Arnsberg. Die durch Trockenheit und Borkenkäferplage entstandenen Kahlflächen im Arnsberger Stadtwald sollen aufgeforstet werden: Ortstermin im Wald.

Der Wald ächzt unter dem Klimawandel und der daraus resultierenden Borkenkäferplage. Weil aber der Wald ein extrem wichtiger Baustein im Ökosystem ist, stehen Forstwissenschaft, Försterinnen und Förster sowie die Waldbesitzer vor riesigen Herausforderungen, um den Wald der Zukunft klima­stabil aufzustellen. Traurig: Der Kampf gegen den Borkenkäfer ist in der heimischen Region bereits verloren.

Zwei Gruppen

Die Waldführung zur Aktion „Waldretter“ unserer Zeitung übernahmen Stadtförsterin Petra Trompeter, Stadtförster Sebastian Demmel und Marco van Putten, Leiter der Technischen Dienste der Stadt Arnsberg.

Aufgeteilt in zwei Gruppen, wurden – immer mal wieder mit feuchten Grüßen von oben – die Wiederaufforstungsmaßnahmen erläutert sowie Fragen
beantwortet.

Und diese für jeden sichtbare Niederlage gegen das kleine Insekt zeigte Stadtförsterin Petra Trompeter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Führung im Rahmen der Aktion „Waldretter“ unserer Zeitung auf. Anhand von nüchternen, aber selbst in lebhaftester Fantasie kaum fassbaren Zahlen: „Ein einziger Borkenkäfer hat am Jahresende gut 150.000 Nachkommen produziert, denn alle sechs bis zehn Wochen gibt es Nachwuchs. Das ist eine unheimliche Vermehrungsdynamik.“ Hochgerechnet: Bei zehn Käfern sind es zum Jahresende schon 15.000.000 Nachkommen.

Stadtförsterin Petra Trompeter erläutert das Vorgehen der Stadt bei der Wiederaufforstung. Links im Bild Stadtförster-Kollege Sebastian Demmel.
Stadtförsterin Petra Trompeter erläutert das Vorgehen der Stadt bei der Wiederaufforstung. Links im Bild Stadtförster-Kollege Sebastian Demmel. © Achim Gieseke / WP

Was auch die Geschwindigkeit erkläre, mit der der Käfer der Fichte nahezu flächendeckend den Garaus mache. Angesichts dieser Entwicklung müsse man sagen: „Wir haben in unserer Region den Kampf gegen den Borkenkäfer verloren.“ Und die verheerende Borkenkäferplage resultiert aus dem fortschreitenden Klimawandel. Der Käfer und damit der von diesem verursachte Schaden an den Fichtenbeständen beschäftige Forstwissenschaft und Waldbesitzer zwar schon von jeher. „Aber bei Weitem nicht in diesem Ausmaß.“ Doch als eine Folge der extremen Trockenheit in den vergangenen drei Sommern, erläuterte die Stadtförsterin, hätten die Fichten aufgrund von Wassermangel kein Harz mehr produzieren können. Die natürliche „Waffe“ gegen den Borkenkäfer. „Und so ist der Schaden jetzt immens.“

Dabei sei die Stadt als Waldbesitzerin noch glimpflich davongekommen. „Denn der Fichtenbestand des Stadtwaldes hat nur 30 Prozent ausgemacht. Damit stehen wir vergleichsweise noch gut da“, sagt Trompeter. „Dennoch haben wir jetzt hier den radikalen Wandel erstmals deutlich vor Augen.“ Und damit habe auch für die Stadt ein neues Kapitel forstlicher Arbeit begonnen. Nämlich mit der Frage: „Wie gehen wir mit diesen Kahlflächen um?“

Durch Wiederaufforstung mit dem Ziel, klimastabile Mischwälder zu entwickeln (siehe auch Zweittext rechts).

Doch nicht nur Wiederaufforstung ist angesagt. „Denn auch die Natur selbst ist ein Teil der Lösung“, so Försterin Petra Trompeter. Was bedeutet: Auf einigen Flächen entwickelt sich der Bewuchs auf natürliche Weise. Erst später werde dann forstpflegerisch eingegriffen.

Wiederaufforstung

Für die Wiederaufforstung setzt die Stadt auf trockenresistente heimische Arten wie Eiche und Lärche, aber auch auf neue Baumarten wie Esskastanie und Douglasie.

Ein Manko: „Da 85 Prozent der Stadtwaldfläche FFH- oder Naturschutzgebiet sind, dürfen per Gesetz dort nur heimische Baumarten angepflanzt werden.“ Selbst, wenn sich andere Arten als deutlich klimastabiler erweisen. Nicht nur für Petra Trompeter eine antiquierte, im Grunde rückwärtsgerichtete Verordnung, die nicht mehr in die Zeit des fortschreitenden Klimawandels und der damit einhergehenden Probleme passe. „Da müsste schon entsprechend etwas passieren,“ sind sich die Stadtförsterin und der Leiter der Technischen Dienste, Marco van Putten, einig.

Eine solche Änderung des Naturschutzgesetzes halten auch nicht wenige Teilnehmer der Waldführung für zwingend erforderlich. „Und ein grundsätzliches Umdenken in der Bevölkerung in Sachen Klimawandel gehört ebenfalls dazu,“ wie es eine Teilnehmerin zum Ausdruck brachte.

Neun Hektar aufgeforstet

Bislang hat die Stadt in 2019 und 2020 im Stadtwald im Bereich Arnsberg und Neheim rund neun Hektar der durch Trockenheit und Borkenkäfer entstandenen Kahlflächen aufgeforstet. Durch – Stand Mitte Juni dieses Jahres – 5350 Bäume. Der Stadt sind dabei Kosten von 60.000 Euro entstanden.

Allerdings: „Da überall im Land in den Wäldern riesige Kahlflächen vorzufinden sind,“ sagt Marco van Putten als Leiter der Technischen Dienste der Stadt, „ist die Beschaffung von Baum-Setzlingen aufgrund der enormen Nachfrage nicht gerade einfach.“

„Arnsberg forstet auf – Bäume pflanzen für die Zukunft“: Mit diesem Aufruf hatte die Stadt im Februar 2020 Bürger, Vereine und Firmen um Unterstützung bei der Wiederaufforstung der Kahlflächen gebeten. Die Betroffenheit über den Waldzustand in der Bevölkerung und damit der Wille, zu helfen, sei groß gewesen. Kein Wunder, ist der Wald doch CO2- und Wasser-Speicher, Lebensraum für Flora und Fauna und Erholungsort. So konnte durch diese bürgerschaftliche Unterstützung eine Fläche von einem Hektar bepflanzt werden.

Allerdings musste die Stadt geplante Pflanzaktionstage aufgrund der Corona-Pandemie absagen. Ein Anfang sei zwar mit den ersten Pflanzungen gemacht, aber die Wiederaufforstung bleibe eine große Aufgabe für die nächsten Jahre.

Daher wird die Aktion „Arnsberg forstet auf – Bäume pflanzen für die Zukunft“ fortgesetzt. Im Herbst sollen nun Pflanzaktionstage angesetzt werden, bei denen sich alle Bürgerinnen, Bürger oder Vereine tatkräftig einbringen können – wenn es Corona erlaubt...Info: www.arnsberg.de/klima