Arnsberg. Ausstellung „Cloud Economy“ von Malte Bartsch im Kunstverein: Höhenflug endet mit Absturz...

Im völlig abgedunkelten Raum lässt sich die große Leinwand nur erahnen. Erst als im linken unteren Eck eine Rakete in den Nachthimmel steigt, erhellt sich das Szenario ein wenig. Doch anstatt funkensprühend im Zenit ihrer Flugbahn zu detonieren, stürzt sie plötzlich ab; erst kurz vor dem Aufprall ein schwaches Flackern und ein dumpfer Knall… Neuer Versuch – gleiches Ergebnis. Deprimierend?

Das muss der Betrachter entscheiden, der sich zuvor bereits in den übrigen Räumen umgesehen hat – Räume, die nicht etwa im Weltraumbahnhof Cape Canaveral angesiedelt sind, sondern im ersten Stock des Hauses Königstraße 24, am Rande des Neumarkts.

Öffnungszeiten

Die Ausstellung „Cloud Economy“ von Malte Bartsch ist vom 15. Juli bis 11. September 2022 im Kunstverein Arnsberg, Königstraße 24, zu sehen; Öffnungszeiten:

Mittwoch bis Freitag von 17.30 bis 19 Uhr; Sonntag von 11 bis 15 Uhr, weitere Termine nach Vereinbarung:

Kontakt/Info: Tel. 02931-21122, Mail: kontakt@
kunstverein-arnsberg.de

Eröffnung am heutigen Freitag, 15. Juli, um 19 Uhr.

Im Anschluss findet im Garten hinter dem Haus Königstraße 24 das Sommerfest des Kunstvereins statt.

Dort ist der Arnsberger Kunstverein beheimatet, der ab dem heutigen Freitag zu einer „energiegeladenen“ Ausstellung einlädt, die locker mit dem Slogan „Technik, die begeistert“ aufwarten könnte; doch der ist längst von Opel belegt.

Stattdessen präsentiert Malte Bartsch aktuelle Arbeiten wie Apparate, Displays oder Aluminiumabgüsse unter dem Titel „Cloud Economy“ – grob übersetzt bedeutet das wohl „Wolken-Ökonomie“.

Zeitmaschine

Bevor Ausstellungsbesucher zu diesen Wolken – tatsächlich ein markanter Part der Expo – vordringen, müssen sie zunächst einchecken – an der „Time Machine“:

Malte Bartsch mit seiner „Alu-Agave“.
Malte Bartsch mit seiner „Alu-Agave“. © WP | Torsten Koch

Wie eine digitale Stempeluhr hängt der graue Kasten samt rotem Knopf an einer Wand im Eingangsbereich. Drücken dieses Buttons quittiert die Maschine mit einem Bon – je länger gedrückt, desto länger der Ausdruck, den jeder als persönliches kleines Kunstobjekt mit nach Hause nehmen darf. Und das nicht nur in Arnsberg: Als dezentrales Projekt konzipiert, sammeln insgesamt etwa 60 Time Machines seit dem Jahr 2013 in sechs Ländern „Zeitspannen“, mal kürzer, mal länger. Mehr als 21.000 mitwirkende Personen sind inzwischen im Besitz einer Quittung, die einen winzigen Lebensabschnitt dokumentiert.

Vorbei an einer etwa drei Meter hohen, „blühenden“ Agave dringt der Betrachter weiter in die Räumlichkeiten vor; Moment – warum glänzt diese Pflanze denn silbrig? Nun, den Moment vergänglicher Blüte hat Malte Bartsch für die Ewigkeit fixiert – in Aluminium gegossen! Dann ist man urplötzlich dem Himmel ganz nah:

Auf großen LED-Displays aus der Werbetechnik „tummeln“ sich die namensgebenden „Clouds“, kommen mal als beruhigende „Schäfchenwolken“, mal als bedrohlich wirkende Unwetterfront rüber. Perfekt abgerundet wird dieses Szenario bei einem Blick auf den realen Himmel über dem Neumarkt, den ein geöffnetes Fenster freigibt.

Vorbei an runden, wie Regale im Supermarkt wirkenden Stahlstelen nähern wir uns schließlich dem eingangs beschriebenen „Raketenstart“ – finaler Beweis dafür, dass unkritischer Fortschrittsglaube auch nach hinten losgehen kann...

In Braunschweig geboren

Der in Braunschweig geborene, heute in Berlin lebende Künstler Malte Bartsch (Jahrgang 1984) begann 2009 sein Studium der Freien Kunst an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig – bei Michael Sailstorfer und Bogomir Ecker. 2012 wechselte er an das Institut für Raumexperimente in die Klasse von Olafur Eliasson (UDK Berlin). Im Jahr 2015 schloss er sein Studium dort als Meisterschüler bei Manfred Pernice ab.

Malte Bartschs Arbeiten waren u.a. zu sehen in: Kunsthal Charlottenborg, Kopenhagen; Neue Nationalgalerie, Berlin; Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart, Berlin; Eigen + Art Lab, Berlin; Kunstverein Bochum; Städt. Galerie Wolfsburg; Villa Schöningen, Potsdam.