Langscheid. Blaualgen im Sorpesee: Was bedeutet das langfristig für die Gewässerqualität? Kann der See „kippen“?

Blaualgenteppiche sind nicht immer so gut erkennbar wie hier an der Ostsee.
Blaualgenteppiche sind nicht immer so gut erkennbar wie hier an der Ostsee. © ZB | Stefan Sauer

Der Sorpesee ist von einer Blaualgen-Plage befallen: Die Badesaison ist beendet. Was sind die Ursachen und Risiken des plötzlichen Anstiegs der Bakterien-Konzentration? Und was macht das langfristig mit der Wasserqualität?

Der Ruhrverband beruhigt: „Das ist keine Plage“, sagt Britta Balt, Sprecherin des Talsperrenbetreibers, „wir sprechen von einem erhöhten Bio-Volumina“. Soll heißen: Die Bewertung, ob Blaualgen eine Plage seien oder nicht, hänge vom Nutzerinteresse ab. Wasserwirtschaftlich sei die Messung höherer Konzentrationen von Blaualgen-Bakterien kein Problem. Die Ruhrverbandssprecherin macht auch klar, dass das Gewässer durch erhöhe Mengen an Blaualgen nicht „kippen“ kann. Blaualgen seien natürliche Bestandteile eines Gewässers - es gebe rund 2000 Arten dieser Bakterien, einige von ihnen entwickelten bei der sogenannten Blüte Toxine, die bei Berührung des schleimigen Schaums zu Reaktionen bei Mensch und Tier führen könnten.

Auch langfristig seien keine Probleme zu erwarten, so Britta Bald. Sobald die Bedingungen für das Gedeihen der Blaualgen-Bakterien nachlassen - also das Wasser abkühlt, weniger Sonnen- und Lichteinstrahlung auftritt und Nährstoffmengen zurügehen - würden die Blaualgen wieder in normaler und für alle Seenutzer bedenkenloser Menge vorkommen. Es sei also nicht damit zu rechnen, dass zwangsläufig im nächsten Frühjahr ein neuer Blaualgen-Alarm ausgerufen werden müsse. Allerdings hatte der Mescheder Hennesee in 2016 und 2017 in zwei aufeinanderfolgenden Jahren mit Blaualgen zu kämpfen.

Was aber hat nun die erhöhten Werte im Sorpesee ausgelöst? Martin Levermann, Chef der Sorpesee GmbH, kann da nur spekulieren. „Ich vermute, dass durch den starken Regen bis Mitte der vergangenen Woche viele Nährstoffe von den Feldern in die Sorpe gespült worden sind“, sagt er. Tatsächlich ist die Anreicherung eines Gewässers mit Nährstoffen wie sie bei der Düngung von landwirtschaftlichen Flächen aufgebracht werden eine mögliche Erklärung für das vermehrte Auftreten von Blaualgen.

Viele Faktoren

„Es ist aber multifaktoriell“, lässt Britta Balt vom Ruhrverband als Besitzer des Sorpesees wissen, „und ganz unüblich ist das in der Jahreszeit auch nicht“.

Geht es nach Martin Levermann, hätten die Blaualgen aber gerne noch ein paar Tage auf sich warten lassen können. „Das ist schade“, sagt er, „wir hätten gerne die letzten warmen Sommertage im Strandbad noch mitgenommen.“ Zumal ja der Sommer bislang auch nicht wie erhofft gelaufen war. Zwar sei da im Spätsommer auch nur noch mit rund 200 Badegästen pro Tag zu rechnen, doch gehe es in einer touristischen Region wie dem Sorpesee ja auch um das grundsätzliche Angebot einer Bademöglichkeit.

Das sind die Gefahren für den Menschen

Einige Blaualgen produzieren Giftstoffe, die für Menschen eine Gesundheitsgefahr darstellen können. Insbesondere Menschen mit geschwächtem Immunsystem sowie Kleinkinder und Schwangere sollten das Baden in be­lasteten Gewässern vermeiden. Der Kontakt mit Blaualgen führt häufig zu Hautreizungen und zu allergischen Reaktionen, es können aber auch Übelkeit, Durchfall und Erbrechen, Fieber oder Atemwegserkrankungen sowie Bindehautentzündungen und Leberschäden auftreten.

Geschlossen, so betont die Sorpesee GmbH als Betreiber, wurde das Strandbad in Eigenverantwortung. „Wir haben zwar im Strandbadbereich noch keine Blaualgen-Messwerte über dem Grenzbereich gehabt, doch wir haben uns in Absprache mit dem Kreisgesundheitsamt auf die vorzeitige Schließung geeinigt“, so Levermann.

Regelmässige Messungen

Im Strandbad würden regelmäßig eigene Wasserwertmessungen vorgenommen.

Gemessen wurden die Werte der Blaualgen-Bakterien vom Ruhrverband am 3. September im Bereich unterhalb des Vorbeckens in Amecke. Gesichtet worden ist der grünliche Schaum zudem am Westufer, ohne jedoch labortechnisch überprüft worden zu sein. „Zum Glück ist das nicht mitten in der Saison passiert, das wäre dann wirklich gar nicht gut gewesen“, so Martin Levermann. Jetzt sei die Badesaison ohnehin dem Ende nahe gewesen, aufgrund der nächtlichen tiefen Temperaturen ist das Wasser nur noch knapp 17 bis 18 Grad warm. Der Sorpesee GmbH-Chef warnt nun vor allem Tierbesitzer vor der Blaualge, die sich durch grünlichen Schaum vor allem am Ufer von stilleren Buchten bemerkbar macht. „Hunde sollten da nicht mit in Kontakt kommen“, so Levermann, „die können da sogar dran sterben“.

Ein generelles Wassersportverbot am Sorpesee ist mit der Blaualgen-Plage nicht verbunden. Boote oder Stand-up-Paddler dürfen weiter auf den See. Das Baden ist formal außerhalb des Strandbades an der Sorpe ohnehin verboten. Über die Ursachen des Ausbreitens der Blaualgen-Bakterien rätselt nun auch der Ruhrverband:

Wassertemperatur, Nährstoffgehalt des Wassers, Sonneneinstrahlung – das alles beeinflusst die Entwicklung der Plage. „Grundsätzlich sind diese Bakterien aber immer in den Gewässern“, so Britta Balt, „und die normalen Konzentrationen sind auch problemlos.“

Gefahr für Mensch und Tier

In höheren Konzentrationen ist mit Blaualgen allerdings nicht zu spaßen: Der Hautkontakt kann bei empfindlichen Menschen Allergien auslösen. Wenn man das mit Toxinen angereicherte Wasser trinkt, kann es zu Magenproblemen kommen. Wenn es sich im Körper anreichert, kann es sogar krebsauslösend sein“, warnen Experten für Ökologie, Physiologie und Molekularbiologie.

Einer Blaualgen-Plage steht man eher hilflos gegenüber, und es ist abzuwarten, bis die Konzentrationen nachlassen. „Eine Plage während der Saison habe ich in den vergangenen zehn Jahren hier noch nicht erlebt“, sagt Levermann. Vor drei Jahren hatte der Sorpesee mit einer anderen Alge zu kämpfen, als sich die Wasserpest ausgebreitet hatte.