Neheim. Friedrich Merz findet beim „Heimspiel“ in Neheim klare Worte zur deutschen Rolle in Europa. Nicht aber zu seiner politischen Zukunft in der CDU.
Auch beim „Heimspiel“ im Neheimer Kaiserhaus lässt sich Friedrich Merz nicht zu klaren Aussagen zu seiner politischen Zukunft in der CDU hinreißen. Bei einer Vortrags- und Diskussionsveranstaltung der Deutschen Bank äußert sich der 64-Jährige einmal mehr ausweichend, aber dennoch bestimmt: „Die nächste Bundestagswahl spätestens in 2021 braucht ein Ergebnis, das nicht wieder eine große Koalition erzwingt“, sagt er, „ich werde alles tun, um mitzuhelfen, dass die CDU so aufgestellt ist, dass das gelingt“.
„Nicht nur kluge Vorträge“
Das, so Merz, könne aber an „verschiedenen Stellen“ sein. Von Kanzlerkandidatur spricht er auch in Neheim nicht. Fakt sei aber, dass er sich einmischen möchte in einer Zeit, der die Politik aus seiner Sicht dabei sei, sich zu neu zu ordnen und zu sortieren. „Ich will mir später nicht von meinen Kindern und Enkelkindern vorwerfen lassen, nur kluge Vorträge gehalten zu haben“.
Zweiter Anlauf
Das aber ist an diesem Tag im Kaiserhaus eigentlich genau seine Aufgabe. Schon vor einem Jahr hatte die Deutsche Bank in Arnsberg und Sundern Friedrich Merz gebucht. Damals kam aber die plötzliche, später erfolglose, Kandidatur für das Amt des Vorsitzenden der CDU dazwischen. Einen Tag vor dem Termin in Neheim hatte sich Merz erklärt. Kurzfristig wurde der Vortrag abgesagt. Jetzt wie damals ist das Thema des Vortrags die Beziehung Deutschlands und Europas zu den USA. Friedrich Merz ist als langjähriger Kopf der „Atlantik Brücke“ ein ausgesprochener Kenner der politischen Lage in den Vereinigten Staaten.
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Mit Donald Trump als US-Präsident, so glaubt Merz, müsse der Rest der Welt vorerst leben. „Wir sollten uns auf eine nächste Amtszeit von ihm einrichten“, sagt der Arnsberger Politiker, „er ist nicht über Nacht gekommen und wir auch nicht über Tag gehen“. Deutschland und Europa müssten dem US-Präsidenten aber geschlossener und selbstbewusster begegnen.
Geopolitische Veränderungen
Merz spricht von den „größten geopolitischen Veränderungen seit 1989“. Die Trump-Wahl in den USA ist für Friedrich Merz nicht die einzige Herausforderung. Brexit, die russische militärische Eroberung der ukrainischen Krim und vor allem das wirtschaftlich und geopolitische Aufkommen Chinas verlangen nach neuen Lösungen. „China hat eine klare Europa- und eine Afrika-Strategie“, sagt Merz, „Europa hat weder eine Strategie für Afrika noch für China“. Auch für das Auftreten gegenüber China brauche es ein starkes Europa. Institutionen wie die G7 verlören wie andere Institutionen auch zunehmend an Macht und Relevanz. Die Frage sei allein, ob es künftig ein G2-System mit den USA und China oder ein G3-System mit Europa gebe. „Europa muss den Anspruch haben, als dritter Spieler mit am Tisch zu sitzen“.
Starkes Auftreten gegenüber China
Das gehe, so Merz, mit „einem starken Auftreten“ gegenüber China, das auch Eindruck machen würde. „Ob das gelingt, hängt aber von Deutschland ab“, so Merz. Und da ist er wieder in der deutschen Politik angekommen. Von der Einwohnerzahl, Wirtschaftskraft und der Lage sei in Europa mit Deutschland viel zu erreichen, „Diese Verantwortung haben wir“, betont Friedrich Merz. Es sei deutsches Eigeninteresse, dass Europa diese Rolle spielen kann. Dafür dürfe es keine deutschen Alleingänge, sondern müsse ein gemeinsames Vorgehen bei Einwanderungs-, Außen-, Wirtschafts- und Klimapolitik geben. Probleme in Europa entstünden meist in den Mitgliedsstaaten - und die seien letztendlich die Träger der Europäischen Union. „Unsere Entscheidungen in Deutschland müssen immer darauf abgestimmt sein, ob sie Europa stark machen“, sagt Merz. Der Politiker verweist auf die deutsche Ratspräsidentschaft in der Europäischen Union im zweiten Halbjahr 2020 mit einer gleichzeitigen deutschen EU-Kommissionpräsidentin Ursula von der Leyen. „In diesem halben Jahr müssen wir die Weichen stellen“, sagt Friedrich Merz.
Deutschland ist entscheidend für starkes Europa
Vor den eingeladenen Kunden der Deutschen Bank präsentiert sich Friedrich Merz wieder als rhetorisch gewiefter freier Redner. Vom Publikum erhält er viel Zustimmung. Seine Botschaft zusammengefasst: Ein starkes Europa braucht ein starkes und Verantwortung tragendes Deutschland, um sich global an der Seite der USA gegen China zu behaupten. Innenpolitik in Deutschland ist an diesem Abend nicht sein Thema. Als aus den Zuhörern am Ende einmal das Wort „Kanzler“ fällt, drängt Friedrich Merz elegant aufs „Bierchen zum Essen“.
Vom Globalen geht es auf der Bühne dann aber vorher noch schnell ans ganz lokale Wirken: Die Deutsche Bank Stiftung überreicht durch den Filialdirektor Ilja Keller (Arnsberg) 4500 Euro an die Hospizstiftung Arnsberg. Das Geldinstitut engagiert sich seit Jahren tatkräftig in sozialen Projekten der Stadt.