Oeventrop/Hochsauerlandkreis. Oeventroper Verein „Gegen Windkraft in Wäldern – Naturfreunde Ruhrtal“ kritisiert Genehmigung dreier Windräder scharf.

Jetzt also doch: Die Oeventroper müssen sich darauf einstellen, dass sich in naher Zukunft drei Windenergieanlagen (WEA) mit einer Gesamthöhe von jeweils deutlich über 200 Metern hoch über dem Dorf drehen: Wie Dienstag berichtet, hat der Hochsauerlandkreis als zuständige Behörde „Errichtung und Betrieb von insgesamt drei WEA mit jeweils 4,2 MW-Nennleistung und einer Nabenhöhe von 169 Metern in Arnsberg-Oeventrop“ genehmigt.

Bescheid ab 19. August auch online einsehbar

Wegen verschiedener negativer Stellungnahmen hatte die Stadt Arnsberg das gemeindliche Einvernehmen gemäß § 36 BauGB für die drei „Mühlen“ in Oeventrop bis zuletzt verweigert, doch dem HSK blieb nach Klärung aller Einzelheiten keine Wahl: Das Vorhaben der Felix Nova sei, gemessen an den gesetzlichen Vorgaben, genehmigungsfähig; ansonsten stünden Schadensersatzforderungen in Millionenhöhe ins Haus.

Nun warten (nicht nur) die Oeventroper gespannt auf Einzelheiten des Genehmigungsbescheids, der ab Donnerstag hier eingesehen werden kann:
Stadt Arnsberg Umwelt/Ressourcen, Zimmer 519, Rathausplatz 1, Montag bis Freitag von 8 bis 12 Uhr sowie Dienstag und Donnerstag von 14 bis 16 Uhr. Aufgrund der aktuellen Lage ist eine telefonische Terminvereinbarung (02932-2011817) erforderlich.
HSK als Genehmigungsbehörde Untere Umweltschutzbehörde/Immissionsschutz, Zimmer 233, Am Rothaarsteig 1 in Brilon, Montag bis Freitag von 8.30 bis 12 Uhr sowie Montag, Mittwoch und Donnerstag von 14 bis 15.30 Uhr und Dienstag von 14 bis 17 Uhr, Terminvereinbarung 02961-943155, www.hochsauerlandkreis.de/hochsauerlandkreis

Weil die Genehmigungsbescheide erst ab Donnerstag, 19. August, öffentlich ausliegen, sind offiziell noch keine Details zum weiteren Vorgehen des Antrag­stellers, der Firma Felix Nova GmbH aus Rahden, bekannt. Wir haben mit Thomas Röttger gesprochen; in seiner Funktion als Vorsitzender des Vereins „Gegen Windkraft in Wäldern – Naturfreunde Ruhrtal e.V.“ findet der Oeventroper in einer Stellungnahme deutliche Worte:

„Viele Oeventroper haben mit großer Bestürzung zur Kenntnis genommen, dass der HSK die Genehmigung für drei jeweils 240 Meter hohe Windindustrieanlagen erteilt hat“, sagt Röttger. Somit entstünde direkt vor den Toren Oeventrops die zurzeit größte „Abladehalde“ für Windräder in dieser Größenordnung in NRW.

Drei WEA mit jeweils 4,2 Megawatt-Nennleistung und einer Nabenhöhe von 169 Metern dürfen nahe Oeventrop gebaut werden.
Drei WEA mit jeweils 4,2 Megawatt-Nennleistung und einer Nabenhöhe von 169 Metern dürfen nahe Oeventrop gebaut werden. © Marco Kneise

Das schlimmste an der Sache sei jedoch, dass nur ein einziger einheimischer Oeventroper Waldgrundstücksbesitzer seine Flächen für diese Anlagen verpachte, um in Zukunft ordentlich Profit zu machen. „Er nimmt stillschweigend in Kauf, dass das östlichste der drei Windräder direkt vor dem beliebten Oeventroper Ausflugsziel ‘Opa Schräkels Strülleken’ stehen wird – nicht einmal 700 Meter von den ersten Wohnhäusern an der Straße „Zur Hünenburg“ entfernt, ärgert sich Röttger, „die zu erwartenden akustischen Beeinträchtigungen sowie die verheerende ‘optische Bedrängung’ dieser überdimensionalen Industriemonster scheint den Profiteur auch nicht zu interessieren.“

