Voßwinkel. Über die für Menschen existenzielle Bedeutung der Bäume klären Waldpädagogen im Wildwald Voßwinkel auf- die WP war mit Waldpädagogen unterwegs.

Wer im sommerlichen Wildwald Voßwinkel durch den alten Laubwald spaziert, erfreut sich zunächst an dem frischen Grün und der angenehmen Luft unter den schattigen Bäumen. Hier scheint die Welt noch in Ordnung - Klimawandel, wo bist Du? Über solche Erste-Blick-Erfahrungen kann Wildwald-Försterin Anneli Noack allerdings nur die Stirn runzeln, sie sagt: „10 bis 20 Prozent unserer Eichen sind krank.“ Denn beim Gang durch alten Baumbestand sollte man nicht nur geradeaus schauen, sondern auch öfters mal den Blick ganz nach oben auf die Baumkronen richten. Hier gibt es manchmal verlichtete Kronen, das heißt: Die Baumkrone hat sich nicht normal ausgebildet, es gibt lichte Stellen. Warum das so ist, können Waldpädagogen erklären.

Hier gibt es viel zu erzählen: Waldpädagogin Diane Hedtkamp steht im Wildwald Voßwinkel vor einer etwa 400 Jahre alten Hochsitz-Eiche. 
Hier gibt es viel zu erzählen: Waldpädagogin Diane Hedtkamp steht im Wildwald Voßwinkel vor einer etwa 400 Jahre alten Hochsitz-Eiche.  © Martin Schwarz | Martin Schwarz

Im Wildwald Voßwinkel sind schon seit vielen Jahren Waldpädagogen im Einsatz und bieten zum Beispiel naturkundliche Gruppenführungen für verschiedenste Themen im Wald an. Mit den beiden langjährigen Waldpädagogen, den Eheleuten Matthias Vogt und Diane Hedtkamp, sowie mit Försterin und Wildwald-Betriebsleiterin Annelie Noack unternahm unsere Zeitung einen Waldspaziergang, um das Bewusstsein dafür zu stärken, wie notwendig menschliche Verhaltensänderungen sind, damit der von Menschen herbeigeführte Klimawandel den Wald nicht noch weiter schädigt.

„Der Baum und ich“

Auf dem Waldweg zeigt Matthias Vogt auf einen Baum und fragt: „Was bedeutet dieser Baum für mich?“ Auf den ersten Blick ist keine persönliche Beziehung zu erkennen - da steht halt ein Baum im Wald -, doch dann legt der Waldpädagoge los: „Ich atme den Sauerstoff des Baumes, der Baum spendet mir Schatten, er bindet Staub, schützt vor Bodenerosion und bietet Lebensraum für Flora und Fauna.“

Die für Menschen existenzielle Bedeutung des Waldes

Diese für die Menschen überlebenswichtige Rolle können allerdings immer weniger Bäume einnehmen - angesichts des von Dürrezeiten und anderen Wetterextremen geprägten Klimawandels. Diane Hedtkamp macht auf Sturmschäden aufmerksam, die der Laie oftmals nicht erkennt. „Eichen haben Pfahlwurzeln, also recht gerade nach unten reichende Wurzeln. Leichte Sturmschäden fallen dem Laien hier gar nicht auf. Im Bewusstsein sind eher die umgestürzten Fichten mit Flachwurzeln.“ So könnte ein Sturm, der die Wurzeln von Eichen anriss, auch die Ursache für verlichtete Kronen sein.

Mitmachen und Waldretter werden

Unsere Zeitung beteiligt sich auch finanziell an der Aktion. Für jeden neuen Leser pflanzen wir einen Baum in der Region. Der Verlag hat zugesagt, mindestens 1500 Bäume zu spenden. Für Leser, die einen neuen Leser werben, gibt es ein Angebot unter aufforsten

Eine Baumspende ist ab einem Betrag von 5 Euro möglich. Dafür wird die Fläche hergerichtet, ein Setzling gepflanzt und gepflegt. Hier geht’s zur Spende: waldretter

Baumpate werden: Da die Wiederaufforstung eine Generationenaufgabe ist, kann man auch Baumpate werden. Für monatlich 10 Euro wird der Spender Pate einer 50 Quadratmeter großen Waldfläche, um für eine kontinuierliche Wiederaufforstung zu sorgen. Wer 19 Euro monatlich spenden möchte, wird Pate von 100 Quadratmetern Mischwald. Details: waldlokal.com/

Bei naturkundlichen Führungen für Kinder verdeutlichen Waldpädagogen spielerisch Sturmschäden an Bäumen. „Wir können das in einem Pantomimenspiel machen, in dem Kinder jeweils einen Teil des Baums darstellen“, berichtet Matthias Vogt. Dass durch Sturm ein Baum ins Ungleichgewicht gerät, kann ganz einfach dargestellt werden, indem sich ein Kind an einen aus Kindern gebildeten Stamm kräftig anlehnt. So wird Wissen spielerisch vermittelt, gleichwohl ist das Wissen über den Wald oftmals klein, zumal es „bei Führungen für Grundschulklassen nicht selten ist, dass ein größerer Teil der Schüler bisher noch gar nicht im Wald war“, sagt Matthias Vogt.

Mehr Interesse an Ökologie

Das Interesse an Wald und ökologische Zusammenhänge hat in der Corona-Pandemie allerdings merklich zugenommen. „Obwohl wir im vergangenen Jahr wegen der Coronaschutzvorschriften keine Führungen oder Aktionen wie Fütterungsschau anbieten durften, weil diese dann Menschen zusammengeführt hätten, waren dennoch viele Menschen im Wildwald unterwegs“, berichtet Anneli Noack.

Der Wald wurde so zu einem beliebten Zufluchtsort für Erholung. Gleichzeitig wuchs aber auch der Wunsch, mehr über den Wald zu erfahren, in dem der Besucher häufiger unterwegs ist. Dies wiederum hat sich jetzt nach der Lockerung der Coronaschutzvorschriften positiv auf die Buchungen für Gruppenführungen ausgewirkt.

Neue Organisation der waldpädagogischen Angebote im Wildwald Voßwinkel

Federführend für naturkundliche Angebote im Wildwald Voßwinkel sind Matthias Vogt und Diane Hedtkamp. Die beiden Wald- und Erlebnispädagogen sind auch Gesellschafter der Arnsberger „Kräftespiel GbR“, die nun in Kooperation mit Waldakademie und Wildwald Voßwinkel die naturkundlichen Angebote organisiert und konzipiert. Für die Team-Seilanlage (früher Klettergarten) im Wildwald bleiben sie weiterhin zuständig.

„Menschen brauchen die intensive Naturerfahrung, um ihr Verhalten zu ändern“, betont Diane Hedtkamp. Erst dann entstehe eine neue grundsätzliche Einstellung zu Ernährung, Konsum und Mobilität im Zeichen des Klimawandels. Schon beim Wetterempfinden könne man ansetzen: „Viele sprechen nur dann von schönem Wetter, wenn die Sonne schient. Dem Wald tut es aber gut, wenn es regnet.“ „Und uns tut es auch gut!“, fügt ihr Mann an.