Arnsberg. Das geschichtsträchtige Klassizismus-Haus an der Ecke zum Europaplatz ist von Grund auf saniert und soll wieder erlebbar werden.

Lange Jahre dämmerte es eher unansehnlich vor sich hin, doch nun ist das Haus Brückenplatz 8 von den neuen Besitzern in ein Schmuckstück verwandelt worden.

Ein Schmuckstück, das drei Unternehmen unter einem Dach vereint: „Kremers Freiräume“, Objektschutz „MK“ und das moderne Café „Beyond“, das am morgigen Samstag, 31. Juli, eröffnet wird. Und ganz nebenbei feiert das klassizistische Gebäude den 200. Geburtstag.

Fühlen uns in der Pflicht, dem Haus den angemessenen Stellenwert zu verschaffen

Ein kleiner Einblick in das „Café Beyond“ im Haus Brückenplatz 8.
Ein kleiner Einblick in das „Café Beyond“ im Haus Brückenplatz 8. © WP | Achim Gieseke

Damit haben Meinolf Kremer und Alexandra Heiland-Kremer - unterstützt von Tochter Charlotte - einen wichtigen Beitrag geleistet, Brückenplatz und Europaplatz weiter aufzuwerten, dort für neues Leben zu sorgen. Denn, und das zeigt sich immer wieder: Ein gutes Beispiel ist oft Anstoß für andere Immobilienbesitzer, entsprechend nachzulegen.

„Wir fühlen uns auch ganz einfach in der Pflicht,“ sagt Alexandra Heiland-Kremer, „diesem geschichtsträchtigen Haus den angemessenen Stellenwert zu verschaffen.“

Immerhin: Das Gebäude im klassizistischen Stil ist nicht nur 200 Jahre alt, sondern es war das erste Wohnhaus jenseits der Ruhr. Also ein Meilenstein für die Stadtentwicklung und praktisch der erste wichtige Baustein für das Entstehen der Neustadt.

Das Sanierungsmotto: „Art déco trifft Klassizismus“

So hat die Familie jede freie Minute im Corona-Jahr 2020 dazu genutzt, die von ihr erworbene Immobilie auf den neusten und modernsten Stand zu bringen. „Das unter dem Motto: Art déco trifft Klassizismus.“ Und alles nach den strengen Vorgaben des Denkmalschutzes und unter den wachsamen Augen des langjährigen Arnsberger Denkmalpflegers Ralf Herbrich. „Und der war zum Schluss vom Ergebnis der Sanierung ganz begeistert.“

Inzwischen ist die im April 2020 begonnene Renovierung mit großem Sinn für die Haus-Geschichte nahezu abgeschlossen. „Das Haupthaus ist fertig, die Arbeiten an Anbau, Außenanlage und Parkplatz liegen in den letzten Zügen,“ so Heiland-Kremer. Das „neue“ Haus Brückenplatz 8 im Überblick:

Kremer Freiräume

Alexandra Heiland-Kremer mit ihrer Tochter Charlotte Kremer in einer der neuen, sehr geräumigen Ferienwohnungen. Dazu gehören Parkplätze sowie Ladesäulen für E-Autos und E-Bikes.
Alexandra Heiland-Kremer mit ihrer Tochter Charlotte Kremer in einer der neuen, sehr geräumigen Ferienwohnungen. Dazu gehören Parkplätze sowie Ladesäulen für E-Autos und E-Bikes. © Unbekannt | Achim Gieseke

In den oberen Etagen befinden sich drei modern ausgestattete, geschmackvoll eingerichtete große Ferienwohnungen, die die Atmosphäre der 200-jährigen Hausgeschichte eindrucksvoll widerspiegeln. Die Vermietung läuft bereits - und das, sagt Alexandra Heiland-Kremer, richtig gut.

Etwas ganz Besonderes ist dabei die Wohnung im Dachgeschoss. Denn diese beinhaltet ein im Interieur verborgenes Escape-Spiel. Die Wohnung kann man entweder als Ferienwohnung mit Spielmöglichkeit mieten oder einfach auch nur als Spielstätte. „Für letzteres gibt es bereits viele Anfragen von Unternehmen, die so die Team-Bildung fördern wollen.“ Ein weiterer Escape-Raum ist im Keller geplant. „Denn das Haus soll wieder erlebbar werden.“

Kremers Beyond Café

Ein Ausschnitt des Eingangsbereich des „Café Beyond“, das am Samstag, 31. Juli, an den Start geht. Die Öffnungszeiten: dienstags - freitags 9 - 16 Uhr, samstags 10 - 14 Uhr, sonntags nur bei Anfrage für Gesellschaften.
Ein Ausschnitt des Eingangsbereich des „Café Beyond“, das am Samstag, 31. Juli, an den Start geht. Die Öffnungszeiten: dienstags - freitags 9 - 16 Uhr, samstags 10 - 14 Uhr, sonntags nur bei Anfrage für Gesellschaften. © WP | Achim Gieseke

