Arnsberg. Wie viel Gas beziehen die Stadtwerke aus Russland? Und wie sieht es mit Blick auf den Ukraine-Krieg mit den Reserven aus? Wir haben nachgefragt.

Seit Kriegsbeginn in der Ukraine wächst die Sorge vor einer Gaskrise bei den lokalen Energieversorgern. Sollte es zu einem Embargo gegen Russland kommen, sind die Bundesreserven endlich und schon jetzt wirkt sich der Krieg auf die ohnehin schon enorm steigenden Gaspreise aus. Doch was bedeutet das konkret für die Versorgungslage im Arnsberger Raum? Wir haben bei den Stadtwerken Arnsberg nachgefragt, wo unser Gas herkommt und wie sich der Krieg auf die hiesige Gasversorgung auswirken könnte.

50 bis 55 Prozent russisches Erdgas

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„Inklusive kleiner Schwankungen um die Ein-Prozent-Marke ist es so, dass die Stadtwerke Arnsberg, wie alle anderen deutschen Versorger auch, rund 50 bis 55 Prozent russisches Erdgas beziehen“, erklärt Thomas Stock, der unter anderem als Leiter im Geschäftsbereich Energie tätig ist. Weitere 35 Prozent stammen aus Norwegen und wiederum 15 Prozent stellen eine Mischung aus Erdgas aus verschiedenen Ländern wie den Niederlanden und Deutschland dar. „Dass der Krieg nun tatsächlich ausbricht und der Gaspreis immer weiter in extreme bis absurde Höhen steigt, damit hat aber natürlich niemand gerechnet“, sagt Thomas Stock, der dieser Tage ebenso wenig wie die Politik voraussagen kann, inwiefern und wie lange die Energiepreise noch ansteigen und welche Auswirkungen der russische Angriffskrieg noch mit sich zieht.

Reserven bis zum Winter

Die deutschen Gasreserven reichten nach jetzigem Kenntnis- und Informationsstand noch bis zum Winter dieses Jahres. Positiv wirke sich darauf natürlich der anstehende Frühling und der Sommer aus - Jahreszeiten, in denen der Gasverbrauch ohnehin erheblich geringer ist. „Für unsere Bestandskunden haben wir uns mit den Gasmengen eingedeckt und diese im Vorfeld beschafft“, erklärt Stadtwerke-Geschäftsführer Ulrich K. Butterschlot die aktuelle Lage bei den Stadtwerken. „Durch unsere Beschaffungsstrategie haben wir alles uns Mögliche getan, um die Gasmengen für unsere Kunden zu sichern.“

Zeitfenster mit günstigen Preisen

Ein wenig anders verhält es sich mit dem Neukundengeschäft. „Für ein gewisses Kontingent an Neukunden wurden bereits Mengen mitbeschafft“, erklärt Thomas Stock. „Durch die enorme und sprunghafte Nachfrage haben wir das Neukundenkontingent aber bereits vollständig ,abverkauft’“. Um Neukunden aufnehmen zu können, müssen Gasmengen an der Börse nachbeschafft werden. Derzeit arbeite man mit Hochdruck daran, in den Zeitfenstern Gas an der Börse zu kaufen, wenn der Preis kurzzeitig sinkt, um die Kosten für die Verbraucher so gering wie möglich zu halten. So versuche man, die Preise wieder auf ein moderates Level zu bringen, um zeitnah auch wieder Neukunden aufnehmen zu können. „Das ist aktuell leider noch immer nicht möglich. Wir hatten es vor, doch die Preise wären derart absurd gewesen, dass wir uns entschieden haben, weiterhin abzuwarten. Sobald es geht und vertretbar ist, nehmen wir aber selbstverständlich sehr gerne wieder Kunden auf und kontaktieren die Interessenten“, erklärt Stock weiter.

„Wir stehen im ständigen Austausch mit unseren Partnern und verschiedenen Verbänden darüber, wie es mit der aktuellen Lage weitergeht, um vorbereitet zu sein und schnell handeln zu können“, so Butterschlot. Aber am Ende haben die Stadtwerke keinen Einfluss auf die physische Gaslieferung oder die Preise an der Börse. „Wir versuchen alles, um unsere Kunden so gut wie möglich durch diese Zeit zu bringen“, versichert der Geschäftsführer. Auch am Strommarkt ist die Lage angespannt, sodass die Stadtwerke auch in diesem Bereich gerade keine neuen Kunden aufnehmen können.

Neukunden nur bei Regionalstrom

Eine Ausnahme bilde dahingehend der regenerative Regionalstrom der Stadtwerke Arnsberg, wo man ersten Neukunden einige Verträge anbieten konnte. „Wir nehmen Kontakt zu den Kunden auf unserer Warteliste auf“, so Ulrich K. Butterschlot. Bei Regionalstrom handelt es sich um eine Mischung aus Wind-, Bio-Gas- und Wasserenergie sowie Energie aus Photovoltaik-Anlagen, die sich im Umkreis von 50 Kilometern um Arnsberg befinden. Thomas Stock sagt: „Wir möchten damit nachhaltig für eine regenerative Energieversorgung in und um Arnsberg sorgen. Und aufgrund der steigenden Preise ist der Regionalstrom erstmals sogar günstiger als konventioneller Strom.“ Das Regionalstrom-Angebot richte sich aber ebenso an Unternehmen.

Das sagt E.ON:

  • Auch E.ON, als ein weiterer Energie-Versorger vor Ort, beobachte die Situation in der Ukraine intensiv und mit großer Sorge.
  • „Als deutscher E.ON-Vertrieb beliefern wir unsere Kundinnen und Kunden in Deutschland unter anderem mit Erdgas. Für diese kaufen wir die benötigten Energiemengen an den Großhandelsmärkten bei unterschiedlichen Händlern ein. Die Herkunft der dort gehandelten Mengen wird nicht ausgewiesen. Eine konkrete Aussage zur Zusammensetzung der gelieferten Energie ist uns deshalb nicht möglich“, heißt es auf Nachfrage dieser Zeitung von einem E.ON-Unternehmens-Sprecher.
  • Es bleibe abzuwarten, wie die Entwicklung langfristig verläuft – vieles spreche dafür, dass Preise wohl länger hoch bleiben. „Zu konkreten Auswirkungen für die Endkunden können wir Stand heute noch nichts sagen. Hier kommt es auch auf die Entlastung der Preise durch die Politik durch eine allgemeine Senkung von Steuern und Abgaben sowie ergänzend gezielten Maßnahmen zum Schutz besonders betroffener Kundengruppen an“, erklärt der E.ON-Sprecher.
  • Die Sicherung der Energieversorgung in Deutschland sei ein Thema der Politik und der ganzen Branche, zu dem E.ON einen aktiven Beitrag leiste.