Hüsten. Ein klarer Heimsieg für Friedrich Merz im Stadion Große Wiese. Bei der Wahl um die CDU-Bundestagskandidatur im HSK ließ Favorit nichts anbrennen.
Die ganz große Stadionatmosphäre kam nicht auf: Als der CDU-Kreisvorsitzende Matthias Kerkhoff am Samstag um 11.50 Uhr den Arnsberger Friedrich Merz in der Sport-Arena „Große Wiese“ in Hüsten zum Sieger der Wahl um die Nominierung als Direktkandidaten der Partei für die Bundestagswahl erklärte, brandete kein frenetischer Jubel auf. Das verbot der Respekt gegenüber dem unterlegenen Patrick Sensburg und offenbar auch die Erwartung eines klaren Siegs für Merz. Der war dann auch so gekommen: 327 zu 126 Stimmen waren eindeutig.
In einer anderen Liga
Um passend zur außergewöhnlichen Location eines Fußballstadions im sportlichen Bild zu bleiben: Friedrich Merz ließ im Heimspiel - er wohnt knapp drei Kilometer vom Stadion entfernt im Ortsteil Niedereimer -nichts anbrennen und fuhr einen im übertragenen Sinne ungefährdeten 3:1-Erfolg ein. Patrick Sensburg schlug sich zwar achtbar, hielt bei seiner Rede gut dagegen und trat mutig auf. Letztendlich aber spielte er bei diesem Duell doch in einer anderen Liga als der politisch polarisierende Friedrich Merz und setzte auch auf andere Themen.
Anpfiff bei Sonne und kühlen Temperaturen
Als interessierter Beobachter am Rande stand Rainer Kapteiner. Er ist seit gefühlten Ewigkeiten Platz- und Stadionwart in der „Großen Wiese“ in Hüsten. „So ein Duell habe ich hier aber in 30 Jahren noch nicht gesehen“, sagte er, „der Platz ist bespielbar“. Heiter bis wolkig - beim Einlass kaum mehr als zwei, drei Grad. Aber kein Grund, dass es nicht am Samstagmorgen mit kleiner Verspätung um kurz vor 10 Uhr losgehen konnte. Das auch deshalb, weil der CDU-Stadtverband Arnsberg als Gastgeber bereits am Freitag viel beim Aufbau mitangepackt hatte. „Die Veranstaltung läuft doch reibungslos“, freute sich nachher auch der CDU-Stadtverbandsvorsitzende Peter Blume.
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Die Wahrheit liegt bekanntlich auf dem Platz: Den Führungstreffer erzielte zweifelsfrei Patrick Sensburg. Er war der erste Bewerbungsredner auf der auf der Tartanbahn aufgebauten Bühne neben Großbildleinwand. Sein verdientes Törchen spielte er heraus, indem er auf seine Vernetzung und seine Erfolge in Berlin für das Sauerland verwies und betonte, für eine „moderne CDU“ zu stehen. Das Publikum - außer seine vor allem aus dem Ostkreis mitgebrachten Fans - konnte er zwar erreichen, aber eben nicht voll begeistern. Nicht hilfreich, wenn es letztendlich nicht um Tore, sondern um die Unterstützung und die Stimmen der 460 erschienenen Delegierten aus dem gesamten Kreis geht.
Zweite Halbzeit an Merz
Die zweite Halbzeit im Stadion „Große Wiese“ gehörte Friedrich Merz, der sofort Druck machte und dabei mit konservativer Taktik mehr den halbrechten Flügel bespielte. Der Ausgleichstreffer fiel schnell: „So kann es in der CDU und in Berlin nicht weitergehen“, sagte Merz und erntete den ersten Applaus ein. Das 2:1 ließ nicht lange auf sich warten. Er nehme einen neuen Anlauf von der Basis aus, weil da die Kraft der CDU liege. „Von Oben kommt nichts mehr.“ Die CDU müsse „wieder den Mut haben, eine stinknormale bürgerliche Partei zu sein, anstatt dem Zeitgeist hinterherzulaufen.“ Und kaum war der anerkennende Beifall verklungen, setzte Merz erneut an und kritisierte, dass die CDU ihren Kompass verloren habe, und betonte, dass sich das Sauerland nicht durch grün-getriebene Klimapolitik mit Windrädern zustellen lassen wolle. Auch das ein Schuss in den Winkel. So was ist ganz nach dem Geschmack vieler CDU-Mitglieder im Sauerland.
