Hüsten. Fastenzeit ohne Besuche in der Moschee: Warum man sich in der Marokkanischen Gemeinde Arnsberg vor allem um die älteren Menschen Sorgen macht.
Den Christen hat Corona bereits ein Osterfest beschert, das in die Geschichte eingehen wird: ohne Gottesdienste vor Ort, ohne Familienfeiern. Jetzt prägt das Virus auch den Ramadan. Worauf die Muslime in dieser Fastenzeit verzichten müssen, erklärt Rochdi Koubaa, Vorsitzender der Marokkanischen Gemeinde Arnsberg.
Wie sehr ist der Ramadan von den Beschränkungen durch das Coronavirus geprägt?
Rochdi Koubaa Der Ramadan als eine der fünf Grundsäulen des Islam ist für uns sehr wichtig. Die Fastenzeit ist eine besinnliche Zeit, die normalerweise stark von Begegnungen geprägt ist, in den Familien, aber vor allem auch in der Gemeinde. Das ist in diesem Jahr ganz anders. Der Ramadan ist einsam geworden. Normalerweise hat man in dieser Zeit oft Gäste oder ist selbst eingeladen, man kommt in der Moschee zusammen. All das fehlt. Die Gemeinschaft leidet und das trifft uns alle stark.
53 Familien gehören dem Verein an
Rochdi Koubaa ist seit 2006 Vorsitzender des Marokkanischen Kulturvereins Arnsberg.
Seit 2016 hat der Verein seinen Standort in der Turnhalle der ehemaligen Pestalozzischule am Hüttengraben in Hüsten.
Aktuell gehören dem Verein 53 Familien an, die ersten kamen in den 60er-Jahren nach Arnsberg. Etwa ein Viertel der Mitglieder gehört zu dieser Generation.
Was ist aktuell in der Moschee möglich?
Wir haben die Moschee schon früh geschlossen, eine Woche vor der Entscheidung der Bundesregierung, alle Gotteshäuser zu schließen. Und wir haben jetzt bekannt gegeben, dass sie auch bis zum Ende des Ramadans nicht wieder öffnen wird. Das ist für viele schwer, denn die Moschee als Ort des Gebets und der Begegnung ist gerade in dieser Zeit sehr wichtig. Aber wir tragen eine Verantwortung für die Gesundheit der Menschen, die zu uns kommen. Aus unserer Sicht ist das Risiko gerade einfach zu groß, gerade bei den Menschenmengen, die im Ramadan zusammenkommen. Deshalb haben wir im Vorstand diese Entscheidung getroffen und bitten um Verständnis.
Rein rechtlich dürften Sie aber unter bestimmten Auflagen wieder eine kleinere Zahl an Gläubigen hineinlassen.
Das stimmt, aber das ist nicht praktikabel. Im Regelfall kommen während des Ramadans bis zu 200 Menschen zu den Nachtgebeten zusammen. Unsere Gebetsfläche ist ungefähr 150 Quadratmeter groß, maximal 200 – wir müssten aber zehn Quadratmeter pro Person einplanen. Wen sollten wir also an der Tür abweisen und wen hinein lassen? Außerdem bräuchten wir Ehrenamtliche, die dafür sorgen, dass alle Hygienevorschriften eingehalten werden.
Wie halten Sie trotzdem Kontakt?
Wir sind per Facebook und WhatsApp vernetzt, das gelingt mit den jüngeren Mitgliedern natürlich besser als mit den älteren.
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Was ist mit denen?
Mit ihnen telefonieren wir regelmäßig. Gerade die älteren Menschen, die allein leben, sind immer gerne zu den Iftaren, also zum gemeinsamen Fastenbrechen gekommen. Ihnen fehlt das besonders und viele fühlen sich einsam, das macht mir Sorgen. Das Schwierige an der aktuellen Situation ist: Gerade die Risikogruppe ist diejenige, die am meisten von der Gemeinschaft profitiert. Aber wir müssen die älteren Menschen schützen. Bisher gab es keinen Corona-Fall in der Gemeinde und das soll auch so bleiben, deshalb sind wir vorsichtig.
Das Fastenbrechen feiern die drei muslimischen Gemeinden in Arnsberg jedes Jahr einmal gemeinsam. Wie weit waren die Planungen?
Wir sind mitten in den Planungen von Corona überrascht worden. Die Feier sollte in diesem Jahr auf Einladung des Bürgermeisters im Rathaus stattfinden. Wir hoffen jetzt, dass das im nächsten Jahr klappt.