Neheim. Mit agilen Arbeits- und Organisationsmethoden sowie Team mit hoher Eigenverantwortung steuert Neheimer Softwareentwickler nexoma auf Erfolgskurs.
Stillstand und eingefahrene Prozesse passen nicht zum Geschäftsmodell. Das inzwischen zehn Jahre alte Softwareentwicklungsunternehmen „nexoma“ aus Neheim setzt auf Agilität: Gute Planung, schnelles Handeln und flache Hierarchien sowie ein hohes Maß an Eigenverantwortung. Eine moderne Arbeitswelt wie diese braucht besondere Typen. „Es geht nur mit totaler Kooperation“, sagt Geschäftsführer Guido Sauerland.
18 Mitarbeiter bei Nexoma
Guido Sauerland (47) ist Inhaber und Geschäftsführer des vor zehn Jahren gegründeten Softwareentwicklers Nexoma.
Die Firma hat nach Anfängen in Paderborn ihren Sitz in Neheim im Möhneturm und zählt 18 Mitarbeiter im Alter von 18 bis 50 Jahre.
Der Chef ist in Neheim groß geworden, hatte das Franz-Stock-Gymnasium besucht und nach dem Abitur in Paderborn Wirtschaftsinformatik studiert.
Mit seiner Frau und den drei Kindern im Alter von 14, 16 und 19 Jahren lebt er in Neheim.
Transparente Büros
Das agile Arbeiten braucht nicht nur passende Menschen, sondern eine eigene Architektur. Mit seinem Betrieb ist Guido Sauerland gerade umgezogen und sitzt nun hoch im 8. Geschoss des Möhneturms mit wunderbarer Aussicht auf Arnsbergs Wirtschaftsstandort Neheim. Die Transparenz nach Außen setzt sich nach innen fort: Büros sind hinter verglasten Türen und Wänden - für Besprechungen gibt es einen Rückzugsraum, ebenso wie fürs Telefonieren. „Das ist unsere Telefonzelle“, sagt Guido Sauerland. Gut geeignet für vertrauliche Gespräche in Ruhe oder auch die, die gerne laut und sonst zuweilen störend geführt werden.
Im Mittelpunkt ein „Meeting Point“ als Treffpunkt aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Hier soll auch eine kleine Theke hin“, erzählt Guido Sauerland. Für ihre Konferenzen und Besprechungen ist hier auch Platz, um in besonderer Atmosphäre zusammenzukommen. Quadratische Boxen dienen als mobile Sitzflächen.
Feedback-Kultur
Zusammenkommen ist wichtig - und das zu mehreren Zwecken. Alle drei Wochen geht es weniger um die laufenden Projekte, sondern um all das, was dem Team auf der Seele liegt. Ein Feedback-Meeting bringt Themen auf den Tisch, die von jedem Mitarbeiter direkt oder auch anonym über ein eigens dafür genutztes digitales Tool eingebracht werden. „Die Moderation liegt nicht bei mir“, sagt Guido Sauerland, „das Team stimmt ab, was wichtig zum Besprechen ist“. Die „agile Retroperspektive“ kann so auch für den Chef zur Wundertüte werden. „Hier geht es um die Gestaltung des Miteinanders“, weiß er, „das ist ein sehr dynamischer Prozess“.
Sprints und Ziele
Fachlich ans Eingemachte geht es in den Wochenkonferenzen: Projektplanung und aktuelle Themen stehen auf der Tagesordnung. Immer geht es darum, was in dem abgelaufenen „Sprint“ geschafft wurde, was nicht und mit welcher Priorität Dinge im kommenden „Sprint“ abgearbeitet werden müssen. In der „Sprintplanung“ werden vom Team eigenständig Aufgaben verteilt und Projektgruppen zusammengestellt. „Wichtig ist, dass wir das auch wirklich schaffen können, was wir uns im Sprint vornehmen“, sagt Guido Sauerland. Gute Planung soll dafür sorgen, dass „Ruhe einkehrt“, das Stresslevel nicht unnötig steigt und auch möglichst keine Überstunden anfallen. „Das alles ist am Ende wichtig, um keine Mitarbeiter zu verlieren“, weiß Guido Sauerland.
