Arnsberg/Sundern. Vor allem bei E-Fahrzeugen dauert es bis zu zwei Jahren. Heimische Händler zu den Ursachen befragt.

Lange Wartezeiten – vor allem bei E-Autos – und teils saftige Preiserhöhungen; wer mit dem Gedanken spielt, sich ein neues Auto zu kaufen, muss derzeit „leidensfähig“ sein. Auch vor Ort?

Wir haben einige heimische Händler um ihre Einschätzung der Situation auf dem Neu- und Gebrauchtwagenmarkt gebeten:

Lieferzeiten

„Die Lieferzeiten bei Neuwagen sind je nach Verfügbarkeit der Hersteller sehr unterschiedlich und betragen aktuell je nach Marke und Modell zwischen sechs Monaten und bis zu zwei Jahren“, erklärt Reinhard Weber, Vertriebsdirektor der Rosier-Gruppe (Mercedes, AMG, smart, Audi, VW, Peugeot).
Teils bis Ende 2023 müssen sich auch Kunden gedulden, die ein E-Fahrzeug von BMW erwerben möchten; wer auf Extras verzichtet, kommt schneller zum Zug, berichtet Lars Hellwinkel. Bei Verbrennern (Benziner, Diesel) gibt es aktuell Lieferzeiten zwischen einem und drei Monaten, so der örtliche Verkaufsleiter der Kaltenbach-Gruppe (BMW, Mini) weiter.
Bei Fahrzeugen von Kia und Toyota seien aktuell Lieferzeiten deutlich unter zwei Jahren die Regel, sagt Andre Wahle (Autohaus Stamm).
„Je nach Modell und Ausstattung können es im Extremfall schon einmal 18 Monate sein, das sind dann aber Ausnahmen – besonders im E-Fahrzeug-Bereich. Im Verbrennerbereich haben wir uns gut bevorratet, so dass wir hier je nach Modell schnell liefern können“, so Dominik Hoffmann, einer der Geschäftsführer des Sunderner Autohauses Hoffmann (Audi, VW, Skoda).

Preise für „Gebrauchte“

„Aufgrund der verstärkten Nachfrage sind die Preise für Gebrauchtwagen seit Beginn der Corona-Krise um ca. 15 bis 20 Prozent gestiegen. Nachdem der Markt zwischenzeitlich etwas angespannt war, ist die Auswahl und Verfügbarkeit an Gebrauchten zurzeit wieder recht gut“, meint Reinhard Weber dazu. Eine deutliche Steigerung bei Gebrauchtwagenpreisen könne sein Unternehmen auf jeden Fall bestätigen, ergänzt Andre Wahle.

Nachfrage E- / Hybrid-Fahrzeuge

„Wir bemerken einen starken Anstieg bei Plug-in-Fahrzeugen und Elektroautos“, führt der Mann vom Autohaus Stamm dazu aus.
Lars Hellwinkel sieht ebenfalls einen starken Trend hin zur E-Mobilität. Die Bereitschaft der Kunden, etwas für die Umwelt zu tun, sei gewachsen, mehr Modellvielfalt und größere Reichweiten machten die Angebote in diesem Segment attraktiver. Hinzu kämen die aktuell sehr hohen Benzinpreise...
Eine hohe Nachfrage nach E-Fahrzeugen – getrieben durch verschiedene Faktoren, u.a. die Spritpreise – gibt es auch bei Hoffmann in Sundern. Die Nachfrage nach Hybridfahrzeugen hingegen nehme aktuell merklich ab. „Wir haben auch eine hohe Nachfrage nach E-Rollern, die gerne für Kurzstrecken genutzt werden, um das Auto stehen zu lassen“, fügt Dominik Kuhlmann an.

Reinhard Weber, Vertriebsdirektor der Rosier-Gruppe
Reinhard Weber, Vertriebsdirektor der Rosier-Gruppe © WP | Rosier-Gruppe

Reinhard Weber beurteilt die Lage differenzierter: „Die aktuell hohen Spritpreise tragen sicherlich dazu bei, dass das Umweltbewusstsein in der Bevölkerung allgemein weiter zunimmt, eine stärkere Nachfrage nach Elektro- und Hybridfahrzeugen lässt sich dadurch jedoch nicht pauschal ableiten“, meint der Rosier-Vertriebschef. Ob sich jemand für ein E-Auto oder einen Verbrenner entscheide, hänge letztlich stark vom Einzelfall und den jeweiligen Rahmenbedingungen ab (fahre ich viel oder wenig, lange oder kurze Strecken, kann ich günstig über eine Wallbox zu Hause nachladen oder bin ich auf öffentliche Ladesäulen mit vergleichsweise hohen Kilowattpreisen angewiesen?). Insgesamt habe E-Mobilität jedoch in den vergangenen zwei Jahren stark an Fahrt aufgenommen, vor allem wegen Förderungen vom Bund (Umweltbonus und Innovationsprämie), die Ende dieses Jahres jedoch teils reduziert bzw. auslaufen (z. B. für Hybride) werden, sowie am größeren Modellangebot der Hersteller. „Es bleibt abzuwarten, wie sich der Wegfall der Prämie für Hybridfahrzeuge und die Reduzierung der Prämie für Elektro-Fahrzeuge auf die positive Absatzentwicklung dieser Antriebsart in 2023 entwickeln wird“, so Weber, „vermutlich werden zumindest bei reinen Elek­trofahrzeugen die Gebrauchtwagenpreise weiter anziehen.“

Nachfrage Dieselfahrzeuge

„Insbesondere bei Viel- und Langstreckenfahrern ist der Diesel nach wie vor die gefragteste Antriebsart“, weiß Weber. Seine Einschätzung teilen Hellwinkel und Kuhlmann („Die Nachfrage nach Diesel-Fahrzeugen ist ungebrochen, und wir verkaufen Diesel weiter“), Etwas anders sieht es beim Autohaus Stamm aus: „Da wir ca 95 Prozent an Privat verkaufen, haben wir seit 2017/18 nur ca. 10 Prozent Diesel im Jahr verkauft – und Toyota hat in normalen Pkw mittlerweile keine Diesel mehr im Angebot“, so Wahle.