Hüsten. Seit 20 Jahren leitet der Hüstener Marco Rafolt innerhalb von Seminaren Gruppenführungen durch das Konzentrationslager Auschwitz.

„Das Vergessen oder Verdrängen der Geschichte von Auschwitz wäre ein Verbrechen an den Opfern des Nationalsozialismus“, sagt der 39-jährige Hüstener Marco Rafolt, der seit etwa 20 Jahren innerhalb von Seminaren Gruppenführungen durch das Konzentrationslager Auschwitz leitet.

So nehmen Sie teil

Wer an einem Seminar mit Marco Rafolt teilnehmen möchte, kann sich bei ihm per Mail: Marco.Rafolt@evg-online.org melden.

Marco Rafolt steht aber auch gerne zur Verfügung, wenn es um Fragen rund um Auschwitz geht, also alles, was Unterkünfte, Buchungen von Führungen und weitere Ziele in Polen angeht.

Weitere Informationen zu Auschwitz gibt es online, unter auschwitz.org/en/

Dies macht Rafolt keinesfalls aus beruflichen Gründen – er ist Gewerkschaftssekretär der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Er führt diese Seminare durch, weil sie ihm noch 20 Jahre seit dem Start seiner Bildungsarbeit nahe gehen. Zum ersten Mal besuchte er Auschwitz als 18-Jähriger. Damals war er Teilnehmer einer Tour. Die nationalsozialistischen Konzentrationslager berührten ihn so sehr, dass ihn das Thema nicht mehr losließ. Er sprach mit seinem damaligen Referenten, der ihn an die Hand nahm und den Grundstein für seine heutigen Seminare legte. Marco Rafolt machte eine Referentenausbildung und über die Jahre hinweg bildete er sich zusammen mit weiteren Referenten weiter und mit der Zeit kam er dem Thema rund um Auschwitz näher.

Gruppenreisen nach Polen

Seit mehreren Jahren reist er mit Gruppen nach Polen. In den Jahren hatte er nicht nur das KZ Auschwitz besucht, sondern viele weitere deutsche Konzentrations- und Vernichtungslager wie Chelmno, Stutthof oder Treblinka. Er und seine Kollegen seien kein Verein, sondern lediglich eine Gruppe, die an der NS-Geschichte interessiert ist und die Leute aufkläre. „Die Leute erfahren von uns lediglich von Mund zu Mund“, so der Hüstener. Marco Rafolts Motivation hinter dieser Tätigkeit ist die Aufklärung der Menschen und seine Ausbildung als „Kaufmann für Verkehrsservice“. Zudem interessierte es ihn, wie stark die damalige Reichsbahn in die Deportation zu den Konzentrationslagern eingebunden war. „Die Deutsche Bahn tut sich bis heute schwer mit der Geschichte“, erklärt der Eisenbahner.

Marco Rafolt
Marco Rafolt © Lothar Ladage

Die Offenlegung der Historie würde eher langsam vorangehen. Dabei würden laut Marco Rafolt die Eisenbahner gerne mehr von der Geschichte der Reichsbahn in Erfahrung bringen. Dem 39-Jährigen zu Folge waren Gewerkschaften eine oppositionelle Bedrohung für Hitlers Politik. Deswegen wurden Gewerkschaften verboten, Gewerkschaftshäuser gestürmt und Gewerkschafter in Konzentrationslager inhaftiert, was viele nicht überlebten. In Marco Rafolts Seminaren erfahren die Teilnehmer auch, wie die Konzentrationslager entstanden. Diese seien zunächst Arbeits- und Umerziehungslager gewesen. „Die systematische Tötung in Gaskammern begann mit dem sogenannten ,T4 Programm’. Die Bezeichnung wurde abgeleitet von der Zentraldienststelle T4 in Berlin. Tausende Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen wurden durch das T4-Programm ermordet. Später wurden in Gaskammern etwa sechs Millionen Juden getötet“, erklärt Marco Rafolt.

Verantwortung übernehmen

Die Seminare des 39-Jährigen werden meist von Interessierten besucht, die sich selbst das Ausmaß der Thematik kaum vorstellen können. Besonders Jugendliche gehen offen damit um. Sie denken oft über die Frage nach, wie diese Tragödie geschehen konnte und wer Schuld sei, berichtet Marco Rafolt, der sich selbst andere Fragen stellt: „Ich stelle mir die Schuldfrage nicht, sondern die Frage der Verantwortung.“

Rafolt interessiert sich nicht nur für die geschichtliche Aufbereitung des Themas, vielmehr will er auch Verantwortung übernehmen. Seine Referenten-Tätigkeit übt er ehrenamtlich aus, um eine gewisse Verantwortung zu übernehmen. Er wolle dazu beitragen, dass man aus der Geschichte lerne, um eine menschenwürdige Zukunft zu gestalten. „Besonders weil viele Zeitzeugen schon gestorben sind, ist es wichtig, dass Leute Interesse an der Thematik zeigen und Auschwitz besuchen“, sagt Rafolt und fügt an:

„Da viele Zeitzeugen schon verstorben sind, können sie uns die Geschichte nicht mehr persönlich erzählen. Aber wir dürfen nicht zulassen, dass die Geschichte vergessen wird und deswegen machen wir diese Seminare.