kompanie sicher freuen“, so Moderator Jörg Gothe.
Kontrolle mit dem Fernrohr
Nun soll das Zepter dran glauben. Nur wenige Minuten später hält Giuseppe Disimino voll drauf und holt sich die dritte Insignie. Bevor es jedoch ans Eingemachte geht, kontrolliert Oberst Christian Draeger noch einmal mit dem Fernrohr, was sich im Vogelkasten genau abspielt. Dann wird es wild: Im Wechsel schießen hauptsächlich Marco Reffelmann, Klaus-Dieter „Tilli“ Tillmann, Rainer Lesch und zunächst noch Oliver Spanovic auf den Vogel. Erfolgreichster Schütze schon hier: Marco Reffelmann, der den rechten Flügel sowie Hals und Kopf des silbernen Tiers herunter schießt. Langsam lässt sich erahnen, dass sich vor allem zwei Schützen duellieren werden: Reffelmann und Lesch scheinen es ernst zu meinen.
Das Ding mit der Plane
Das Moderatoren-Pärchen Kruse und Gothe begleitet das Vogelschießen mit Witz und interessanten Informationen zu Personen wie Gewehren – und kommt immer wieder auf ein Thema zu sprechen:
Die Sorge, dass die Plane an der Rückwand des Vogelkasten sich nach 2019 erneut lösen könnte. „Man munkelt, es seien diverse Tackernadeln und Pritt-Stifte verarbeitet worden. Wenn wir noch öfter über die Plane sprechen, steht’s morgen vermutlich in der Zeitung“, scherzt Elisa Kruse und soll Recht behalten. Die Plane hielt zum Glück bis zum „bitteren“ Ende.
Und das lässt ein knappe Stunde auf sich warten: Ab ca. 10 Uhr ist aber wohl auch dem letzten Zuschauer klar geworden, welche Schützen es auf die Königswürde abgesehen hatten. Marco Reffelmann, der bereits zum vierten Mal sein Glück versuchte, „Tilli“ Tillmann und Rainer Lesch. Oliver Spanovic leistete zwar noch fast bis zum Schluss Schützenhilfe, nachdem Reffelmann aber auch das letzte bisschen Silber aus dem Kasten schoss (10.08 Uhr) und nur noch der Rumpf zu sehen war, ging es noch kurzfristig zu dritt weiter, Klaus-Dieter Tillmann ließ das Finale dann aber den anderen.
Zuschauer werden mucksmäuschenstill
Während die Zuschauer vor Spannung immer leiser wurden, fiel Holzstück um Holzstück aus dem Kasten. Kurzfristig schien das Vogelschießen bereits entschieden – zugunsten von Rainer Lesch. Doch Oberst Christian Draeger entschied: „Da hängt noch was.“
So ging es noch einige Minuten im stetigen Wechsel weiter.
Das, was da noch hing, war mit bloßem Auge schon kaum mehr zu sehen und rotierte bei jedem Schuss um die Schraube in der Mitte des Kastens. Der Hinweis aus dem Publikum, dass der Rumpf nicht zum Abschrauben sei, schien zu helfen:
Um 10.26 Uhr war es Fähnrich Marco Reffelmann aus der dritten Kompanie, der mit dem 254. Schuss der neue Schützenkönig der Schützenbruderschaft St. Johannes Baptist wurde. Der 46-jährige Elektro-Installateur aus Neheim wird in den kommenden zwei Jahren mit seiner Königin Susanne Ostermann regieren. Ostermann ist stellvertretende Kompanieführerin der dritten Kompanie und von Beruf OP-Krankenschwester.
„Ich bedanke mich für die bisherige Unterstützung und freue mich unheimlich auf die nächsten zwei Jahre als Schützenkönig und eine gute Zeit gemeinsam mit dem Jägerverein“, waren die ersten offiziellen Worte des neuen Neheimer Königs, nachdem er etliche Gratulationen entgegen nahm. Anschließend ging es, nun angeführt von der dritten Kompanie, zurück ins Schützen-Festzelt zur Proklamation und weiteren Feierlichkeiten.