Das „Beyond“ ist ein Tagescafé mit Außengastronomie im Hof für Frühstück, Lunch oder einfach nur zum Plaudern. Geführt wird es von Tochter Charlotte Kremer, die gerade ihr Studium der Wirtschaftspsychologie mit dem Bachelor abgeschlossen hat, aber von dem Familienprojekt „Brückenplatz 8“ so begeistert war, dass sie mit eingestiegen ist.

Blick auf einen Teilbereich der Café-Außengastronomie hinter dem Haus Brückenplatz 8.
Blick auf einen Teilbereich der Café-Außengastronomie hinter dem Haus Brückenplatz 8. © Privat | Privat

„Im Café wollen wir abwechslungsreiche gesunde Angebote bereitstellen,“ so Charlotte Kremer. Im Angebot findet sich aber auch Mittagessen zum Mitnehmen, das bequem per App geordert werden kann. Dabei setzt die junge Unternehmerin auf absolute Müllvermeidung. „Wir wollen keine Einwegverpackungen.“

Vielmehr kommen Vytal-Schalen zum Einsatz: Die Kundin, der Kunde nimmt das Essen mit und bringt - ohne Pfandaufschlag - die Schale nach spätestens 14 Tagen zurück. Zur Wiederverwendung.

Das Café wird am Samstag, 31. August, von 12 bis 14 Uhr mit einem „Free Opening“ den Betrieb aufnehmen. Mit einem Glas Eistee nach Art des Hauses und einem Gewinnspiel. Auf diese Weise sollen die Arnsbergerinnen und Arnsberger das Café erst einmal kennenlernen.

„Richtig durchstarten werden wir dann ab 3. August.“ Unterstützt wird Charlotte Kremer dabei von ihrer Mutter, einer erfahrene Gastronomin. Unter anderem war sie Leiterin des Neheimer „Rodelhauses“.

MK Objektschutz

Das dritte Unternehmen im Haus ist „MK Objektschutz“, das von Meinolf Kremer betrieben wird. Er ist vielen sicher noch als Gastronom des legendären Neheimer Szenelokals „Pe Mü“ bekannt.

Der original erhaltene Luftschutzkeller könnte Ziel von Stadtführungen werden

Noch im Originalzustand: der Luftschutzkeller aus dem Zweiten Weltkrieg. Alexandra Heiland-Kremer und Tochter Charlotte bemühen sich darum, den Keller für Stadtführungen öffnen zu dürfen.
Noch im Originalzustand: der Luftschutzkeller aus dem Zweiten Weltkrieg. Alexandra Heiland-Kremer und Tochter Charlotte bemühen sich darum, den Keller für Stadtführungen öffnen zu dürfen. © WP | Achim Gieseke

Im Keller des Hauses „Brückenplatz 8“ befindet sich noch ein Luftschutzkeller im Originalzustand, in dem Bewohner und Nachbarn im vergangenen Krieg bei Luftangriffen Schutz gesucht hatten. Auch das ein Teil der Stadtgeschichte.

Hier steht Alexandra Heiland-Kremer derzeit noch in Verhandlungen mit der Stadt, ob dieser Raum für Stadtführungen geöffnet werden kann. „Die zunächst angestrebte gastronomische Nutzung hat man uns allerdings untersagt.“

Das erste Wohngebäude jenseits der Ruhr

Kurz zur Haus-Geschichte: Als die Preußen 1816 nach Arnsberg kamen und die Regierungsgeschäfte übernahmen, entstand an Neumarkt, Kloster-, Prälatur- und Königstraße das Klassizismusviertel als Wohnstätte der preußischen Beamten.

Als einziger wagte damals der Unternehmer Hohhoff den Sprung über die Ruhr und errichtete dort - trotz Warnungen vor Hochwassergefahren - 1821 mit königlichen Bauhilfsgeldern das heutige Haus „Brückenplatz 8“. Der über der Eingangstür befindliche Sandstein-Kaminsturz in Rokoko-Formen stammt übrigens aus den Überresten des 1762 zerstörten Arnsberger Schlosses.

Später erwarb dann Notar Wilhelm Seissenschmidt das Gebäude und betrieb dort eine Kanzlei. Er war übrigens von 1836 bis 1842 Bürgermeister in Arnsberg, dann von 1847 bis 1866 Stadtverordneter. Weitere Besitzer folgten.