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Kritik an Gender-Sprache
Der Sieg war Friedrich Merz nicht mehr zu nehmen, obwohl dieser später zugab, dass das Stadion nicht der beste Platz für politische Debatten sei. „Da bist du als Redner nicht nah genug an den Leuten“, so Merz. Für einen „Hallensportler“ hatte er das Duell im großen Rund aber dennoch gut und fest im Griff. Nur einmal brachte er sich selber noch einmal in typischer Merz-Manier selbst noch einmal kurz in Bredouille, als er zu einer lang anhaltenden Attacke gegen das Gendern in der Sprache ansetzte. Da stockte selbst einigen seiner Anhänger der Atem. Eine immer meinungsstarke Arnsberger CDU-Delegierte, gab zu, dass sie „das einmal wegatmen musste“ und zog direkt den Schluss daraus, dass man sehe, dass die CDU beim Thema Gleichstellung der Frau noch Nachholbedarf habe.
Friedrich Merz aber hielt seinen Kasten sauber und spielte die Partie souverän nach Hause, räumte aber ein, dass er eben kein Mainstream-Spielmacher sei. „Ich werde in Berlin ein unbequemer Abgeordneter sein, um unseren Kindern und jungen Menschen eine Zukunft zu geben.“ Das war der Lattenkracher zum Schluss - es blieb beim 3:1.
Dank an Sensburg
Nach dem Abpfiff des Duells applaudierten die Delegierten. Merz hatte sie überzeugt, ohne sie gleich von den Stühlen zu reißen. Als Schiedsrichter Matthias Kerkhoff die Rivalen verabschiedete, gab es von allen Seiten langanhaltenden Applaus für Patrick Sensburg. Der gratulierte höflich und sofort. Und auch Friedrich Merz wendete sich als Sieger an den Unterlegenen und sprach diesem seinen Respekt auf. Mit einem Augenzwinkern gab er aber auch zu, dass es „gut tut, mal wieder eine Abstimmung zu gewinnen“.
Während das Rednerduell um die HSK-Kandidatur der CDU lief, wurde in sozialen Medien schon kritisiert, dass die Delegierten überhaupt in dieser Form im Stadion trotz der Corona-Pandemie zusammenkommen konnten. Ein „Geisterspiel“ gab es für diesen politischen Showdown nicht - Delegierte sind aber eben keine Zuschauer, sondern politische Mandatsträger. Auf den Sitzbänken hatten aber Sitzkissen der Freilichtbühne Hallenberg die Abstände vorgegeben. „Mit etwas Kreativität ist einiges möglich“, kommentierte Regierungspräsident Hans-Josef Vogel, der sonst ja lieber beim BVB als Fußballzuschauer auf der Tribüne sitzt, auf Nachfrage, „so ein Stadion kann man vielseitig nutzen“.
Teststation am Stadion
Der CDU-Kreisverband hatte aber auf Sicherheit gesetzt und allen Delegierten einen vorherigen Test und das Maskentragen empfohlen - darauf verpflichten konnte er sie allerdings nicht. Rund 50 Anmeldungen waren für ein Schnelltest-Zentrum in einer Kabine des Stadions eingegangen, wo Marcel Kaiser und Klaus Humpe die Abstriche vornahmen.
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel - alle blicken nun schon auf die Bundestagswahl. Nicht aber Rainer Kapteiner, der Platzwart. Der machte sich zusammen mit den Helfern der CDU ans Aufräumen. Das nächste Spiel wird auf sich warten lassen, weil der Fußball-Landesligist SV Hüsten wie der gesamte Amateursport ja in der Corona-Zwangspause steckt. „Wurde ja wirklich Zeit, dass hier mal wieder was los ist“.