Unterschriftenaktion

Obwohl sich bereits im Jahr 2016 fast 3000 Menschen in einer großen Unterschriftenaktion grundsätzlich gegen „Windräder in Oeventroper Wäldern“ ausgesprochen haben (wir berichteten) und zusätzlich über 800 schriftliche Einwendungen gegen den Bau der nun genehmigten drei Oeventroper Anlagen eingereicht wurden, habe der einheimische Verpächter zusammen mit dem Projektierer der Windindustrieanlagen die Planungen knallhart weiter durchgezogen, ohne auch nur ansatzweise Rücksicht auf die Belange vieler ortsansässigen Menschen zu nehmen.

„Das ist für unseren Verein Verrat an einem Großteil der Oeventroper Dorfgemeinschaft“, legt sich dessen Vorsitzender fest. Hinzu kämen nun noch für viele Oeventroper die „verheerenden Auswirkungen beim Bau der Anlagen“.

Massive Umweltschäden

Die momentane Planung (beantragter und vorerst genehmigter Erschließungsweg bei der Stadt Arnsberg) sieht laut Kenntnis von Thomas Röttger eine Anfahrt über die Straßen „Raulfs Ufer“ oder „Zur Hünenburg / Am Hünenberg“, dann weiter über den „Echterberg“ in den Wald vor. „Mehr als 1000 Lkw-Fahrten mit tonnenschweren Geräten und riesigen Bauteilen, die nur Schwerlasttransporter transportieren können, werden durch diesen beschaulichen Teil Oeventrops fahren und mit ihrem Lärm und den enormen Abgasen das Lebensumfeld der Anwohner massiv beeinflussen“, schätzt der Vereinschef die Lage ein.

Eine Alternative wäre laut Röttger die Fahrt durch das Strümmecketal an der Rumbecker Brücke, wo aber alleine für das „Drehen“ der Riesentransporte ein Art Wendeplatz (in Fußballfeldgröße) im Bereich von Rumbeck auf Privatgrundstücken gefunden werden müsste. „Ganz zu schweigen von der noch ausstehenden Umweltverträglichkeitsprüfung“, so Röttger weiter, „denn durch den Bau der Schwerlasttrasse würde das bisher malerische Strümmecketal massiv in Mitleidenschaft gezogen.“

Skandal

„Ein richtiger Skandal“ sei es, dass der Oeventroper Projektierer „Felix Nova GmbH“ dasselbe Gutachten zur Artenschutzprüfung verwendet habe wie bereits der Projektierer Abo Wind, der auf Freienohler Seite weitere fünf WEA errichten will.

„In Bezug auf den streng geschützten und seit fast 20 Jahren über Oeventrop ansässigen und brütenden Schwarzstorch wurden unvollständige und nicht der Realität entsprechende Nahrungsflugrouten aufgeführt, mit der Folge, dass für diesen seltenen Vogel von den Windrädern angeblich keine Gefahr ausgeht“, führt Thomas Röttger aus.

Ortsansässige Jagdpächter hätten aber mehrfach versichert, dass der Vogel „von überall her überall hinfliegt“ – und nicht nur einen Nahrungsflugweg hat. „Aber auch das scheint niemanden zu interessieren“, so das Fazit von Röttger und seinen Mitstreitern. Es gehe vordergründig zwar um Klimaschutz, aber eigentlich nur um reinen Profit...

Es fehlen noch Unterlagen

Die in unmittelbarer Nachbarschaft – auf Freienohler Gebiet – geplanten fünf Windräder des Projektierers „Abo Wind“ haben inzwischen übrigens wieder gute Chancen auf Genehmigung:

Nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster im September 2020 musste das Genehmigungsverfahren vom HSK weitergeführt werden – und läuft noch immer, gibt Martin Reuther auf Nachfrage Auskunft. Abo Wind müsse weitere Unterlagen nachreichen, so der HSK-Pressesprecher. Erst dann könne die Kreisverwaltung eine Entscheidung fällen – einen Zeitpunkt könne man nicht nennen.

Errichtet werden sollen auf dem Areal unmittelbar an der Ortsgrenze zu Oeventrop fünf Windenergie-Anlagen vom Typ „Senvion 3.2M122 NES“ mit einer Gesamthöhe von jeweils 200 Metern.