Arnsberg. Der Arnsberger Geigenbauer Uwe Fischer hat am „Alten Markt 1“ ein neues Geschäft eröffnet. Exklusive Einblicke in eine unbekannte Handwerkskunst.
Beim Begriff Geigenbau denkt jeder an eine urige Werkstatt im oberbayrischen Mittenwald oder in Markneukirchen und Klingenthal am Rande des Erzgebirges. Aber auch in Arnsberg wird die handwerkliche Kunst des Geigenbaus seit über 100 Jahren betrieben – in der nunmehr dritten Generation von Uwe Fischer. Der 55-jährige Arnsberger ist Geigenbaumeister und übt seinen Beruf, beziehungsweise seine Berufung, mit viel Liebe zum Detail und mit Leidenschaft für Saitenklang und Holzinstrumente aus. Vor kurzem erfolgte der Umzug von der Königstraße in das neue Geschäft.
Doch zunächst ein kleiner Rückblick: Der gebürtige Thüringer Otto Laue, Opa von Uwe Fischer, kam 1919 nach Arnsberg und eröffnete im Eckhaus Mühlenstraße/Jägerstraße ein Musikgeschäft. „Wenn ich Opa Otto besuchte, war ich schon mittendrin zwischen Geigen, Bratschen und Celli“, erinnert sich Uwe Fischer an eine Kindheit, die schon früh von der Nähe zu Musikinstrumenten geprägt war. Denn Otto Laue und Ehefrau Minna wohnten direkt über dem Geschäft, und um die die Wohnung zu kommen musste man durch den Laden gehen. „Ich saß als Kind oft bei meinem Opa auf dem Schoß und schaute ihm bei der Arbeit zu“, scheint diese zuschauen den Anreiz für den künftige Beruf gegeben zu haben. Mitte der 1960er Jahre übernahm dann Helmut Laue das Geschäft von seinem Vater und führte es in bewährter Weise fort. „Bei meinem Onkel Helmut begann ich 1983 eine Lehre zum Geigenbauer“, erzählt Uwe Fischer, der bereits mit acht Jahren den ersten Geigenunterricht bekam.
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Vorausschauend, denn das Spielen des Instruments war und ist natürlich Ausbildungsbedingung. Der Unterricht fand im Blocksystem an der Staatlichen Fachschule für Geigenbau in Mittenwald statt, das handwerkliche Knowhow lernte Uwe Fischer in der Werkstatt an der Jägerstraße. Nach dreijähriger Ausbildung und zahlreichen Hin- und Rückfahrten in die über 700 Kilometer entfernte Metropole der Geigenbaukunst legte er 1986 die Gesellenprüfung bei der Handwerkskammer Düsseldorf ab. Uwe Fischer aber wollte mehr, und so folgte 1993 die Meisterprüfung. Denn: „Ich wurde in er Familie schon seit einiger Zeit als Nachfolger meines Onkels gehandelt“, verrät Uwe Fischer, der dann 1995 auch das Arnsberger Traditionsunternehmen übernahm. Mit der Zeit seien die Räume aber nicht mehr groß genug und auch veraltet gewesen und so erfolgte im Jahre 2006 der Umzug in das ehemalige Geschäftshaus Stahl.
Wie entsteht der Kontakt zu den Kunden in diesem seltenen Handwerk? „Anfangs war Werbung durch Mundpropaganda ein wichtiges Mittel, heute informieren sich die Kunden mehr über die Homepage und die Kanäle der sozialen Medien“, weiß Uwe Fischer und hat sich dieser Zeitenwende mit einer professionellen Internetseite angepasst. So komme der Kundenstamm aus ganz NRW, aber auch von überregional, wie eine Kundin aus Freiburg im Breisgau, die auf der Website von Uwe Fischer ein Cello gesehen hatte und die lange Strecke vom Schwarzwald nach Arnsberg mit dem Auto fuhr, um das hochwertige Instrument persönlich vor Ort abholen zu können. Oder der Kunde aus Malente in der Holsteinischen Schweiz, der ebenfalls ein Cello aus Arnsbergs Instrumentenschmiede kaufte und sich deswegen extra auf den Weg vom hohen Norden in die sauerländische Regierungsstadt machte.
Denn Geigenbaumeister Uwe Fischer hat nicht nur in eigener Werkstatt handgefertigte Geigen im Angebot, sondern wirbt auch mit aufgearbeiteten Streichinstrumenten aus Manufakturen und der Restaurierung von alten Geigen. Dabei werde der Kundenwunsch immer berücksichtigt, sei es bei der Größe des Instruments oder der Helligkeit der Lackierung. Wichtig seien, so der Experte, die Verwendung ausgesuchter Hölzer wie Bergahorn für den Geigenboden und Alpenfichte für die Decke. Einen spannenden Fund machte Uwe Fischer 2006 in der alten Werkstatt an der Jägerstraße. „Dort waren noch alte Hölzer des Firmengründers Otto Laue gelagert, die waren so weit hinten im Regal versteckt, dass man sie kaum sehen konnte“.Derzeit wird eine fast 100 Jahre alte „Solisten Violine“ aufgearbeitet, die 1924 für 90,95 Goldmark von der Firma Heinrich Moritz Schuster aus Sachsen für Albert Taprogge aus Arnsberg hergestellt wurde.
Zwei weitere Prunkstücke in der Sammlung von Uwe Fischer sind eine Geige von 1750 von Johann Georg Thir aus Wien und ein Instrument von 1950 aus der Werkstatt von Petrus Gaggini aus Nizza. An der Werkbank im neuen Geschäft wird in diesen Tagen fleißig gehobelt, geleimt und lackiert, denn bald, so verrät Geigenbaumeister Uwe Fischer, soll die „erste Geige im Schatten des Glockenturms“ fertig sein.