„Das lernt man in der Uni nicht“
Der Chef kennt das Arbeiten in seiner Branche aus verschiedenen Perspektiven. Er war Angestellter und wollte da „mit eigenen Ideen mitgestalten“, er war freiberuflich Selbstständiger und merkte da, dass „es das Alleinearbeiten ohne Team auch nicht ist“. Als Chef von „nexoma“ konnte er es besser machen, las sich ein, guckte in „Bücher mit radikalen Ideen“ und lernte zunehmend seine Rolle als Kopf eines agilen Systems. „Im Studium bringt einem so etwas keiner bei“, weiß er. Seine Arbeits- und Organisationsmethoden ließ er auf den Prüfstand stellen. „Wir haben auch mal Projektmanagement-Experten von der Fachhochschule in Meschede gefragt, ob wir eigentlich alles richtig machen“.
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Persönliche Kiste
Dynamik und Agilität sind das Kern-Prinzip. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben daher auch keine festen eigenen Arbeitsplätze. Die Büros sind so ausgestattet, dass sich jeder über all mit seinem Laptop andocken kann. Individualität soll trotzdem nicht zu kurz kommen. „Jeder hat seine persönliche Kiste“, erklärt Guido Sauerland und zeigt eines dieser Exemplare. In der Kiste findet sich alles, was einem Mitarbeiter wichtig ist und womit er seine vorübergehende Arbeitsstation aufhübschen will. Die Kisten nutzt nicht jeder, anderen sind deren Inhalte ganz wichtig, um sich beim Job wohlzufühlen. So oder so: einen Schreibtisch für die Ewigkeit gibt es hier nicht. „Eine unserer Hauptideen ist ja, dass Mitarbeiter projektbezogen zusammensitzen und wechselnde Teams bilden“.
Besondere Kompetenzen nötig
Das ist Nichts für Jedermann: „Recruiting und das Finden von passendem Personal ist da durchaus ambitioniert“, sagt Guido Sauerland. Wer im agilen System zufrieden arbeiten möchte, braucht ein hohes Maß Eigenständigkeit, die Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen und den Antrieb sich neues Wissen anzueignen. „Es geht immer nur im Austausch mit den Kollegen. Inselwissen brauchen wir nicht“, sagt der Nexoma-Geschäftsführer klar und deutlich. Ebenso kritisch müsse man auf „Heißsporne“ schauen, die zwar fachlich gut, aber gegebenenfalls nicht kompatibel mit den teamorientierten agilen Methoden sind.
Das alles funktioniert nur, wenn alle mitspielen und die Chancen des Systems aktiv wahrnehmen. „Es bedarf eine gehörige Portion Mitarbeiter-Zufriedenheit, damit dieses Arbeiten am Ende auch Erfolg hat“, sagt Guido Sauerland. Wertschätzung und offenes Feedback untereinander seien daher auf allen Ebenen ganz wichtig. Nur so ist zu erreichen, dass sich Mitarbeiter mit dem Unternehmen identifizieren und Herausforderungen suchen und neue Levels anstreben, die sich nicht über in flachen Hierarchien ohnehin nicht vorhandenen Positionen und Dienstgraden definieren, sondern über Inhalte und Kompetenzen.
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Mitarbeiter-Zufriedenheit
Und wenn es doch mal dicke Luft gibt? Überstresste und unglückliche Kollegen würden leicht „Sand ins Getriebe streuen können“. Dem will Guido Sauerland entgegensteuern. „Ich will sehen, wie es meinen Mitarbeitern geht“, sagt er. Deshalb sei es wichtig, auch in Corona- und Homeofficezeiten immer wieder persönlich zusammenzukommen. Welche Rolle er für ein hohes Zufriedenheitslevel dabei spielt, ist Guido Sauerland völlig klar. „Bei Jobwechsel ist ein schlechter Chef das meist genannte Kriterium“, weiß er.